Medien: "Kern als Totengräber seiner politischen Familie"

So sehen Le Monde & Co den Wahlkampf in Österreich.

Zwei renommierte europäischen Tageszeitungen – Le Monde und The Guardian – beleuchten in ihren Donnerstag-Ausgaben das Dirty Campaigning der SPÖ in der Schlussphase des Wahlkampfes. Das liberale britische Blatt beschreibt chronologisch "den Skandal" über die Facebook-Seiten ("Die Wahrheit über Sebastian Kurz"; "Wir für Sebastian Kurz") und weist darauf hin, dass Bundeskanzler Christian Kern nichts darüber gewusst haben soll. Guardian geht auf die Arbeitsweise von Tal Silberstein ein, der Kern und das SPÖ-Wahlkampfteam bis zu seiner Verhaftung am 14. August beraten hat.

Silberstein habe bereits in einer US-Doku die Methodik seiner Arbeit skizziert. In "Our Brand Is Crisis" ("Unsere Marke ist Krise"), erläutert Silberstein anhand der bolivianischen Präsidentschaftswahlen 2002 die Art, wie der Gegner schlecht gemacht werde. "Wir müssen Negativkampagnen gegen ihn starten. Wir müssen ihn von einem sauberen in einen schmutzigen Kandidaten verwandeln. Das ist unsere Aufgabe."

Medien: "Kern als Totengräber seiner politischen Familie"
Le Monde

Kritisch nimmt die linksliberale französische Tageszeitung Le Monde den Kanzler ins Visier: Er (Kern) hätte gerne die schwarze Serie zusammenbrechender sozialdemokratischer Parteien in Europa beendet. "Aber Christian Kern, der in den Umfragen Schwierigkeiten hat, ist im Begriff, zum Totengräber seiner politischen Familie, der SPÖ, zu werden, einer Partei, die gegen die Nazis gekämpft und den Kontinent geprägt hat." Statt Hände zu schütteln, sei Kern jetzt gezwungen, Fragen von Journalisten über eine Affäre zu beantworten, die seine Ambitionen torpedieren könnten.

Auch Le Monde reagiert auf Tal Silberstein, der Kern vom ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, "einem ,Schröder Österreichs’ empfohlen worden war". Das seriöse Pariser Blatt rechnet damit, dass "Kern seine Niederlage schon vorweg nimmt". Er habe ja versprochen, die Sozialdemokraten in die Opposition zu führen, sollten sie am 15. Oktober nur den zweiten Platz erreichen. "Aber es scheint, dass er eher Dritter werden wird. Dann könnte ihn Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil ablösen. Dieser plädiert ja seit Monaten dafür, dass die Linke ein Tabu brechen und eine Koalition mit der extremen Rechten, der FPÖ, bilden sollte."

Medien: "Kern als Totengräber seiner politischen Familie"
The guardian

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