Geheimtreffen zwischen Kurz und Strache

Strache und Kurz
Es könnte der Auftakt für die Koalitionsgespräche zwischen ÖVP und FPÖ sein, offiziell können diese morgen starten. Die Spekulationen verfolgten Kurz bis nach Brüssel, wo er Juncker und Tusk traf.

Die Koalitionsgespräche haben schon vor der heutigen Bekanntgabe des endgültigen Endergebnisses der Nationalratswahl vom 15. Oktober begonnen: ÖVP-Chef und Außenminister Sebastian Kurz hat gestern Abend FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in dessen Wohnung in Klosterneuburg besucht. Das Treffen hat rund drei Stunden gedauert, Inhalte wurden vorerst nicht bekannt gegeben.

Offiziell können die Koalitionsgespräche morgen beginnen: Bundespräsident Alexander Van der Bellen wird ÖVP-Chef Sebastian Kurz um 11 Uhr in der Präsidentschaftskanzlei den Auftrag zur Regierungsbildung erteilen.

Das Privat-Gespräch zwischen Kurz und Strache fand nur wenige Stunden nach der neuerlichen Forderung der FPÖ nach dem Innenministerium statt. Offensichtlich will Kurz vor weiteren öffentlichen Äußerungen schon ein paar Punkte einer möglichen Regierungszusammenarbeit festlegen.

Etwa zeitgleich sagte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky gestern in der "Zeit im Bild 2": „Es gibt definitiv keine Geheimverhandlungen. Und ich verwahre mich auch dagegen, dass uns jemand einladen möchte jetzt quasi im Hinterzimmer mit anderen zu verhandeln. Wir machen das auf eine ordentliche, auf eine ehrliche und transparente Art und Weise, sodass die Bevölkerung auch im Klaren ist, was wir wollen.“

Vilimsky: ÖVP muss sondieren

Es gäbe auch gar keine Geheimverhandlungen. "Es gibt ja nicht einmal den Regierungsbildungsauftrag. Wenn es den gibt, wird man sehen. Aber wir sind vor dem Punkt Null. Es ist nicht irgendetwas auf Schiene. Es liegt an der ÖVP zu sondieren", sagte Vilimsky auf Anfrage der APA am Donnerstag. Auf allfällige Bedingungen der FPÖ für eine Regierungsbeteiligung angesprochen bestätigte Vilimsky lediglich das Innenressort. "Fordern tun wir das Außenressort, Bedingung ist das Innenressort". Wenn es das Außenamt nicht wird, was dann? - Vilimsky: "Wir fordern nicht etwas, um es gleich wieder fallen zu lassen". Allerdings sei derzeit alles viel zu früh.

Befragt, ob die ÖVP von der FPÖ ein Bekenntnis zur EU als Koalitionsbedingung verlangen, antwortete Vilimsky, dass "die Freiheitlichen die erste Europapartei" in Österreich gewesen seien. Außerdem habe die FPÖ "nie den Öxit (Ausstieg Österreichs aus der EU, Anm.) gefordert", betonte er. Dass der frühere freiheitliche Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer das in den Raum gestellt habe, sollte die Türkei der EU beitreten, sei richtig. Aber es wäre eine andere Situation, wenn die Türkei beitreten sollte. Jedenfalls seien angebliche Forderungen an die FPÖ "Wortspenden wie die von Othmar Karas". Dies bedeute aber nicht, dass es schon ein Prozedere gebe und irgendjemand Forderungen erhebt, so Vilimsky.

Kurz bei Juncker: Entscheidung über Regierung treffen wir selber

ÖVP-Chef Außenminister Sebastian Kurz sieht sich als "Proeuropäer". Nach einem Treffen am Donnerstag in Brüssel mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte Kurz, "ich bin jemand, der nicht nur Europa positiv sieht, sondern auch aktiv in der EU mitgestaltet". Juncker habe ihm für die Regierungsbildung alles Gute gewünscht. Gleichzeitig unterstrich Kurz, dass "wir die Entscheidung, wie wir die Regierung bilden, schon in Österreich treffen". Auf die Frage, ob Juncker Bedenken gegen eine allfällige Regierungsbeteiligung der FPÖ geäußert habe, wollte sich Kurz nicht einlassen. "Es war ein Vier-Augen-Gespräch und ich bin nicht derjenige, der medial darüber Auskunft geben sollte". Aber Juncker "hat mir gesagt, dass ich ein Proeuropäer bin, das brauche ich ihm nicht versichern, das weiß er ohnehin. Ich habe ihn über die unterschiedlichen Koalitionsvarianten, die es in Österreich gibt, informiert". Jedenfalls "bin ich froh, dass wir in einem guten Kontakt sind und ich werde sicherlich noch in Zukunft sehr viel mit ihm zu tun haben", sagte Kurz. Er werde auch mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und beim EVP-Treffen u.a. mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel zusammentreffen. Dabei werde es um viele Themen gehen.

Sebastian Kurz flog heute Früh zu einem Treffen der Volkspartei nach Brüssel. Dort wurde der österreichische Wahlsieger von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit den Worten: "Sebastian, komm in meine Arme" begrüßt - und geküsst:

Bei seinem Besuch hat ÖVP-Chef Kurz der EU-Spitze versichert, in Hinblick auf die Regierungsbildung einen pro-europäischen Kurs zu verfolgen. „Ich bin jemand, der nicht nur Europa positiv sieht, sondern auch aktiv in der EU mitgestaltet“, sagte der Wahlsieger. Einen Beitritt zur Visegrad-Gruppe schloss Kurz aus.

Juncker habe ihm für die Regierungsbildung alles Gute gewünscht. Gleichzeitig unterstrich Kurz, dass "wir die Entscheidung, wie wir die Regierung bilden, schon in Österreich treffen". Auf die Frage, ob Juncker Bedenken gegen eine allfällige Regierungsbeteiligung der FPÖ geäußert habe, wollte sich Kurz nicht einlassen. "Es war ein Vier-Augen-Gespräch und ich bin nicht derjenige, der medial darüber Auskunft geben sollte." Aber Juncker "hat mir gesagt, dass ich ein Proeuropäer bin, das brauche ich ihm nicht versichern, das weiß er ohnehin. Ich habe ihn über die unterschiedlichen Koalitionsvarianten, die es in Österreich gibt, informiert". Auf Nachfragen von Journalisten sagte Kurz in Brüssel nach dem Termin, "wir haben natürlich über die FPÖ gesprochen. Wir haben über alle Parteien in Österreich gesprochen". Dabei betonte Kurz, er führe keine Koalitionsverhandlungen, solange er keinen Regierungsbildungsauftrag habe. Und wenn er diesen habe, führe er die Verhandlungen nicht über die Medien. Die Frage, ob es mahnende Worte von Juncker an ihn gegeben habe, beantwortete Kurz mit einem "Nein". EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte sich nach einem Treffen mit Kurz positiv zu ihm. „Gutes Treffen mit Sebastian Kurz heute, einem echten pro-europäischen Gewinner der österreichischen Wahlen“, erklärte der konservative polnische Politiker auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte nach dem Treffen Junckers mit Kurz, dass „Themen von gemeinsamem Interesse“ erörtert worden seien. Keine Aussagen gab es von Seiten der EU-Kommission über die Lage der Innenpolitik in Österreich nach dem Urnengang. Zeitgleich, aber mit wesentlich weniger Medienrummel, war Noch-Kanzler Christian Kern (SPÖ) in Brüssel: Sein vermutlich vorerst letzten Treffen der Staats- und Regierungschef in Europa gehe er „konzentriert“, sagte Kern. Es stünden einige „wichtige Punkte“ auf der Tagesordnung, etwa die Türkei-Frage und der Brexit: „Das muss man sehr ernst nehmen.“ In der Debatte um die künftige Regierungskonstellation sieht Kern Österreich weiter als zuverlässigen Partner in Europa. „Österreich wird Kontinuität haben, was die Zuverlässigkeit als europäische Partner betrifft - das ist allen klar hier." Aber „man muss jetzt in Ruhe die Regierungsbildung“ abwarten.

Keine Annäherung an Visegrad-Staaten

Die Regierungskonstellation in Österreich war auch beim EVP-Gipfel Thema: Für den Chef der Europäischen Volkspartei (EVP) im EU-Parlament, Manfred Weber, im EU-Parlament, Manfred Weber, müssten in Hinblick darauf auf jeden Fall „irgendwelche Spinnereien Radikaler“ vom Tisch. Eine Diskussion über den Austritt Österreichs aus der EU („Öxit“) oder der Eurozone hätte da keinen Platz, sagte der CSU-Politiker im Vorfeld des EVP-Treffens am Donnerstag in Brüssel. Außenminister Kurz selbst wies Spekulationen über eine Annäherung Österreichs an die Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und Slowakei unter seiner Kanzlerschaft zurück. „Nein, das behauptet die Sozialdemokratie“, meinte er. „Wir sehen uns als Brückenkopf in der Europäischen Union“, versicherte Kurz. „Ich möchte eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland und Frankreich und anderen Staaten. Und ich möchte gleichzeitig einen guten Kontakt zum Osten Europas. Ziel ist es, dass die Spannungen in der Europäischen Union weniger, nicht mehr werden.“ Die ungarische Regierung sagte erst am Donnerstag, dass sie eine „sehr enge Kooperation“ mit Kurz erwarte, weil dessen politische Ansichten jenen von Ministerpräsident Viktor Orban ähnelten. Für einen Beitritt Österreichs zur Visegrad-Gruppe hat sich im Wahlkampf FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (FPÖ) ausgesprochen.

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