"Vorwürfe sind Propaganda der ÖVP"

Norbert Darabos.
Norbert Darabos. Der Ex-Verteidigungsminister über die Kritik, er hätte schlecht verhandelt.

Norbert Darabos steht im Kreuzfeuer der Kritik. Die ÖVP versucht vom Ankauf in der schwarz-blauen Ära abzulenken und fokussiert sich auf den Eurofighter-Vergleichsvertrag, der von Darabos verhandelt wurde. Im KURIER-Interview nimmt der burgenländische Landesrat Stellung.

KURIER: Herr Darabos, Sie haben die Vergleichsverhandlungen mit EADS geführt. Wurden Sie damals von EADS informiert, dass die Ersatzteile für die Abfangjäger bald nicht mehr lieferbar sein werden?

Darabos: Nein. Das wusste ich nicht. Aber ich bezweifle, ob die Tranche 2 in der Instandhaltung billiger gewesen wäre. Die Reduktion des Kaufpreises um 370 Millionen Euro war das Maximum, das ich damals herausholen konnte. Ich war immer gegen den Kauf der Eurofighter und wäre am liebsten ausgestiegen. Das war nicht möglich. Ich stützte mich auf das Gutachten von Helmut Koziol. Er meinte, dass ein Ausstieg der Republik sehr teuer käme, weil der Prozess nicht zu gewinnen ist. Diese ganzen Vorwürfe sind Propaganda der ÖVP, die versucht davon abzulenken, dass sie für den Ankauf verantwortlich ist. Ich habe nur versucht, das Beste für die Republik zu erreichen.

Peter Pilz wirft Ihnen vor, dass Sie EADS versprochen haben, den Eurofighter-U-Ausschuss abzudrehen. Stimmt das?

Der Herr Pilz ist der Herr Pilz. Wir kennen seine Methoden. In der Vertragspunktation steht nur, es werde "davon ausgegangen", dass der U-Ausschuss Ende Juni 2007 die Arbeit beendet.

Die Task-Force wurde von Ihnen 2012 eingesetzt. Warum dauerte es solange bis Ergebnisse geliefert wurden?

Ich bin sehr stolz auf die Einsetzung dieser Task Force. Drei Monate, nachdem ich sie eingesetzt habe, bin ich als Verteidigungsminister zurückgetreten. Ich habe von Anfang an die Devise ausgegeben: "Volle Post voraus." Mir kann man keinen Vorwurf machen.

Wurde bei Ihnen vonseiten EADS lobbyiert?

Es gab immer Versuche, die SPÖ umzustimmen. Bei einem Champions League Match Bayern München gegen Rapid im Jahr 2005 saß plötzlich EADS-Manager Johann Heitzmann bei mir am Tisch. Er wollte mir zu verstehen geben, dass die SPÖ am Holzweg ist, wenn wir gegen die Eurofighter sind. Ich stand damals vom Tisch auf und gab ihm wiederum zu verstehen, dass wir nie miteinander gesprochen haben.

Viele Ungereimtheiten hat der erste Eurofighter-U-Ausschuss von 2006/2007 hervor gebracht. Ein Beweis für Korruption war allerdings nicht gelungen und somit auch kein echter Vertragsausstiegsgrund dabei.

Darauf hat der seinerzeitige SPÖ-Verteidigungsminister Nobert Darabos die Argumentation für seinen Vergleich mit dem Eurofighter-Hersteller EADS gestützt.

Darabos hat sich damals den Zorn der Parlamentarier zugezogen. Und zwar nicht nur weil er parallel zum U-Ausschuss mit EADS verhandelte und das Parlament den Vergleich ebensowenig wie die Manager aus Deutschland je zu Gesicht bekommen hat. Sondern auch wegen Darabos’ Berechnungsmethoden zu den vermeintlichen Einsparungen, die z.B. vom Rechnungshof zerpflückt wurden.

Ersparnis, wo bitte?

Darabos sprach 2008 von 120 Millionen an Einsparungen bei den Betriebskosten – "da fährt die Eisenbahn drüber." Der Rechnungshof hat nur 17 Millionen als gesichert bezeichnet. Heute weiß man, dass von Einsparungen keine Rede sein kann. Vielmehr explodierten die Betriebskosten auf mittlerweile 80 Millionen im Jahr, weil nicht lieferbare Ersatzteile teils per Hand nachgebaut werden müssen.

Ursprünglich hätten sechs Eurofighter der alten Tranche 1 und zwölf modernere Jets der Tranche 2 geliefert werden sollen. Darabos reduzierte im Vergleich 2007 auf neun Jets der alten Tranche 1 und orderte zusätzlich sechs gebrauchte Flieger der deutschen Bundeswehr. "Dadurch wurde die Lieferunfähigkeit der Eurofighter GmbH kaschiert", kritisierten Beobachter.Teil der neuen Anzeige von Heeresminister Hans Peter Doskozil ist nicht nur der Betrugsvorwurf beim Kaufpreis, sondern eben auch der Vorwurf der Lieferunfähigkeit des Konzerns. Untersuchenswert ist, wie weit hier der Vergleich aus 2007 der Strafanzeige widerspricht oder ob Darabos damals gar Rechtsfrieden zusicherte.

Briefkästen, wozu?

Interessant für einen neuen U-Ausschuss ist zweifellos auch das globale Netzwerk an Briefkastenfirmen (Vector), über das rund 90 Millionen an Schmiergeldern geflossen sein sollen. Im ersten U-Ausschuss gab es dazu wenig Material. Heute ist man durch Ermittlungen in München und Wien bzw. Aussagen des früheren Vector-Chefs Gianfranco Lande, der in Italien wegen Anlagebetrug zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, wesentlich weiter.

"Ich bin überzeugt, dass beim Abfangjäger-Kauf nicht alles sauber gelaufen ist." Diese Aussage aus dem November 2012 stammt von einem relativ prominenten Mitglied des ersten Eurofighter-U-Ausschusses 2006/’07. Es war der damalige Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Auch der grüne Aufdecker Peter Pilz hat noch positive Erinnerungen an Mitterlehner im U-Ausschuss. "Es war eine Freude zu sehen, wie er damals versuchte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu zerlegen."

Fünf Jahre später klingt der ÖVP-Vizekanzler, als hätte er eine 180-Grad-Wendung vollzogen. "Für mich ist die Frage, was ist an neuen und beweisbaren Fakten da", zweifelt der Vizekanzler an der Sinnhaftigkeit eines neuen U-Ausschusses. Und Mitterlehner kritisiert weiter: "Es kann nicht sein, dass Peter Pilz den Eurofighter Vergleichsvertrag, den Norbert Darabos ausverhandelte (siehe Artikel rechts), vom Verteidigungsminister bekommt und die ÖVP nicht." Sowohl Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil als auch Pilz weisen diesen Vorwurf zurück. Ein Detail am Rande zeigt, dass es hier um parteipolitische Polemik gehen könnte: Die Eurofighter-Taskforce im schwarzen Wirtschaftsministerium könnte jederzeit über die Finanzprokuratur Akteneinsicht bei der Staatsanwaltshaft bekommen, wenn sie nur wollte. Hier liegt auch das Objekt der Begierde – nämlich der Eurofighter-Vergleichsvertrag von Darabos auf.

SPÖ-Erfolg kleinreden

"Die Regierungsparteien sollen endlich die Sandkiste verlassen und das Schauferl einstecken. In dieser Causa müssen sie geschlossen gegen einen Weltkonzern wie Airbus auftreten, sonst werden wir scheitern", mahnt Pilz.

Tatsache ist aber: Die treibende Kraft Pilz, der für die Einsetzung des U-Ausschusses nun auch um die Stimmen der FPÖ zittern muss, wird immer mehr isoliert. Doch was steckt hinter dem Sinneswandel von Mitterlehner? Warum stößt der ÖVP der Plan eines U-Ausschusses so sauer auf? Die Taktik scheint sonnenklar. Der rote Verteidigungsminister hat mit der eingebrachten Klage bei der Staatsanwaltschaft gegen Airbus medial ein politisches Golden Goal geschossen. Diesen Erfolg will die ÖVP nun kleinreden.

Druck auf Mitterlehner

Dazu kommt: Ein U-Ausschuss, der möglicherweise Schmiergeldzahlung an ÖVP-nahe Entscheidungsträger aufdeckt, wäre für die kommende Nationalratswahl ein Desaster. "Mitterlehner bekommt im Moment sicher ziemlichen Druck von Wolfgang Schüssel und Martin Bartenstein", ist sich ein SPÖ-Spitzenpolitiker sicher.

Deswegen rückte wohl auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka, Stratege aus den schwarz-blauen Regierungsjahren, gestern gegen den U-Ausschuss aus und versuchte der SPÖ das Bummerl zuzuschieben. So zweifelt Lopatka "im Moment daran", ob ein U-Ausschuss "einen Fortschritt bringt, wenn die Gerichte erst seit wenigen Tagen die Anzeige haben". Erst danach könnte sich die Frage stellen, ob es einen "Darabos-U-Ausschuss" geben solle. Das sei "kein Nein zu einem U-Ausschuss", aber heute könne er die Frage auch nicht mit Ja beantworten. Er sehe derzeit "nur Behauptungen von Peter Pilz und kein einziges neues Faktum".

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