Vizekanzler: "Kein Seitensprung vor Scheidungstermin"

Vizekanzler Wolfgang Brandstetter zieht mit Kern trotz Krach stolze Bilanz.
Wolfgang Brandstetter, bis zur Neuwahl parteiloser Vizekanzler, ist unverdrossen koalitionstreu.

Eine "sehr positive Zwischenbilanz" zu Ferienbeginn zieht auch der heimliche Polit-Aufsteiger des Jahres, Wolfgang Brandstetter: "Es ist uns einiges gelungen, von dem ich vor sechs Wochen noch nicht geglaubt habe, dass wir es schaffen." Der Justizminister auf einem ÖVP-Ticket aber ohne Parteibuch hat Mitte Mai auf Wunsch des neuen ÖVP-Chefs Sebastian Kurz zusätzlich den Job des Vizekanzlers und Regierungskoordinators übernommen.

Ganz oben in der Leistungsbilanz stehen für Brandstetter die Bildungsreform, das Aus für den Pflegeregress, die verpflichtende Frauenquote in Aufsichtsräten großer Unternehmen und die neuen medizinischen Primärversorgungszentren, die vor allem auf dem Land die Hausarzt-Misere beheben sollen.

Als "doppelt ärgerlich" empfindet der Konsenspolitiker den Alleingang der SPÖ in Sachen Uni-Budget. Zum einen wegen des offenen Koalitionsbruchs, weil Rot mit Blau, Grün und Neos die Schwarzen ausbremste. Zum anderen weil der Schnellschuss auch noch verfassungswidrig sein könnte. Denn in dem von den Grünen eingebrachten Antrag wird die nächste Bundesregierung verpflichtet, bis Ende Jänner 2018 dem Nationalrat "eine Regierungsvorlage zur Neuregelung der Finanzierung der Universitäten zuzuleiten". Der Grazer Rechtsprofessors Klaus Poier hält das in einem Gutachten für rechtlich höchst problematisch und vor dem Verfassungsgericht für einklagbar.

"Linie der Vernunft"

Politisch werde die ÖVP aber nicht mit gleichen Mitteln zurückschlagen und die SPÖ weiterhin nicht gemeinsam mit der Opposition überstimmen. Launige Begründung des Vizekanzlers: "Ein Seitensprung bei feststehendem Scheidungstermin ist nicht die große Katastrophe. Aber die ÖVP bleibt weiterhin mit der Vernunft und Sachlichkeit verheiratet."Die ÖVP-Abgesandten in Regierung und Parlamentsfraktion werden, so Brandstetter, auch künftig entlang der neuen strategischen Vorgabe von Parteichef Kurz agieren: "Unsere Linie ist die der Vernunft."

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