„Vermögenssteuern halte ich für grundlegend falsch“

Euro-Kritiker Sarrazin befeuerte in Wien den FPÖ-Wahlkampf
Rundumschlag: Aufreger-Autor Thilo Sarrazin über SPÖ-Steuerpläne, seinen Notgroschen, die Euro-Krise und Sozialhilfe für Zuwanderer.

Er gilt als einer der schärfsten Zuwanderer-Kritiker in Deutschland und lässt auch am Euro kaum ein gutes Haar: Thilo Sarrazin. Auf Einladung von FPÖ-Volksanwalt Peter Fichtenbauer sprach er in Wien über sein Buch „Europa braucht den Euro nicht“. Mit dem KURIER spricht Sarrazin über ...

... Wahlkampfhilfe für die FPÖ Zur Politik in Österreich will ich mich nicht äußern. Aber das ist keine Wahlkampf-Hilfe für die FPÖ. Ich spreche auch in Deutschland bei Veranstaltungen unterschiedlicher Parteien.

... HC Strache Ich habe ihn erstmals 2011 getroffen. In Summe sind wir uns drei Mal begegnet.

... Sozialhilfe für Zuwanderer Wir setzen in den europäischen Sozialsystemen die falschen Anreize. In Deutschland gibt es Umfragen, dass 40 Prozent aller türkischstämmigen Bürger in Deutschland das Land sofort verlassen würden, wenn es keine Sozialhilfe mehr geben würde. Für die Zukunft sollten wir uns am kanadischen Modell orientieren: Bei künftigen Einwanderern sollten wir zwischen drei und fünf Jahren warten, ehe sie Sozialleistungen beanspruchen können.

... Vermögenssteuern Das halte ich für grundlegend falsch. Große Vermögen sind entweder Immobilien- oder Unternehmensvermögen. Eine Besteuerung von Unternehmen verhindert, dass sie Kapital bilden, um zu investieren. Und nimmt man Unternehmen und privat genutzte Immobilien aus, bleibt nichts übrig. Wenn man die Vermögensverteilung ändern will, soll man das über die Einkommenssteuer-Tarife machen.

... die nächste FinanzkriseDie großen Notenbanken in den westlichen Industriestaaten fluten die Märkte aktuell mit Geld. Das ist der Keim für die nächste Finanzkrise. Schon vor der letzten Finanzkrise gab es Warnungen, dass eine derartige Überfinanzierung des US-Immobilienmarktes zu Problemen führen kann.

... seinen Notgroschen Den berühmten Notgroschen für eine kaputte Heizung oder den Motorschaden sollte man weiter auf einem Sparbuch haben. Beträge darüber sollte man aber so investieren, dass sie inflationsfest veranlagt sind. Das bedeutet vernünftige Sachanlagen wie Immobilien, Unternehmensaktien oder Gold. Eine Inflation kommt und vernichtet Erspartes, aber Häuser und Fabriken stehen dann immer noch.

... Griechenland-Hilfe An aufrechte Verträge müssen wir uns halten. Für die Zukunft darf es aber keine neuen Bürgschaften und Haftungen geben. Ohne Finanzhilfen müssen sich die Krisenländer aus eigener Kraft reformieren. Und dann wird sich auch das eine oder andere Land entscheiden, den Euro zu verlassen.

... Euro-Austritt Eine Bürgschaftsurkunde, die man unterschreibt, kann man nicht mehr zurücknehmen. Aber für mich ist die Finanzierung von Krisenländern durch die Europäische Zentralbank ein klarer Vertragsbruch. Setzt sich diese Auffassung durch, wäre ein Austritt Deutschlands oder Österreichs aus der Eurozone berechtigt.

... hilflose Nationalstaaten Internationale Großbanken kann ein Nationalstaat nicht allein kontrollieren. Daher müssen sie auf internationaler Ebene reguliert werden. Weiters sollten Staatsanleihen mit Risikokapital hinterlegt werden und die Eigenkapitalvorschriften müssen erhöht werden. Damit wäre der Spekulation ein Riegel vorgeschoben.

... seinen Ruf Hätte man Karl Marx drei Jahre nach der Veröffentlichung von „Das Kapitel“ gefragt, was sich geändert hat, wäre die Antwort gewesen: Nichts. Oft dauert es extrem lang, bis sich die öffentliche Meinung ändert.

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