Leichtfried zu Pkw-Maut: "Zerfall Europas"

Verkehrsminister Jörg Leichtfried.
Von Österreich wird die Einigung des EuGH mit Deutschland über die umstrittene Pkw-Maut scharf kritisiert. Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hält eine Klage vor dem EuGH für nicht ausgeschlossen.

Der heimische Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) hat die Einigung zwischen der EU-Kommission und Deutschland auf die umstrittene deutsche Pkw-Maut am Freitag in Zeitungsinterviews erneut scharf kritisiert und angekündigt, dagegen vorzugehen. Für den Minister ist der Fall ein "Symbol für den Zerfall Europas", wie er im Standard-Interview sagte.

"Wir leben in einer Zeit, in der der europäische Geist massiv gefährdet ist"

"Wenn wir beginnen, mit Billigung der Kommission zu diskriminieren, dann kann das der Anfang vom Ende der Union sein", so der ehemalige EU-Abgeordnete. Ähnliche Worte fand Leichtfried in der Presse: "Wir leben in einer Zeit, in der der europäische Geist massiv gefährdet ist. Die gegenseitige Solidarität schwindet, und nationale Egoismen werden immer stärker. Wenn die Europäische Kommission, die eigentlich für die Wahrung der Einigkeit zuständig ist, von diesem Prinzip abgeht - nämlich, dass die Stärke des Rechts gilt, und nicht das Recht des Stärkeren -, dann mache ich mir wirklich Sorgen."

Die EU-Kommission hatte nach jahrelangem Streit unter der Bedingung mehrerer Nachbesserungen Anfang Dezember grünes Licht für die deutsche Pkw-Maut gegeben. Demnach sollen inländische Autobesitzer weiterhin voll für Mautzahlungen entlastet werden. Sehr schadstoffarme Autos sollen aber mehr Steuerentlastung bekommen, als sie Maut zahlen - insgesamt geht es um jährlich 100 Millionen Euro mehr als bisher vorgesehen. Außerdem sollen die Preise der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland neu gestaltet werden.

Einigung von Österreich massiv kritisiert

Von Bundeskanzler Christian Kern abwärts wurde die Einigung massiv kritisiert und als Diskriminierung ausländischer Autofahrer - und damit auch Österreicher - angesehen. Den nun erzielten Kompromiss bezeichnete Leichtfried als "Kuhhandel", und "Nachgeben vor dem stärksten Mitgliedsstaat". "Wenn man die Tür zur Diskriminierung einmal aufmacht, bekommt man sie schwer wieder zu", so der Minister zur Presse.

Sobald der Gesetzestext in Deutschland vorliegt, will Leichtfried eine rechtliche Beurteilung vornehmen, auf deren Grundlage weitere Schritte gesetzt werden sollen. Dazu soll auch mit anderen Ländern eine Allianz geschmiedet und gemeinsam vorgegangen werden. Eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) schließt der Minister nicht aus.

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