Verhandlungs-Finale dreht sich nur noch um Ministerliste

ABD0057_20171214 - WIEN - ÖSTERREICH: ÖVP-Obmann Sebastian Kurz (R) berichtet am Donnerstag 14. Dezember 2017 in Wien, Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Hund Kita über den Stand der Regierungsverhandlungen mit der FPÖ. - FOTO: APA/HANS PUNZ
Schon am Samstag wollen Kurz und Strache mit Team und Inhalten vor die Kameras treten. Sobotka soll Finanz-, Moser Reform- oder Justizminister werden.

Das große Finale der Regierungsverhandlungen ist eingeläutet, hinter verschlossenen Türen werden die letzten offenen Sachfragen (z. B. direkte Demokratie), eine Umschichtung von Ressortkompetenzen und die endgültige Ministerliste ausgeschnapst.

Trotz der arbeitsintensiven Schlussoffensive im türkis-blauen Koalitionspoker gehörte der größte Überraschungsmoment am Donnerstag aber einem Vierbeiner: Als ÖVP-Chef Sebastian Kurz nach einem Gespräch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen über den Stand der türkis-blauen Verhandlungen vor die Kameras trat, schoss ihm die Hündin des Staatsoberhauptes hinterher. "Kita" bekam ihre Streicheleinheiten vom künftigen Kanzler, danach erklärte sich Kurz den anwesenden Journalisten – ohne aber auf Details und kursierende Spekulationen einzugehen oder gar Fragen zu beantworten.

Nur so viel: Man werde dem Wunsch des Präsidenten, die Ressorts Inneres und Justiz nicht bei einer Partei zu bündeln, nachkommen, ließ Kurz durchklingen. Und überhaupt sei man nun endgültig "auf der Zielgeraden".

Dort sieht es so aus: Für die Justiz steht momentan die Salzburgerin Juristin Karoline Edtstadler in der Poleposition: Die konservative Juristin – sie ist Mitglied in einer katholischen Verbindung, Oberstaatsanwältin der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft und derzeit am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg tätig – soll beste Chancen auf das Justizressort haben. Dieses Ministerium will die ÖVP mit einer Frau besetzen. Edtstadler war auch Mitglied im Kabinett des scheidenden Justizministers Wolfgang Brandstetter. Das Innenministerium wird FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl zufallen (andere Namen, siehe unten).

Der Fahrplan fürs Finale ist bereits fix: Gestern, 19 Uhr, zogen sich die Chef-Verhandler zu einem "Konklave" ins Wiener Palais Epstein zurück. Ähnlich wie bei der Papstwahl wollen Türkis und Blau erst vom Tisch aufstehen, wenn sie in allem einig sind.

Am Freitag soll es nach einer kurzen Verhandlungspause weitergehen. Freitagabend oder Freitagnacht soll der erhoffte "weiße Rauch" aufsteigen: Alle offenen Fragen geklärt, die Koalition ist fix.

Der restliche Ablauf ist nur noch Formsache: Wenn alles glattgeht, segnen am Samstagvormittag die blauen und schwarzen Parteigremien den türkis-blauen Regierungspakt offiziell ab.

Hält der Zeitplan, präsentieren Kurz und Strache am Samstagnachmittag ihr Regierungsteam und die zentralen Botschaften des Regierungsprogramms. Puffertag ist Sonntag, angelobt soll die neue Regierung in jedem Fall am Montag werden.

Nach der Absage von Casinos-Finanzchefin Bettina Glatz-Kremsner – sie will wie berichtet nicht als Finanzministerin in die künftige Regierung wechseln – ist der Ex-Rechnungshofpräsident Josef Moser wieder im Rennen um ein Ministeramt. Bis dato sollte Moser wegen des Widerstandes der Länder gegen von ihm erwartete Kompetenzbeschneidungen bloß Staatssekretär für Reformen werden. Nun wird der Föderalismus-Kritiker „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ Minister, heißt es aus Verhandlerkreisen. Jedoch: Statt des Postens als Finanzminister soll Moser ein „Reformressort“ bekommen oder Justizminister werden.
Zuvor war geplant, die Ressorts Finanzen und Wirtschaft zu fusionieren und Glatz-Kremsner dieses Superministerium zu überantworten. Nach ihrer Absage sollen die Ressorts jetzt aber wieder getrennt werden.

Damit muss nun auch für das zentrale Finanzressort jemand gefunden werden – die besten Chancen werden Noch-Innenminister Wolfgang Sobotka und dem in Niederösterreich lehrenden Wirtschaftsprofessor Gottfried Haber zugestanden.

Am Donnerstagnachmittag wurden zwischen den Teams von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache exakt diese Fragen der künftigen Ministerien-Struktur und der dazu passenden Personen intensiv diskutiert. Noch ist laut Verhandlerkreisen einiges in Bewegung.

Wird Sobotka Finanzminister, könnten die alten Vorwürfe über die Veranlagung der niederösterreichischen Wohnbaugelder wieder aufkommen. Sobotka war vor seinem Ministerjob Finanzlandesrat in Niederösterreich.

Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger dürfte nun doch ein Regierungsamt bekommen. Letzter Stand: Sie könnte große Teile des bisherigen Wirtschaftsressorts bekommen, auch die Umweltagenden könnten zu ihr wandern. Jedoch wird sie auch für die Bildung genannt.

Favoritin für Justiz ist, neben Moser, die Salzburgerin Karoline Edtstadler. Genannt wurde aber auch die aus der Steiermark stammende Leiterin der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, Eva Marek. Ebenfalls als türkise Ministerkandidatin kursiert die Neo-Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß, eine steirische Molekularbiologin.

Auf der Ministerliste der Blauen gibt es keine Überraschungen mehr: Parteichef Strache wird wie angekündigt eine Art „Heimatschutzminister“ mitsamt Katastrophenschutz. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wird Innenminister, Ex-Hofburg-Kandidat Norbert Hofer Infrastrukturminister inklusive der Wissenschaftsagenden – ein Herausforderung für die sensible Wissenschafts-Community.

Die Bereiche Gesundheit und Soziales dürften zusammengelegt werden, Chefin im neuen Ministerium wird Beate Hartinger. Die Ex-Abgeordnete war früher im Hauptverband der Sozialversicherungsträger tätig. Nahost-Expertin Karin Kneissl wird Außenministerin, der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek bekommt das Verteidigungsressort, so es nicht im Verhandlungsfinale doch noch zur ÖVP wandert. Steuerexperte Hubert Fuchs wird Staatssekretär im Finanzressort.

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