"Vater war immer der Saschi für uns"

Alexander Van der Bellen und sein Sohn Florian.
Der Hofburg-Favorit wurde mit 19 Jahren Vater. Mit Sohn Florian spricht er über seine Mankos.

KURIER: Herr Van der Bellen, Ihr Vater meinte kürzlich: "Mittlerweile bin ich mir sicher, dass ich gewinnen werde." Glauben Sie auch, dass bei der Wahl nichts mehr schiefgehen kann?

Florian Van der Bellen: (atmet tief durch) Ich hoffe.

So sicher wie bei Ihrem Vater klingt das nicht ...

Alexander Van der Bellen: Die Wähler haben immer noch das letzte Wort. Aber wenn man vier Monate in Pole Position bei den Umfragen liegt, bedeutet das schon etwas. Insofern bin ich sehr optimistisch, in die Stichwahl zu kommen.

Welchen Typ Bundespräsidenten wünschen Sie sich von Ihrem Vater?

Sohn: Genau den Typ, der er ist. Und so wird er auch sein.

Dann verraten Sie uns als Van-der-Bellen-Sohn, wer Ihr Vater ist. Sie kennen ihn so gut wie kein anderer ...

Sohn: Es kennen ihn schon viele Menschen. Er ist einer der seltenen Menschen, der am TV-Bildschirm genau so wie im wirklichen Leben ist. Da gibt es keinen Unterschied. Er ist authentisch. Das wird er auch als Bundespräsident bleiben.

Was schätzen Sie am meisten am Ihrem Vater?

Vater: Soll ich jetzt gehen? (lacht)

Sohn: Seine Bedachtheit. Er steigt nicht auf jedes Argument impulsiv ein, sondern überlegt. Er ist jemand, der sorgsam abwägt und dann spricht. Das war immer so.

Sie wurden mit 19 zum ersten Mal Vater. Damals war man in diesem Alter ja noch gar nicht volljährig ...

Vater: Zu dieser Zeit wurde man erst mit 21 volljährig. Da gibt es ein schönes DIN-A4-Dokument, dass ich aus der väterlichen Gewalt entlassen wurde. Das muss man sich einmal vorstellen – nicht aus der elterlichen Gewalt. Und was soll der Begriff Gewalt hier? So wurde ich mit 18 für volljährig erklärt, damit ich heiraten konnte.

Mit 19 Vater werden, studieren und für eine Familie sorgen. Wie haben Sie das geschafft?

Vater: Ja, mei. Klar ist es nicht leicht gewesen, alles unter einen Hut zu bringen. Ohne die Unterstützung der Eltern und Schwiegereltern hätten wir es nicht geschafft. Ein halbes Jahr vor meinem Uni-Diplom starb mein Vater, dann war auch kein Geld zur Unterstützung mehr da. Wir sind dank Gelegenheitsjobs über die Runden gekommen.

Gab es Redereien hinter Ihrem Rücken?

Vater: Alle Schulkollegen haben sich stundenlang darüber amüsiert. Aber zum Glück in meiner Abwesenheit.

Wenn man so jung Vater wird, geht man diese Verantwortung unbeschwert an – oder haben Sie es als Belastung empfunden?

Vater: Man ist trotz der Jugend nicht unbeschwert. Ich habe mit meinem ältesten Sohn Nicolai später viele Gespräche darüber geführt, was man alles falsch als Vater macht, wenn man keine Lebenserfahrung hat. Denn mit 19 gilt man zwar als erwachsen, aber eigentlich ist man es nicht. Beim Nicolai war ich noch in meinen eigenen Kindheitserfahrungen verfangen und habe überlegt: Was hätte ich anders haben wollen von meinen Eltern? Dass er eine ganz eigenständige Person ist und ganz andere Bedürfnisse hat, habe ich damals noch nicht bedacht.

Was war Ihr größter Fehler als Vater?

Vater: Dass ich zu wenig Zeit mit meinen Söhnen verbracht habe.

Sie waren Uni-Professor. Haben Sie den Söhnen wenigstens Nachhilfeunterricht gegeben?

Vater: Einmal habe ich mich bemüht, Mathematik mit Florian zu lernen. Aber das ist nicht gut gegangen.

Sohn: Nein, der Saschi war in Nachhilfestunden geben wirklich nicht gut. In der Studienzeit hatte ich einmal eine Volkswirtschaftsprüfung, wo ich null verstand. Und mein Vater konnte mir auch nicht helfen.

Wenn Ihr Vater beim Lernen nicht helfen konnte, und auch im Kleinkindalter nicht präsent war: Was sind die stärksten Erinnerungen an Ihren Vater in der Kindheit?

Sohn: Ich würde nicht sagen, dass Saschi nicht präsent war. Im Schulalltag war er nicht viel da, aber in den Ferien, weil er ja Uni-Professor war, hatte er viel Zeit für uns. Da gibt es sehr schöne Kindheitserinnerungen im Kaunertal. Deswegen ist Tirol bis heute meine Basis geblieben. Egal, wo ich gerade arbeitete, wenn ich nach Österreich kam, führte der erste Weg ins Kaunertal.

Sie nennen Ihren Vater Saschi. War das von Kindheit an so?

Sohn: Vater haben wir nie gesagt. Er war immer der Saschi für uns.

Vater: Sascha ist die übliche Abkürzung von Alexander. Im Russischen gibt es dann eine weitere Verkleinerungsform, die heißt Saschinka – und so kam es dann zu Saschi.

Ihr Vater hat über die persönliche Freiheit ein Buch geschrieben. Auf die Kindheit umgelegt, müssten Sie eine sehr anti-autoritäre Erziehung genossen haben. Oder wurden auch Grenzen gesetzt?

Sohn: Ganz ohne Grenzen war unsere Kindheit sicher nicht. Aber große Verbote gab es auch keine.

Vater: Florian war manches mal lästig zu seinem Bruder. Dann habe ich zum älteren Nicolai gesagt: "Na dann wehr dich doch einmal." Und Nicolai meinte, das kann ich doch nicht machen, wenn er noch so klein ist (lacht).

Sie rauchen beide. Wie reagierte Ihr Vater bei der ersten Zigarette, hat er Ihnen eine angeboten?

Sohn: Als ich die erste Zigarette vor seinen Augen geraucht habe, war er nicht begeistert. Da ist mir ordentlich die Pumpe gegangen. Saschi meinte, dass er das Rauchen etwas unnötig findet.

Vater: Echt? So weit bin ich gegangen? (lacht).

Haben Sie jemals Haschisch geraucht?

Vater: Wenn er es gemacht hat, dann hat er es tunlichst heimlich gemacht. Denn das hätte ich nicht gebilligt.

Haben Sie immer Grün gewählt?

Sohn: Eigentlich ja. Nur bei meiner ersten Wahl habe ich Grün gewählt und gab zugleich die Vorzugsstimme Franz Vranitzky. Da war ich zu nervös, um das System zu durchschauen. Erst nach der Wahl entdeckte ich, dass ich somit ungültig gewählt habe.

Herr Van der Bellen, Sie haben mehrere Enkelkinder. Welcher Typ Großvater sind Sie denn?

Vater: (überlegt lange) Über mich wird immer gespottet, dass ich Kinder erst wahr nehme, wenn sie reden und buchstabieren können. Ich finde sie als Baby und Kleinkind lieb, aber ich kann nicht viel mit ihnen anfangen. Beim Windelwechseln war ich nie gut. Dieses Manko muss ich zugeben.

Anders als Rudolf Hundstorfer, dessen Frau auf Inseraten zu sehen ist, macht Ihre Frau nicht aktiv im Wahlkampf mit. Wird sie Sie auf Reisen begleiten?

Vater: Wenn es sich mit ihrem Beruf zeitlich vereinbaren lässt, ist meine Frau im Wahlkampf aktiv dabei und wird mich auch in Zukunft entsprechend unterstützen. Im übrigen sehe ich es nicht ein, dass im 21. Jahrhundert die Frau des Bundespräsidenten auf ihr eigenes Berufsleben verzichten soll.

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