Van der Bellen, Hofer: "So sehe ich Amerika"

Einen Monat nach den USA wählt Österreich Präsidenten
Am Dienstag wählt Amerika, in einem Monat Österreich. Der KURIER-Report: Was Van der Bellen und Hofer über das Land von Clinton und Trump denken. Wie sich die Wahlkampagnen gleichen – und voneinander unterscheiden.

Alexander Van der Bellen findet die USA faszinierend und verstörend: Apple und Armut.

Alexander Van der Bellen über seine persönliche Beziehung zu den USA: „Ich war einige Male in den USA, immer aus universitären Anlässen. Aber leider immer nur an der Ostküste, in Washington, New York, Boston, Maine, Vermont und Chicago. Ich fand die USA immer sehr interessant und aufregend. Ich habe immer gerne amerikanische Literatur gelesen, etwa Dashiell Hammett oder William Faulkner. Ich mag Filme mit Humphrey Bogart, Lauren Bacall oder Catherine Hepburn.“

Van der Bellen, Hofer: "So sehe ich Amerika"
Alexander van der Bellen mit Frau, Monika Langthaler, Erwin Pröll 19.08.2016, Grafenegg, Eröffnung Festival

...über politisch Besonderes an den USA: „Spannend am Einwanderungsland USA ist die Fähigkeit, Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen zu integrieren und zu Amerikanern zu machen. Andererseits aber schaffen die USA es trotz eines schwarzen Präsidenten und lange nach dem Ende der Sklaverei nicht, die Diskriminierung der Afro-Amerikaner zu beenden.“

...über das Wirtschaftssystem: „Interessant ist die Fähigkeit der USA, ein grundsätzlich optimistisches Klima für wirtschaftliche Innovationen beizubehalten, was die amerikanische Wirtschaft – siehe etwa Apple, Microsoft, Google – weltweit zu Marktführern macht. Gleichzeitig sind aber die Differenzen zwischen Arm und Reich sehr groß, und Millionen Menschen standen bis vor Kurzem ohne eigene Krankenversicherung da. Dass so etwas Wichtiges wie die soziale Krankenversicherung so umstritten ist, ist aus meiner europäischen Sicht schwer nachvollziehbar.“

...über die internationale Rolle der USA: „Die USA sind die Führungsmacht der westlichen Welt. Sie haben wesentlich dazu beigetragen, dass Europa von der Nazi-Diktatur befreit und mithilfe des Marshall-Planes wieder aufgebaut wurde. Dafür bin ich den USA dankbar. Bis zur Implosion der Sowjetunion waren die USA der Garant für Frieden und Freiheit in Westeuropa. Zugleich gab es auch sehr problematische Seiten wie die Unterstützung von Diktaturen in Lateinamerika. Höchst problematisch war auch der Einmarsch in den Irak, ohne ein Konzept für die Zukunft zu haben.

...über die Präsidentschaftskandidaten: „Ich hoffe, dass Hillary Clinton gewinnt. Mir ist sehr viel lieber, wenn die politisch erfahrene und abwägende Hillary Clinton über den Knopf zum Auslösen einer Atombombe verfügt als der völlig unberechenbare Donald Trump, der sein Temperament nicht zügeln kann. Die weltpolitische Lage mit den Krisen im Nahen Osten, dem Krieg in Syrien, dem aufstrebenden China und einem unberechenbareren Russland erfordert eine verlässliche Politik.

Wie VdB als Bundespräsident die Beziehungen zu den USA gestalten würde: „Im Interesse der österreichischen Wirtschaft und Zehntausender heimischer Arbeitsplätze würde ich die freundschaftlichen Beziehungen fortsetzen und ausbauen. Das bedeutet Staatsbesuche und laufend direkte Kontakte und Abstimmungen mit den Spitzen der US-Administration.

Van der Bellen, Hofer: "So sehe ich Amerika"
Interview mit dem Präsidentschaftstkandidaten der FPÖ Norbert Hofer (im Bild mit Ehefrau Verena) am 17.07.2016 in Pinkafeld, Burgenland. Serie "Politiker nach Dienstschluss"

Norbert Hofer hat viel persönliche Erfahrung über das Leben in den USA: "Gesund essen ist teuer"

Norbert Hofer über seine persönliche Beziehung zu den USA: „Meine Urgroßeltern sind in die USA ausgewandert, und mein Großvater ist dort bereits als US-Bürger geboren worden. Daher gibt es schon aus familiären Gründen einen starken US-Bezug. Auch beruflich hatte ich mit verschiedenen Unternehmen in den USA oft zu tun. Ich war in meiner Zeit als Luftfahrtingenieur oft und gerne in den USA. Vor allem Los Angeles und Phoenix kenne ich gut. Im Vorjahr war ich einige Tage beruflich in Washington. Einen für heuer geplanten Besuch habe ich wegen meiner Nominierung zum Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl storniert.“

...über das Leben in den USA: „Wer gesund und naturnah essen will, muss dafür tief in die Tasche greifen. Man kann in den USA sehr leicht neue Kontakte knüpfen, es gibt aber auch eine gewisse Oberflächlichkeit. Das ist für uns Europäer etwas ungewohnt.“

...über das Wirtschaftssystem: „Es gibt für die Wirtschaft niedrigere Hürden und weniger Bürokratie sowie eine recht niedrige Steuerlast. Allerdings wird auch in den USA der Mittelstand immer ärmer, und es gibt kaum soziale Absicherung.“

Van der Bellen, Hofer: "So sehe ich Amerika"
Norbert Hofers Großvater in den USa

...über die internationale Rolle der USA: Österreich hat den USA sehr viel zu verdanken. Ich erinnere nur an den Marshallplan. Die Beteiligung der USA an den Kämpfen gegen den Nationalsozialismus waren von entscheidender Bedeutung für die Freiheit und Zukunft Europas. Der Kalte Krieg hingegen hat die Welt über viele Jahre in Atem gehalten, und während der Kuba-Krise waren wir nur Millimeter von einer atomaren Auseinandersetzung entfernt. Und heute? Die Interventionspolitik muss überdacht werden. Im Irak wurden anders als behauptet keine Massenvernichtungswaffen gefunden, und die Flüchtlingsströme, die wir heute erleben, sind eine Folge einer gescheiterten Interventionspolitik.“

...über den US-Wahlkampf: „Ich bin froh, dass wir in Österreich Wahlkämpfe anders führen. Man stelle sich vor, in Vorwahlen würden sich Kandidaten derselben Partei über Monate beschimpfen, bis einer die Schlammschlacht überstanden hat, und dann folgt erneut ein monatelanger Wahlkampf, in dem es dann vor allem um sexuelle Probleme geht.“

...über die Präsidentschaftskandidaten: „Es ist Sache der US-Bürger, ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten zu wählen, es steht einem seriösen Staatsmann aus Österreich nicht zu, demokratische Entscheidungen besserwisserisch zu kommentieren.“

Wie Norbert Hofer die Beziehungen zu den USA gestalten würde: „Wer immer ins Weiße Haus gewählt wird, ich würde selbstverständlich jeden besuchen. Die USA ist und bleibt einer der wichtigsten Partner für Österreich. Allerdings würde ich bei TTIP meine klare Linie beibehalten: Keine Unterzeichnung ohne positive direktdemokratische Entscheidung in Österreich.“

Kommentare