Vaduz gibt Grasser-Akten frei

APA7809832-2 - 08052012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Karl-Heinz Grasser am Dienstag, 8. Mai 2012, nach einer Sitzung des Korruptions-U-Ausschusses im Parlament in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Nur noch eine Verfassungsklage kann verhindern, dass die Stiftungsunterlagen nach Wien kommen.

In der sogenannten BUWOG-Affäre fällte der Fürstliche Oberste Gerichtshof in Vaduz (FOGH) am Freitag zwei bemerkenswerte Urteile: Wie Gerichtspräsident Gert Delle Karth erklärte, sollen die auf Wunsch der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft in Liechtenstein beschlagnahmten Unterlagen von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser nach Wien überstellt werden.

Ursprünglich hatte der Vaduzer OGH dies bereits im Mai entschieden. Allerdings war die Entscheidung im September vom Staatsgerichtshof (de facto das Liechtenstein’sche Verfassungsgericht) aufgehoben worden. Die Begründung: Der Treuhänder, bei dem die Unterlagen zu Grassers Briefkastenfirmen beschlagnahmt wurden, genießt kraft seines Berufes besonderen Schutz. Er wurde laut Staatsgericht in seinen Grundrechten beschnitten, die Akten-Auslieferung sei daher nicht rechtens.

Das Staatsgericht konnte sich bei der Entscheidung auf das Wiener Oberlandesgericht stützen. Letzteres hat im Februar 2012 befunden, die Kanzlei eines Steuerberaters darf nur dann durchsucht werden, wenn der Steuerberater selbst unter dringendem Tatverdacht steht.

Interessanterweise widersprach der Oberste Gerichtshof in Wien vor wenigen Wochen dieser Rechtsmeinung. Und mit dem Verweis auf diese österreichische Höchst-Entscheidung taten sich die Richter in Vaduz nun leicht zu sagen: Wir bleiben dabei, die Hausdurchsuchung war rechtens – und die Akten müssen nach Wien geschickt werden.

Einspruch möglich

In der Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft gab man sich am Freitag vorsichtig optimistisch. „Wir begrüßen jeden Schritt, der die Ermittlungen beschleunigt“, sagte ein Sprecher zum KURIER.

Die Zurückhaltung ist verständlich, denn noch bleibt offen, ob die Unterlagen tatsächlich kommen. Der Grund: Auch dieses Urteil kann theoretisch vor dem Staatsgerichtshof bekämpft werden; und bis dieser die gefällte Entscheidung bestätigt, bleiben die Akten wo sie sind – in Vaduz.
Damit warten Wiens Ermittler seit mehr als eineinhalb Jahren auf die Grasser-Akten, die im April 2011 bei Hausdurchsuchungen gefunden wurden. Für das BUWOG-Verfahren sind die Dokumente insofern von Belang, als die Justiz dem Verdacht nachgehen will, ob Schmiergeld- oder Provisionszahlungen in Grassers weit verzweigtem Netz aus Stiftungen und Briefkastenfirmen gelandet sind.

Das zweite Urteil, das der FOGH gestern fällte, kann den Ex-Minister jedenfalls nicht freuen. Denn die Höchstrichter bestätigten die erstinstanzliche Verurteilung eines seiner Stiftungsvorstände. Der Anwalt, der zudem noch Landtagsabgeordneter in Vaduz ist, soll bei einer Akten-Einsicht im Oktober des Vorjahres – ohne Wissen und Zustimmung des Richters – Urkunden aus einem Gerichtsakt entnommen haben. Die Kanzlei des Grasser-Anwalts erklärte prompt, man wolle die Verurteilung des Anwalts vor den Staatsgerichtshof bekämpfen.

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