Untreue-Verdacht gegen Dörfler

APA9291158 - 02092012 - VILLACH - ÖSTERREICH: ZU APA 087 II - FPK-Landesparteitag am Sonntag, 2. September 2012, in Villach. Im Bild: LH Gerhard Dörfler bei seinem Einzug in die Halle APA-FOTO: GERT EGGENBERGER
Kärntens Regierungschef soll bei der Volksbefragung seine Befugnisse missbraucht haben.

Man könnte den Brief, den Gerhard Dörfler Anfang Jänner an die Kärntner verschickte, als freundliche Aufforderung sehen. „Ich bitte Sie, am 20. Jänner ihre Stimme bei der Volksbefragung abzugeben“, stand da – verknappt – unter dem Konterfei des Landeshauptmanns; „Hingehen und Mitentscheiden“ sei nun „die Devise“.

Man könnte das Schreiben also als einen durchaus legitimen Aufruf sehen, allein: Das würde dem Brief wohl kaum gerecht.

Denn in dem Schreiben, das dem KURIER vorliegt, lässt Dörfler klar erkennen, was er sich von seinen Landsleuten wünscht: Sie sollen für die Wehrpflicht stimmen.

Letztere sei ein „Beitrag für Österreich“ und Grundlage einer sinnstiftenden „Wertegemeinschaft“. Wohl nicht ganz zufällig verweist der gewiefte Landesvater auf Heinz Fischer und Peter Ambrozy – beides deklarierte Verfechter der Wehrpflicht.

Amtliche Mitteilung

Untreue-Verdacht gegen Dörfler
Nun wäre es nicht problematisch, würde Dörfler dies als stellvertretender Parteichef der Kärntner Freiheitlichen (FPK) tun. Tatsächlich aber trägt sein Brief alle Kennzeichen eines offiziellen Schreibens. Links oben: Wappen und Schriftzug der Landesregierung; gleich daneben steht „Amtliche Mitteilung“.

Da Dörfler das Schreiben zudem als „Landeshauptmann und Katastrophenschutzreferent“ unterschrieben hat, geht der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, davon aus, dass der Kärntner dem Brief offiziellen Charakter geben wollte und ihn auf Kosten des Landes verschicken ließ. Pilz: „Das ist nicht das erste Mal, dass Dörfler in die Landeskasse greift, um Parteiwerbung zu finanzieren. Er ist ein Wiederholungstäter.“

Pilz hat das Schreiben mit einer Sachverhaltsdarstellung an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geschickt.

Sie muss nun klären, ob die Tatbestände der Untreue und des Amtsmissbrauchs erfüllt sind. Pilz hofft jedenfalls auf Besserung: „Die Funktionäre der FPK können offenbar immer noch nicht zwischen dem Geld der Partei und dem des Landes unterscheiden. Das müssen wir ihnen einfach abgewöhnen.“

Die SPÖ will nach 24 Jahren in Kärnten wieder den Landeshauptmann stellen. Damit dieser Traum verwirklicht werden kann, müssen die Roten am 3. März stärkste Partei sein. Dabei setzen sie auch auf die Bundespartei. Getreu dem Wahlkampfmotto: „Gemeinsam geht’s“.

Zur Wahl des Spitzenkandidaten war Sozialminister Rudolf Hundsdorfer erschienen. Am Freitag referierte Claudia Schmied über Bildungsfragen. Zum Wahlkampf-Auftakt am Samstag in Velden sollte Werner Faymann kommen. Doch der SPÖ-Chef weilt in Chile, ließ sich von seiner rechten Hand Josef Ostermayer vertreten. „Aber der Kanzler kommt sicher nach Kärnten“, sagte dieser zum KURIER.

In seiner Rede ließ Ostermayer mit einer Bemerkung über seinen Freund Landeshauptmann Gerhard Dörfler – beide waren maßgeblich an der Ortstafellösung 2011 beteiligt – aufhorchen: „Wo Dörfler draufsteht, ist auch Scheuch und Dobernig drin.“ Die Funktionäre rief zu zu Geschlossenheit auf: „Das ist die große Chance, um die Politik der Partys und der Events abzuwählen.“

Mut machte der steirische Landeshauptmann Franz Voves: „Wir haben 60 Jahre ÖVP-Vorherrschaft gebrochen, weil die Menschen eine Veränderung wollten. Das spüre ich auch in Kärnten. Mit Peter Kaiser ist das möglich. Daher Gas geben.“

Kaiser erinnerte daran, dass die SPÖ bei der Wahl 2009 die schlimmste Niederlage erlitten hatte. „Gemeinsam haben wir die Ärmel hochgekrempelt, die Partei umgekrempelt und saniert. Wir sind wieder ein Team geworden. Wir sind bereit, den Kampf aufzunehmen.“

Aufholjagd

Es gelte, einen Rückstand von 16 Prozent aufzuholen. „Das ist schwer, aber gemeinsam können wir es schaffen“, sagt Kaiser. „Wer einen Wechsel will, muss SPÖ wählen.“

Ein Neustart aber sei angesichts der höchsten Armut, Arbeitslosigkeit, Abwanderung und Neuverschuldung, der niedrigsten Einkommen sowie Korruption und Missbrauch von Steuergeldern notwendig. „Die FPK hat Ansehen und Ruf Kärntens schwer geschädigt“, sagte Kaiser. Am 3. März entscheide sich, „ob es so weiter geht oder ob es Veränderung gibt. Wir haben die besten Funktionäre. Wir werden siegen.“

Landesgeschäftsführer Daniel Fellner gab sich pathetisch: „Ich habe einen Film im Kopf, wie es am 3. März sein wird. Bitte lasst diesen Film wahr werden.“ Unter den 700 Gästen befand sich auch Ex-SP-Vorsitzende Gaby Schaunig. Sie hätten die Kärntner in Wien gerne als Spitzenkandidatin gesehen. Doch Schaunig hat mit der Politik abgeschlossen.

Pensionopolis wurde Graz in der Monarchie genannt. Weil es sich dort bei hohem Komfort wesentlich billiger leben ließ, verbrachten k.u.k. Offiziere und hohe Beamte dort gerne ihren Ruhestand. Mit dem entscheidenden Einfluss der Älteren auf den Ausgang der Volksbefragung wurde vielen endlich klar, dass sich ganz Österreich politisch auf direktem Weg in eine große Pensionopolis befindet.

Manch jüngerer Kritiker geriet in Gastkommentaren oder in Sozialen Medien gar auf demokratische Irrwege: Wieso dürften die Alten darüber entscheiden, ob die Jungen weiter ins Heer oder in den Zivildienst gezwungen werden, wurde da räsoniert. Als ob man zu einer neuen Art des Kurien-Wahlrechtes zurückwollte anstelle der modernen Demokratie mit dem gleichen Wahl- und Stimmrecht für alle und über alles.

Schlagartig wurde vielen jetzt erst klar, was sich in der Bevölkerungs- und damit unvermeidlich auch in der Wählerstruktur über die letzten 30 Jahre verändert hat. Aus der traditionellen Alterspyramide mit vielen Jungen unten und weniger Alten oben ist ein Pilz geworden. Nur noch 20 Prozent der Bevölkerung sind unter 30 Jahre, die über 65-Jährigen haben sie mit 23 Prozent überholt.

Alte dominieren Politik schon lange

Was jetzt zu theoretischen Aufgeregtheiten führte, ist in weiten Teilen der realen Politik und in der Strategie der Parteien längst Realität. Die Alten dominieren.

Sie sind ein meist stiller Machtfaktor, nicht nur wegen ihrer großen Zahl, sondern vor allem auch wegen ihrer weit größeren Beteiligung an Wahlen und der politischen Willensbildung.

Mit dem Schielen auf die wahlentscheidenden Stimmen der Älteren vermeiden die Parteien längst notwendige und schmerzhafte Reformen etwa im Pensionsbereich. Zusätzlich wird der Druck der Älteren für den Ausbau in Gesundheit und Pflege immer stärker.

Damit sind zunehmend die zukunftssichernden Investitionen in den Nachwuchs etwa im gesamten Bildungsbereich gefährdet. Parteien und Politiker denken nun einmal ungern über den nächsten Wahltag hinaus.

Der Trend zu einer immer älteren Gesellschaft ist auf Jahrzehnte nicht zu stoppen. Den jüngeren Wählern bleibt nur das sinn- und folgenlose Gejammer über die Herrschaft der Alten. Oder das wesentlich stärkere Engagement in der Politik und an den Wahlurnen.

Nur so können sie die Politiker dazu zwingen, sich um die Zukunft der Jungen mehr zu kümmern als um eine sichere Gegenwart der Älteren.

In Kooperation mit zukunftsorientierten Politikern muss Überzeugungsarbeit bei den Älteren ansetzen, dass es im Land nicht nur um sichere Pensionen und den altersgerechten Ausbau von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen gehen kann.

Rational fehlt der nachhaltige Hinweis darauf, dass Wohlstand und Wohlbefinden der Älteren von den beruflich aktiven Jungen finanziert werden müssen. Und emotional muss klargemacht werden, dass es schließlich um ein gutes Leben für die lieben Enkerln geht.

Kommentare