Diese Präsidentin sieht das Asylrecht in Gefahr

Diese Präsidentin sieht das Asylrecht in Gefahr
Österreich steht ohne Präsidenten da? Mitnichten! Eva-Maria Burger ist Präsidentin von Amnesty International Österreich. Mit Video-Ansprache.

(Über 120.000 Präsidenten gibt es in Österreich. Einige von ihnen porträtieren wir in unserer neuen kurier.at-Serie "Unsere Präsidenten" - so lange, bis Österreich wieder einen Bundespräsidenten hat)

"Ein bisschen einen Wirbel haben wir damals in der Kremser Fußgängerzone schon ausgelöst", sagt Eva-Maria Burger schmunzelnd. Als gerade einmal 15-Jährige verteilte sie dort gemeinsam mit der von ihr gegründeten Schülerinnengruppe Petitionslisten, um auf Menschenrechtsverletzungen in Tibet aufmerksam zu machen. Rund 15 Jahre später ist Burger Präsidentin von Amnesty International Österreich und erzählt – nicht ganz ohne Stolz – aus eben dieser Zeit. "Meine Familie hatte schon immer ein großes Interesse für Tibet. Im Gymnasium habe ich dann aber festgestellt, dass nicht alles dort schön ist." Damals habe sie erfahren, dass eine Nonne aufgrund ihres politischen Engagements in Tibet inhaftiert wurde, eine Menschenrechtsverletzung, die Burger bereits in jungen Jahren nicht einfach hinnehmen wollte. Bei ihren Aktionen unterstützt wurde Burger schon damals von Amnesty International. "Das hat mir gezeigt, dass man nicht ohnmächtig zusehen muss, sondern aktiv etwas tun kann", sagt Burger.

Seit 2014 ist sie nun im Präsidium der weltweit größten Menschenrechtsbewegung tätig, im April dieses Jahres wurde Burger von den Amnesty-Mitgliedern zu ihrer Präsidentin gewählt. Als solche gibt sie gemeinsam mit vier weiteren Teammitgliedern für zwei Jahre die strategische Ausrichtung des Vereins vor und repräsentiert diesen auch auf internationaler Amnesty-Ebene.

Recht auf Asyl in Bedrängnis

"Alle Menschenrechte für alle" lautet der Grundsatz von Burgers Einsatz. Trotz ihres Anspruchs auf die Unteilbarkeit der Menschenrechte, sieht sie derzeit vor allem das Recht auf Asyl in Bedrängnis. "Den Weg, den Österreich hier geht, sehe ich sehr kritisch. Wir sind dabei, das Menschenrecht auf Asyl auszuhöhlen. Eigentlich sollten wir uns damit beschäftigen, wie wir dieses Recht ermöglichen können und nicht damit, wie wir es beschränken können", sagt Burger. Es werde ein Notstand für Realitäten ausgerufen, die so nicht existieren. Aus ihrer Sicht eine Panikmache. "Wenn wir es als Gesellschaft zulassen, dass Menschenrechte an einem Ende beschnitten werden, öffnen wir damit Tür und Tor für andere Beschränkungen", sagt Burger. Auf dem Spiel stünden dann beispielsweise soziale und wirtschaftliche Rechte.

Die eigenen Rechte kennen

Während die Meinung in der Bevölkerung gegenüber Flüchtlingen zunächst euphorisch gewesen sei, gebe es laut Burger heute diesbezüglich "vielfältige Meinungen". Einen Zustand, bei dem sie Amnesty in der Pflicht sieht, aktiv zu werden. "Wenn es bei diesem Thema heute mehr Ablehnung gibt, müssen wir uns umso mehr ins Zeug legen." Ein stärkeres Bewusstsein für diese gesellschaftlichen Vorgänge soll unter anderem der Ausbau der Menschenrechtsbildung schaffen. Das bedeutet, Wissen über Menschenrechte zu vermitteln und darüber, wie man diese umsetzen kann. "Im besten Fall entsteht daraus ein Schneeballeffekt, zu wissen, was diese Rechte bedeuten und wie man sie für sich und sein Umfeld einfordern kann", sagt Burger.

Sie hofft, dass diverse Kampagnen – ähnlich wie es bei ihr selbst der Fall war – Jugendliche dafür begeistern, ihre Ideen in der Menschenrechtsarbeit einzubringen. Auch das Thema "Gender and Diversity" spielt für sie in Bezug auf Menschenrechte derzeit eine zentrale Rolle. "Viele Menschenrechte hängen sehr spezifisch davon ab, wen sie betreffen, also einen Mann oder eine Frau." Ausgehend von dieser Erkenntnis, müssten in der Menschenrechtsarbeit unterschiedliche Methoden angewendet werden.

Reise nach Tibet

Noch gut eineinhalb Jahre bekleidet Burger das Amt als Präsidentin von Amnesty International Österreich. Wesentlich dabei ist, dass es sich bei der Funktion um ein Ehrenamt handelt, laut Burger ein recht intensives. "Unsere Organisation hat allein in Österreich über 70.000 Mitglieder und Aktivisten. Das große Potenzial von Amnesty International liegt genau in diesen ehrenamtlichen Mitgliedern und Aktivisten", sagt Burger. Als solche sieht sie sich trotz ihrer verantwortungsvollen Position auch heute noch. "Durch das Verteilen der Petitionslisten habe ich gespürt, was es heißt, mich für Menschenrechte bei Amnesty einzusetzen."

Sie und ihre Mitstreiter schickten damals so viele Briefe mit Solidaritätsbekundungen an die in Tibet inhaftierte Nonne, dass die Briefmarken im ortsansässigen Postamt gelegentlich ausverkauft waren. Die Nonne wurde wenig später aufgrund weltweiter Proteste aus der Haft entlassen. In Tibet war Burger bislang noch nicht, das soll sich aber schon bald ändern. Erst kürzlich erhielt sie eine Reise dorthin als Geschenk zu ihrem 30. Geburtstag. "So schließt sich dann der Kreis", sagt Burger und lacht.

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