Neues Dienstrecht zur Not auch ohne Okay der Lehrer

Bildnummer: 12578646
58 Prozent der Österreicher haben kein Verständnis für das Agieren der Lehrergewerkschaft.

Es zähle Qualität, nicht Tempo – so haben die Lehrergewerkschafter jüngst erklärt, warum die Verhandlungen um ein neues Dienstrecht nicht unbedingt vor der Nationalratswahl zu einem Ergebnis kommen müssen.

Nach 27 Verhandlungsrunden ist die Geduld der Bevölkerung nun am Ende. Denn wie eine aktuelle Umfrage des OGM-Instituts für den KURIER ergeben hat, plädieren 58 Prozent der Wahlberechtigten dafür, das neue Dienstrecht notfalls auch ohne Zustimmung der Betroffenen zu beschließen.

Neues Dienstrecht zur Not auch ohne Okay der Lehrer

Die Befragten unterstützen damit die Linie von Bundeskanzler Werner Faymann. Der Regierungschef hatte kürzlich eben das in Aussicht gestellt – und sich damit auch in den eigenen Reihen, sprich insbesondere in der Fraktion der SPÖ-Gewerkschafter, offene Kritik eingehandelt.

Unmutsäußerung

OGM-Expertin Karin Cvrtila will das Umfrage-Ergebnis nicht als generelle Anfeindung der Gewerkschaft, sondern als Unmutsäußerung über die Lehrer-Vertreter interpretiert wissen. „Den Wählern dauern die Verhandlungen offensichtlich zu lange. Sie sind das Nein-Sagen der Lehrer-Vertreter gewohnt – und fordern nun Konsequenzen“, sagt Cvrtila zum KURIER.

Neues Dienstrecht zur Not auch ohne Okay der Lehrer
Dass die Bürger in Sachen Gewerkschaft durchaus differenziert antworten macht die OGM-Analystin an den persönlichen Umfragewerten der handelnden Personen fest: „Im Vergleich zu anderen Gewerkschaftsvertretern hat Fritz Neugebauer (Chef der Beamtengewerkschaft, Anm.) beim Vertrauensindex miserable Umfragewerte.“

Mit seinem Job bzw. seiner Aufgabe als zweiter Nationalratspräsident habe das freilich wenig zu tun, sagt Cvrtila. „Das liegt de facto ausschließlich an den Verhandlungen zum neuen Lehrerdienstrecht.“

Nach der Vorlage des ÖVP-Modells für eine Reform des Lehrerdienstrechts ging die Debatte auch am Freitag munter weiter: Der Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser, forderte eine „grundlegende Reform“ statt „kosmetischer Änderungen“.

Während die ÖVP bei der Arbeitszeit der Lehrer vage blieb, fordert Walser eine 30-stündige Anwesenheitspflicht pro Woche. Ihm schwebt eine tägliche Kernzeit an der Schule von neun bis 15 Uhr vor. Auch der einstige SPÖ-Finanzminister und Initiator des Bildungsvolksbegehrens Hannes Androsch fordert tief greifende Reformen. Die SPÖ solle Bildung zu einem zentralen Wahlkampf-Thema machen.

Der rote Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Thomas Buland kritisierte die Ungleichbehandlung von AHS- und Pflichtschullehrern im ÖVP-Papier: „50 Minuten Leseerziehung in der Volksschule haben doch den selben Wert wie 50 Minuten Mathematik in der Sekundarstufe.“

Die 30-Stunden-Forderung der Grünen rief umgehend den schwarzen Chefverhandler der Lehrergewerkschaft Paul Kimberger auf den Plan. „Gott bewahre uns vor solchen Bildungspolitikern“, konterte er harsch: Eine Arbeitszeiterhöhung „wird es mit uns nicht geben“. Die Arbeitsbedingungen an den Schulen würden derzeit oftmals kein professionelles Arbeiten zulassen.

Für Theodor Saverschel, Elternvertreter für mittlere und höhere Schulen, ist die Diskussion mittlerweile „eine reine Katastrophe“. Im ORF-Radio erklärte er, der ÖVP-Vorschlag würde die Verhandlungen weiter verzögern. Nachdem die Regierung seit zehn Jahren mit der Gewerkschaft zu keiner Einigung finde, könne er sich nun eine Reform ohne Gewerkschaft vorstellen.

Mehr Zeit verlangen hingegen Finanzministerin Fekter und Wissenschaftsminister Töchterle. 50 Fragen hatte ihnen die SPÖ als Reaktion auf den ÖVP-Vorstoß übermittelt. Bis Freitag gab es kein Ergebnis. Man wolle keine „Scheingefechte mit polemischen Suggestivfragen.“

Kommentare