Umfrage: Migration ist Thema Nr. 1 und "offene Flanke" der SPÖ

Die Asyl-Frage brennt Österreichern am meisten unter den Nägeln.
Asyl & Integration werden nach Deutschland auch in Österreich die Wahl entscheiden.

Es war ein Moment, der einen als Zuseher kurz baff machte, als SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern bei der Elefantenrunde auf Puls4 ein Nein-Taferl hochhielt. Gefragt waren die Spitzenkandidaten geworden, ob Asylberechtigte dieselben Sozialleistungen wie Österreicher erhalten sollen. Dass FPÖler und ÖVPler das ablehnen, ist bekannt. Aber ein Roter?

Für Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer ist das symptomatisch für die Haltung des SPÖ-Chefs und Kanzlers: Wo er in der Asylfrage stehe, sei nie ganz klar. Dabei wird sie von entscheidender Bedeutung bei der Nationalratswahl sein, zeigt eine OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER. 31 Prozent der Befragten wählten den Punkt "Migration, Asyl, Integration" aus einer Liste aus – maximal durften sie zwei Themen nennen, die für ihre Wahlentscheidung wichtig sind (siehe Grafik weiter unten).

Umfrage: Migration ist Thema Nr. 1 und "offene Flanke" der SPÖ
Interview mit dem Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer am 07.09. 2017 in Wien.
Das Ergebnis sei keine Überraschung, auch Platz 3 ist leicht erklärt: "Sicherheit und Kriminalität hängen in der Wahrnehmung mit dem Asyl-Thema zusammen und werden auch von der Politik oft verknüpft. Es ist ein großes Generalthema, das die ÖVP derzeit klar dominiert", erklärt Bachmayer.

SPÖ im Dilemma

Der einzige, der diese "offene Flanke" abdecke, sei Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil. Das Dilemma: "Die SPÖ ist sich der Notwendigkeit, etwas weiter nach rechts zu rücken, sicher bewusst, macht aber nur kleine Schritte. Würde Kern eine deutliche Position in dieser Richtung einnehmen, gäbe es vermutlich sofort einen Aufschrei im linken Flügel."

Und einen innerparteilichen Konflikt kann sich ein Kanzlerkandidat bzw. Titelverteidiger so kurz vor der Wahl nicht leisten. Ganz abgesehen davon, dass Kern das in seinen 15 Monaten als SPÖ-Chef ohnehin stets vermieden hat. Die Kompetenz in dieser Frage wird von den Wählern also eindeutig bei Schwarz und Blau gesehen. Und in der Top Ten wiegt sie schwerer als das Themenbündel Soziales, das von der SPÖ besetzt wird.

Bei Gesundheit, Pflege und Pensionen differenzieren sich laut Detailauswertung die Wählergruppen stark aus. Kurios ist dabei etwa die Bewertung des Dauerbrenner-Themas Pensionen: Während es Befragte über 50 Jahre zu 19 Prozent nannten, interessierte es nur fünf Prozent der Unter-30-Jährigen. "Die, die ohnehin schon in Pension sind oder kurz davor stehen, haben mehr Angst als die Jungen, die sich für die Zukunft tatsächlich Sorgen machen sollten", wundert sich Bachmayer.

Schlechte Karten hat die SPÖ auch beim zweitwichtigsten Thema, der Steuerentlastung. 25 Prozent wählten diesen Punkt aus, dürften also gegen neue Steuern sein. Und die SPÖ will ja eine Erbschaftssteuer einführen, spricht auch immer wieder über eine Maschinensteuer.

Umfrage: Migration ist Thema Nr. 1 und "offene Flanke" der SPÖ
Grafik Bild: Franz Gruber
Als gesamtgesellschaftlich gutes Zeichen wertet Meinungsforscher Bachmayer übrigens, dass das Thema Arbeitsplätze nur für zwölf Prozent der Befragten relevant ist. "Jahrzehntelang war das das beherrschende Thema in Wahlkämpfen. Die positive Wirtschaftsentwicklung hat offenbar dafür gesorgt, dass die Menschen da kaum noch ein Problem sehen."

Infos aus TV & Zeitung

Ihr Wissen zu den Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen, beziehen die Österreicher übrigens großteils aus Fernsehen und Tageszeitungen: 64 Prozent ga-ben die TV-Sender als wichtigste Informationsquelle an, 50 Prozent informieren sich über Tageszeitungen, 27 über Social Media und Homepages. Das Fernsehen sei aber oft nur der Ausgangspunkt, betont Bachmayer: über TV-Duelle spricht man am nächsten Tag oft mit Freunden und Arbeitskollegen. Bei einem Viertel der Befragten spielen solche Gespräche dann eine Rolle bei ihrer Wahlentscheidung.

Die Ergebnisse seien aber nicht in Stein gemeißelt, das Rennen um die Themenhoheit ist offen, gibt der OGM-Chef zu bedenken: So sagten 14 Prozent, zwar sicher wählen zu geben, aber noch nicht zu wissen, was. Bachmayer: "Bestimmte Ereignisse könnten große Verschiebungen bewirken, weil dann der Fokus auf dieses spezielle Thema gerichtet wird."

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