AHS-Direktoren für Lehramtsstudium Türkisch

AHS-Direktoren für Lehramtsstudium Türkisch
AHS-Direktoren können sich neben Maturafach auch ein Lehramtsstudium Türkisch vorstellen.

Rund drei Viertel der AHS-Direktoren sprechen sich für Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach sowie die Einführung eines Lehramtsstudiums Türkisch an einer österreichischen Universität aus. Das zeigt eine Umfrage der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch unter 50 Schulleitern.

Für Türkisch als Maturafach plädierten 36 der 50 Direktoren (72 Prozent), für das Lehramtsstudium Türkisch 38 (76 Prozent). Nach Bundesländern betrachtet gab es nur in Kärnten keine Mehrheit für eine Türkisch-Matura (drei Direktoren dafür, drei dagegen).

Positiver Effekt für Grammatik

Die meisten Direktoren rechnen bei einer Erweiterung des Fremdsprachenlehrplans mit einem positiven Effekt für die Grammatik und den Wortschatz der Jugendlichen. Außerdem sei die gute Beherrschung der Muttersprache Voraussetzung für das Erlernen weiterer Sprachen. Eine Türkisch-Matura schaffe auch einen Anreiz zu höherer Bildung.

Als Gegenargumente wurden die zu geringe Bedeutung von Türkisch genannt sowie die Schwierigkeit, eine neue Sprache in der Organisationsstruktur von Schulen zu verankern. Nur drei Direktoren befürchteten eine Abkapselung von Schülern.

"Klarer ausgefallen als erwartet"

Für SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak sind die Ergebnisse der Umfrage "wesentlich klarer ausgefallen als erwartet". Insbesondere an Schulen mit einem hohen Anteil an türkischsprachigen Schülern herrsche große Offenheit, die Potenziale der Jugendlichen zu fördern und voll auszuschöpfen. "Um allfälligen Missverständnissen gleich vorweg vorzubeugen: Kein einziger Schüler soll davon entbunden werden, Deutsch und Englisch zu lernen. Es geht allein darum, den SchülerInnen die Chance zu geben, ihre oft nur umgangssprachlichen Muttersprachenkenntnisse zu vertiefen und auf Fremdsprachenmaturaniveau zu bringen."

Im Gegensatz zu anderen Migrantensprachen wie etwa Russisch, Polnisch oder Bosnisch-Kroatisch-Serbisch gibt es eine Türkisch-Matura derzeit nur als Schulversuch am Abendgymnasium Henriettenplatz in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus. Insgesamt sprechen laut Statistik Austria 6.300 Schüler in Oberstufenklassen an maturaführenden Schulen (AHS, Berufsbildende Höhere Schule/BHS) neben Deutsch auch Türkisch.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kann sich Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach vorstellen. Das sagte sie am Mittwoch vor dem Ministerrat zu Journalisten. "Wenn man es als Fremdsprachen-Fach lernt, habe ich damit kein Problem", so die Ministerin.

Unvorstellbar wäre es für Mikl-Leitner dagegen, in Türkisch anstatt in Deutsch zu maturieren, also das Maturafach Deutsch zu ersetzen oder die Matura gänzlich auf Türkisch abzulegen. Hier gelte weiterhin der Integrationsansatz der ÖVP, dass Deutsch absolute Priorität habe.

FPÖ: "Schlag ins Gesicht"

Für die FPÖ wäre Türkisch als Maturafach dagegen "ein Schlag ins Gesicht jeglicher Integrationsbemühungen". Damit würde nicht Schülern mit türkischer Muttersprache der Zugang zur Bildung erleichtert, sondern die Reifeprüfung verwässert, so FPÖ-Bildungssprecher Walter Rosenkranz in einer Aussendung. "Bei einer Einführung von Türkisch als Maturafach würde das Niveau der Gymnasien und anderen maturaführenden Schulen sehr darunter leiden."

Der Verein Wirtschaft für Integration unterstützt dagegen die Forderung nach einer Türkisch-Matura: "Warum sollten Französisch oder Latein mehr wert sein als Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Polnisch oder eben Türkisch? ", hieß es in einer Aussendung.

Offentheit für Fremdsprache

Relativ große Offenheit für Türkisch als Fremdsprachen-Maturafach hat am Mittwoch am Rande des Ministerrats auch bei weiteren Regierungsmitgliedern geherrscht. Nichts dagegen hätten etwa Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) zeigte dagegen wenig Lust auf diese Debatte.

"Nur weil Erdogan (der türkische Premier Recep Tayyip, Anm.) nach Österreich kommt, brauchen wir uns jetzt nicht irgendeine Diskussion aufzwingen zu lassen", sagte Spindelegger im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) wollte auf das Thema nicht näher eingehen. "In Fragen von Unterrichtsfächern überlasse ich die Vorschläge in der Öffentlichkeit meiner zuständigen Ministerin."

Kurz: "Unproblematisch"

Kurz verwies darauf, dass man schon jetzt aus zehn verschiedenen Sprachen als zweite lebende Fremdsprache für die Matura auswählen könne. "Ich halte es für unproblematisch, ein Angebot zu haben", meinte er daher zu Türkisch. Für die Integration sei dies allerdings "kein Thema, das wirklich große Bedeutung hat".

Heinisch-Hosek verwies darauf, dass ein solches Angebot schon jetzt im Rahmen von Schulversuchen bzw. der Schulautonomie in allen Schultypen möglich sei. So wolle sich nun ansehen, warum dies so wenig in Anspruch genommen werde. Sie sei auch "keineswegs dagegen", Türkisch auch als Lehrfach studieren zu können.

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