Türkis-blaues Packerl unterm Weihnachtsbaum

Am 20. Dezember soll Van der Bellen Strache, Kurz & Co. angeloben.
Die ÖVP reagiert auf steigenden Druck der FPÖ und streckt ihren Zeitplan. Der Poker ist nun reine Chefsache.

Rund 150 Verhandler schnapsten sich knapp fünf Wochen lang das Grundgerüst des türkis-blauen Koalitionspaktes aus – nun haben sie ihre Schuldigkeit getan, von jetzt an sitzen nur noch die Chef-Verhandler am Tisch.

Die Fachgruppen lieferten ihre Ergebnisse an die sogenannte "Steuerungsgruppe" um die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ), diese feilen nun in den kommenden Tagen an Details der Papiere, die sie vorgelegt bekamen. Dies entspricht laut Verhandlerkreisen exakt dem Zeitplan, den man sich einst gab.

Und dennoch: Der avisierte Zeitplan, die neue Regierung nach dem langen Wochenende über den 8. Dezember anzugeloben, wurde nun verworfen. Wie aus ÖVP-Quellen zu vernehmen war, peilt die künftige Koalition eine Angelobung der neuen Regierung am 20. Dezember an.

Geht sich auch das nicht aus, wird der 8. Jänner als Ersatztermin genannt. So oder so sollen die Verhandlungen aber vor Weihnachten abgeschlossen sein.

Neue Deadline 20.12.

"Ja, der 20. Dezember bietet sich tatsächlich an", bestätigte die türkise Chef-Verhandlerin und Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger vor Beginn der rund dreistündigen Pokerrunde. Eine Einigung würde man einige Tage davor präsentieren, heißt es. Danach muss jedes neue Regierungsmitglied zu einem Stelldichein bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen erscheinen – was wohl mehrere Tage in Anspruch nehmen dürfte.

Diesem neuen Zeitplan folgend wird es wohl nichts damit, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz darauf, am 14. Dezember, bereits als neuer und jüngster Regierungschef zum EU-Gipfel nach Brüssel reist.

Woher kommt die Abweichung vom bisherigen Hochgeschwindigkeits-Zeitplan?

FP verschärft den Ton

"Weil wir auf Qualität vor Tempo setzen", lautet die offizielle Version aus der ÖVP – die inoffizielle, hinter vorgehaltener Hand geäußerte, weicht davon ab: So sollen nämlich die Freiheitlichen den Verhandlungston zuletzt verschärft haben und vehementer auf ihre Forderungen beharren. Um sich also nebst dem wachsenden Druck der FPÖ nicht auch noch selbst zu gängeln, nahm die ÖVP nun Tempo aus dem Poker.

Und das wohl aus gutem Grund, denn die Chef-Verhandler haben noch einige größere Hürden im Verhandlungsfinale zu nehmen. Bei den Themenfeldern direkte Demokratie, Reform der Kammern und Kassen sowie bei symbolträchtigen Maßnahmen wie dem Rauchverbot liegen Türkis und Blau noch weit auseinander.

Zudem sind fast alle Budgetfragen noch offen.

Verhandler ausgebootet

Brisant: Heikle Dinge durften von den Fachgruppen gar nicht thematisiert werden und wanderten nun zum Unmut mancher Unterhändler unbearbeitet an die Chefs. So auch beim Thema direkte Demokratie: Dieser koalitionäre Knackpunkt wurde von der dafür eigentlich zuständigen Fachgruppe bis zum Schluss kein einziges Mal besprochen, erklärt ein Verhandler. Die Einigung der Steuerungsgruppe könnte nun ein Stufenplan von mehreren Jahren sein – an dessen Ende es zu dem von den Freiheitlichen vehement eingeforderten Volksabstimmungs-Automatismus kommen könnte.

Bevor man einen solchen also einführt, soll eine "Light"-Variante mit gestärkten Volksbegehren kommen.

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