Strasser-Prozess: „Zeugin wurde beeinflusst“

APA10601200-2 - 11122012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - (v.l.) Der Angeklagte Ernst Strasser und Anwalt Thomas Kralik zu Beginn des Prozesstages am Dienstag, 11. Dezember 2012, am Straflandesgericht Wien. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirft dem 56-jährigen Grieskirchner Bestechlichkeit vor. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Fortsetzung im Prozess gegen Ernst Strasser: Die Anklägerin äußert den Verdacht, eine frühere Mitarbeiterin Strassers könnte zur falschen Zeugenaussage angestiftet worden sein.

Bevor Ernst Strasser seinem Richter Georg Olschak „schöne Weihnachten, Herr Rat“ wünschen konnte, stellte die Anklägerin noch einen schwerwiegenden Verdacht in den Raum: Zeugenbeeinflussung. Oberstaatsanwältin Alexandra Maruna will eine Zeugin ein zweites Mal vernehmen, um sie der falschen Beweisaussage zu überführen. Damit könnte sie die Verantwortung des wegen Bestechlichkeit Angeklagten endgültig aus den Angeln heben: Er habe hinter den als Lobbyisten getarnten englischen Undercover-Journalisten einen Geheimdienst vermutet und die Hintermänner aufdecken wollen.

Es geht um Strassers ehemalige Assistentin im EU-Parlament, Daniela K. Die 31-Jährige hatte im Ermittlungsverfahren ursprünglich angegeben, ihr Chef habe erst nach seinem Rücktritt erstmals den Geheimdienst-Verdacht kundgetan: „ Jetzt wissen wir, wer dahintersteckt.“

Abgehört

Zwei Monate später gab sie auf einmal zu Protokoll, Strasser habe schon zur Zeit der Treffen mit den Journalisten der Sunday-Times (die ihn der Korruption überführen wollten) angedeutet, da sei etwas faul. Am 5. Prozesstag legte sie im Zeugenstand noch nach: Strasser habe ihr im Herbst 2010 einen Zettel auf den Tisch gelegt. Darauf soll er gekritzelt haben: „Wir werden abgehört.“

Prozessbeobachter wunderten sich, dass Daniela K. von der Oberstaatsanwältin nicht gleich in die Mangel genommen wurde. Inzwischen hat Maruna offenbar einen Hinweis bekommen, dass die geänderte Aussage „nicht unbeeinflusst abgegeben worden ist“ und „die Zeugin nicht die Wahrheit gesagt hat“. Richter Olschak dürfte einen ähnlichen Verdacht hegen, er zitiert Daniela K. für 11. Jänner 2013 noch einmal in den Zeugenstand.

Für diesen Termin hat Olschak das Urteil geplant, doch ist mit einem sehr langen Verhandlungstag zu rechnen. Ob die beiden Journalisten via Video-Konferenz zwischen Wiener Landesgericht und London als Zeugen aussagen, „steht in den Sternen bzw. in der Sunday Times“ (Olschak).

Geladen ist auch noch Strassers Lebensgefährtin, die im Frühjahr 2010 und damit lange vor dem ersten Treffen mit den Journalisten von zwei Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung vor geheimdienstlichen Aktivitäten (der Russen) gewarnt worden sein soll. Strasser: „Sie ist von den Socken gewesen.“ Verteidiger Thomas Kralik will auch diese Beamten als Zeugen hören.

Der Angeklagte setzte am Dienstag auf seine Agentenparodie noch eines darauf und bemühte den französischen Geheimdienst.

Richter: „Wieso spielen die Franzosen jetzt auch noch mit?“

Strasser erklärte, der französische Geheimdienst habe ihm mitgeteilt, dass die USA die EU in eine bestimmte Richtung drängen wollen.

Rücktritt

Vor der Prozesspause stand noch Strassers infolge einer Spesen-Affäre als EU-Abgeordnete ebenfalls zurückgetretene ÖVP-Fraktionskollegin Helga Ranner auf dem Zeugenprogramm. Strassers Büro hatte in ihrem Büro Informationen bezüglich der Anlegerschutz-Richtlinie eingeholt, die Strassers Auftraggeber gern auf ihre Interessen zurechtgeschnitten gehabt hätten. Ranner sagte (und schadete dem Angeklagten mit dieser Aussage nicht), sie habe davon erst nach Auffliegen der Korruptionsaffäre erfahren. Bei den „unfassbar vielen Anfragen aus dem Publikum“ müsse diese untergegangen sein.

Ranners Assistentin hatte Strassers Anfrage in Alleinregie beantwortet, wie sie als Zeugin erklärte. Wenn so etwas vom (damaligen) Delegationsleiter komme, müsse man „schon Bereitschaft zeigen“. Da lächelte Strasser.

© BULLS PRESS / NI / SUNDAY TIMES

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