Strasser fordert neue Ermittlungen

Strasser fordert neue Ermittlungen
Kurz vor seinem Prozess versucht Ex-Minister Strasser noch offensiv zu werden.

Und dann sprach er doch. Über Wochen bekamen Journalisten, die bei Ernst Strasser für ein Interview anfragten, bloß eine gleichlautende Antwort: „Sie sind herzlich eingeladen, sich an meinen Anwalt zu wenden.“ Wir reden erst beim Prozess, so lautete die Botschaft.
Am Mittwoch brach der Ex-Minister dann doch sein Schweigen – ein wenig zumindest: Gegenüber der Austria Presse Agentur ventilierte der Lobbyist und vormalige Chef der ÖVP-Delegation im EU-Parlament, er werde weitere Ermittlungen gegen jene Journalisten beantragen, die ihn im Vorjahr mittels Videofalle vorführten.

Immerhin hat er den beiden investigativen Journalisten der Sunday Times den Prozess zu „verdanken“; und immerhin sei, so Strasser, vieles von dem, was die „Murdoch-Leute“ ins Internet gestellt hätten, einfach „fälschlich und sinnwidrig zusammengefasst“. Ob das Gericht dieser Argumentation folgt, wird sich weisen. Faktum bleibt: Am Montag beginnt im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Landesgerichtes der seit Jahren wohl spannendste Korruptionsprozess gegen einen Spitzen-Politiker. Mit Ernst Strasser steht nicht nur einer der wichtigsten Minister der schwarz-blauen Regierung, sondern auch ein früherer EU-Parlamentarier vor dem Kadi – kein Wunder, dass BBC und CNN sowie renommierte Print-Medien wie die New York Times vor Wochen bei Gericht deponierten, berichten zu wollen.

Getarnte Lobbyisten

Für die Korruptionsstaatsanwaltschaft ist die Sache klar: Ernst Strasser hat – wie Videos dokumentieren – Ende 2010 gegenüber zwei als Lobbyisten getarnten Journalisten angeboten, für 100.000 Euro Anträge und Gesetze im EU-Parlament einzubringen. Strasser habe das Verbrechen der Bestechlichkeit begangen. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.
Der Ex-Minister verteidigt sich damit, er habe die Journalisten für Geheimdienst-Mitarbeiter gehalten und nur ihre
Hintermänner ausfindig machen wollen.
Hinter seiner gestern wiederholten Klagsdrohung gegen die beiden Briten dürfte freilich ein anderes Kalkül stecken: Erfahren diese, dass Wien gegen sie ermittelt, könnten sie sich den Besuch in Österreich überlegen – und damit als wichtigste Belastungszeugen ausfallen.

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