Kurz ruft jetzt das Kanzlerduell gegen Strache aus

Strache, Kurz: Regierungspakt rückt näher
Ein aggressiver Kanzler Kern verliert sein erstes Duell gegen Sebastian Kurz. Jetzt sieht der ÖVP-Chef die Chancen für Strache steigen. „Ihr Wahlkampf läuft toll. Einer von uns beiden wird als Erster durchs Ziel gehen“, sagt Kurz auf Puls 4 zum FPÖ-Chef. Die beiden Duelle in der KURIER-Analyse.

Das Geschenk von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache für Sebastian Kurz führt mitten ins Thema Nummer 1: Strache bringt ein Cluedo, ein Detektivspiel, das Kurz mit Kern spielen soll, um die Kriminalfälle im laufenden Wahlkampf aufzuklären.

Das Geschenk von Kurz an Strache ist symptomatisch für das zweite Duell, es verläuft freundlicher als Kern gegen Kurz. Der ÖVP-Chef hat Spielzeug für Straches Hund – passend in FPÖ-Blau – mitgebracht.

Hauptverantwortung

Strache hält fest, "die Hauptverantwortung für das Dirty Campaigning liegt bei der SPÖ und Herrn Kern." Aber im Team um Silberstein gebe es Ex-ÖVPler, und die seien auch nicht zimperlich.

Kurz kontert, Peter Puller sei gerade wegen dessen ÖVP-Vergangenheit ausgewählt worden, weil er so besser in Kurz’ Umfeld recherchieren konnte. Strache über die SPÖ: "Wer nach Jauche gräbt, stinkt am Ende danach." Die SPÖ habe gegenüber Journalisten kolportiert, die Facebook-Seiten mit antisemitischen Inhalten kämen aus der FPÖ.

Beim Thema Antisemitismus anerkennt Kurz, dass Strache sich bemüht, "die FPÖ zu ändern". Aber: "Immer wieder kommen braune Flecken in der FPÖ auf. Das ist Ihre Verantwortung, das abzustellen." Strache kontert, er lebe diese Verantwortung. Aber VP-Funktionäre, die im ÖH-Wahlkampf mit antisemitischen Aussagen aufgefallen sind, seien immer noch in Funktion.

Kurz fordert Pro-EU

Thema Europa. Strache sagt, die FPÖ sei pro Europa, aber kritisch gegenüber mehr Zentralismus. Er will einerseits mehr Subsidiarität, aber bei der Wirtschaftsunion "klare Aufgaben, die die EU zu meistern hat". Kurz gibt sich nicht zufrieden. Der bevorstehende Ratsvorsitz Österreichs sei "eine unglaubliche Verantwortung". Europa dürfe nicht zerfallen und müsse in die richtige Richtung weiter entwickelt werden. Kurz: "Sie haben Partner in Europa, die die EU zerstören wollen. Sie setzen auf problematische Figuren."

Beim Thema Migration und Integration geht es hauptsächlich darum, dass Strache Kurz vorwirft, zwar die FPÖ-Forderungen zu übernehmen, aber nichts umzusetzen. Kurz entgegnet mit den üblichen Routenschließungen. Beim Thema Koalitionen kommt Kurz nochmals auf die EU zurück: Die nächste Regierung müsse "klar pro-europäisch" sein. Und er schenkt Strache ein Buch über den großen Europäer Alois Mock.

Moderatorin Corinna Milborn bekommt vom FPÖ-Chef zum Abschluss der Puls 4-Duelle einen Blumenstrauß: "Sie haben es sich verdient."

Medientrainer Gerald Groß fasst zusammen: "Da war sehr viel Harmonie in dieser Diskussion." Strache lieferte Pflicht-Attacken ab, die bei Kurz ins Leere liefen. Kurz ließ Angriffe abprallen, indem er sagte, dass man sich in vielem einig sei.

Manchmal hatte man den Eindruck, dass die beiden sich geradezu überwinden müssen, einander zu kritisieren. Groß: "Man merkt, dass da zwei mögliche Partner miteinander diskutiert haben. Kurz sagte Strache, wie toll dessen Wahlkampf laufe und rief das Kanzler-Duell zwischen Blau und Schwarz aus." Tatsächlich sagte Kurz an einer Stelle: "Einer von uns zwei wird als Erster über die Ziellinie gehen."

Sieg für Strache

Laut OGM-Umfrage siegte Strache in der Migrationsfrage mit 60 % zu 24 % deutlich über Kurz. Bei Steuern & Wirtschaft lag Kurz mit 34 % zu 40 % hinter Strache. Auch bei der Frage, wer insgesamt überzeugender war, siegte Strache mit 43 % zu 36 % gegen Kurz. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer erklärte das damit, dass die SPÖ-Anhänger Strache gegenüber Kurz bevorzugen.

Symbolhaft war die Geschenkübergabe am Beginn des ersten Duells von SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern und Sebastian Kurz. Der ÖVP-Chef und Außenminister brachte ein gebrauchtes Buch von J. F. Kennedy mit. Kurz wollte mit dem Geschenk und mit dem Kennedy-Zitat "Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst!" den SPÖ-Wahlslogan "Hol’ Dir, was Dir zusteht" karikieren. Kern gab seinem Herausforderer einen Gutschein für ein Candle-Light-Dinner "mit seiner Frau". "Mit diesem Geschenk positioniert sich Kurz als Kennedy Österreichs", interpretiert Medientrainer Gerald Groß die Gabe.

Die hitzige Debatte Sonntagabend auf Puls 4 begann mit gegenseitigen Anschuldigungen in der Causa Tal Silberstein. Kurz warf Kern "strukturiertes Dirty Campaigning auf Weltniveau" vor und verlangte ein neues Gesetz gegen unlautere Methoden im Wahlkampf. Kurz sprach auch von "Unwahrheiten", die Kern ihm gegenüber über Tal Silberstein im Sommer gesagt habe (Silberstein habe nur Meinungsumfragen gemacht).Kern hielt seinem Herausforderer vor, dass ein ÖVP-Blogger ("politischer Auftragstäter") gegen seine Ehefrau Eveline Steinberger-Kern schreibe. Der SPÖ-Chef kritisierte auch die schwarze "Obstruktionspolitik" seit Monaten gegen die Regierung. Gestritten haben beide auch über Paul Puller, der an den Facebook-Seiten für Silberstein gearbeitet hatte.

Nach gut 20 Minuten kamen Kern und Kurz kam es dann zu einem inhaltlichen Schlagabtausch über Migration. Wer hat den Flüchtlingsstrom eingedämmt, war die Frage. Kurz kritisierte die Zickzack-Linie des Kanzlers bei Migration. "Sie produzieren Schlagzeilen, wir (die Staats- und Regierungschefs, Anm.) sind an Lösungen interessiert", konterte er. Thema war auch die Aussage von Kurz, die Westbalkanroute geschlossen zu haben. "Das war Bundeskanzlerin Merkel und der Türkei-Deal", antwortete Kern. Streit gab es auch bei der Frage Kontrolle von Moscheen und islamischen Kindergärten. Kurz verlangte mehr Kontrolle durch das Kultusamt. Kern meinte, der Integrationsminister komme seiner Aufgabe nicht entsprechend nach. Der ÖVP-Minister beschwerte sich, dass ihn SPÖ-Politiker an seiner Arbeit blockieren.

Gefragt nach den Großspendern an die ÖVP antwortet Kern, dass diese davon mit fünf Millionen Euro pro Jahr profitieren würden. 40.000 alleinstehenden Frauen sollte laut SPÖ der Staat den Unterhalt garantieren, die ÖVP lehne dies ab. "Pierers gehen mit einem dicken Scheck nach Hause", sagte Kern. Konter von Kurz: "Herr Kern, sie positionieren mich als Politiker für die Reichen. Sie werden mich nicht in dieses Eck drängen können." Kurz warf ihm dann vor, dass in seiner Zeit bei der ÖBB die Managergehälter um 40 Prozent gestiegen seien, die der Mitarbeiter nur um rund 14 %.Kern drängte dann darauf, über Digitalisierung, Globalisierung und Klimapolitik zu reden. 200.000 zusätzliche Jobs versprach er mit seinem Plan A. Er kündigte auch mehr Unterstützung für die Forschung an.

Das Resümee von Medientrainer Groß: "Es war wie ein harter Schlagabtausch, wie ein Boxkampf. Kurz siegte nach Punkten. Der Amtsinhaber war der Herausforderer, Kern musste ständig attackieren. Er brauchte viel Energie, um die Aussagen von Kurz zu widerlegen. Der ÖVP-Chef schaffte es, das eigene Programm aktiv einzubringen. Kurz wirkte souverän."Eine Blitzumfrage von OGM ergab einen leichten Vorteil für Kern bei Steuern und Wirtschaft. Jungwählern und Pensionisten gefiel Kurz besser als Kern. Dazu OGM-Chef Wolfgang Bachmayer: "Es gab ein klares Ergebnis für Sebastian Kurz. Der Bundeskanzler wirkte genervt."

Von Margareta Kopeinig

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Christian Kern

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