Strache erneut gegen "Vorstadtweiber" abgeblitzt

Die beanstandete Passage war nur in den Untertiteln für Hörgeschädigte zu lesen.
FPÖ-Chef Strache sah sich in der ORF-Serie "Vorstadtweiber" als homosexuell bezeichnet. Der Verwaltungsgerichtshof sah dies so wie andere Instanzen als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Beschwerde von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegen einen Dialog aus der ORF-Serie "Vorstadtweiber" abgewiesen. Strache war in Revision gegangen, weil er sich in einer Passage der ORF-Serie "Vorstadtweiber" als homosexuell bezeichnet sah. Das Gericht kam nun laut einem Bericht des Standard zum Schluss, dass eine solche Behauptung gar nicht aufgestellt wurde.

Folgende Dialogpassage in der untertitelten Version für Hörbehinderte hatte Mitte Februar für Aufregung gesorgt: "In Deutschland der Westerwelle oder dieser Berliner Bürgermeister. Oder bei uns der Strache. Die sind doch alle schwul und stehen dazu. - Der Strache? - Nein, den mein ich gar nicht. Der Kärntner da. - Da kommen einige in Frage." Obwohl dieser Dialog schon vor der Ausstrahlung entfernt worden war, und nur noch in den Untertiteln erhalten blieb, liefen die Freiheitlichen gegen die "Vorstadtweiber" Sturm und warfen dem ORF damals eine "Vorwahl-Diffamierungskampagne" gegen die FPÖ vor. Mit ihrer Beschwerde bei der Medienbehörde KommAustria waren die Blauen ebenso abgeblitzt wie beim Bundesverwaltungsgericht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Revision von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu einem Dialog in der ORF-Serie "Vorstadtweiber" als "unbegründet" abgewiesen. In dem Dialog fiel Straches Name im Zusammenhang mit homosexuellen Politikern – Strache wurde aber gleich im nächsten Satz als "nicht gemeint" bezeichnet. Ein Sprecher des Verwaltungsgerichtshofs bestätigt am Mittwoch auf Anfrage die STANDARD-Infos über diese Entscheidung. Freiheit der Kunst Das Höchstgericht grundsätzlich in seiner Entscheidung über Straches Revision: Fernsehserien, die frei erfundene Handlungen erzählten, seien "wie Kinospielfilme, Fernsehfilme und Sendungen der leichten Unterhaltung das Produkt künstlerischen Schaffens und damit vollumfänglich von der in Art 17a Staatsgrundgesetz verankerten Kunstfreiheit sowie der in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Freiheit der künstlerischen Äußerung geschützt". "Überschreitet nicht den zulässigen Rahmen" In der sehr ausführlich begründeten Entscheidung des Höchstgerichts heißt es wörtlich: "Aus dem satirischen Charakter der Fernsehserie und dem ironisch angelegten Dialog, in der die in Beschwerde gezogene Passage gezeigt wurde, ergibt sich, dass dieser nicht darauf abzielte, wahre Einzelheiten aus dem Privatleben des Revisionswerbers anzusprechen, sondern auf die Person des Revisionswerbers nur wegen ihrer öffentlichen Stellung als bekannter österreichischer Politiker Bezug genommen wurde. Die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit offen gelebter Homosexualität (ein Faktum, das der Öffentlichkeit als klar unrichtig bekannt ist) mag unter Berücksichtigung seiner politischen Positionen als bewusst provokant verstanden werden, sie überschreitet aber nicht den zulässigen Rahmen von satirischer Auseinandersetzung mit einer Person des öffentlichen Lebens." Damit könne Strache auch nicht gegen die Nennung seines Namens oder den Bezug zu ihm vorgehen, entschieden die Höchstrichter. "Keine unangemessenen Formulierungen" In diesem Fall sehen die Verwaltungsrichter "auch keine polemische oder unangemessene Formulierung gegeben, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Verletzung des ORF-Gesetzes unzulässig wäre." Das wären Formulierungen, "die eine sachliche Auseinandersetzung vermissen lassen und in denen es erkennbar darum geht, jemanden bloß zu stellen, beziehungsweise um Aussagen oder Formulierungen eines Beitrags, die eine hervorstechende oder den Gesamtzusammenhang in den Hintergrund drängende Wirkung entfalten, sodass beim Durchschnittsbetrachter unweigerlich ein verzerrter Eindruck entsteht". Die Entscheidung verweist darauf, dass in dem Dialog derselbe Darsteller "bereits in der übernächsten Dialogzeile ausdrücklich widerruft", er meine Strache. "Wortlaut und Abfolge des Dialogs in ihrer Gesamtheit lassen keinen Zweifel daran offen, dass sich die Behauptung einer offen gelebten homosexuellen Lebensweise gerade nicht auf den Revisionswerber, sondern auf einen nicht näher genannten aus dem Land Y (bzw andere Personen in dem Land Y) bezieht." Weder Verdacht noch Vermutung Die Höchstrichter: "Nach dem für einen Durchschnittsbetrachter zu gewinnenden Gesamteindruck kann weder der Verdacht noch die Vermutung der (offen gelebten) Homosexualität des Revisionswerbers übrigbleiben." - derstandard.at/2000048532020/Schwule-Politiker-in-Vorstadtweibern-Strache-blitzt-mit-Klage-ab

Provokant, aber zulässig

Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte dem Standard nun seine Entscheidung, auch die Revision abzuweisen. In der Entscheidung heißt es laut dem Bericht: "Aus dem satirischen Charakter der Fernsehserie und dem ironisch angelegten Dialog, in der die in Beschwerde gezogene Passage gezeigt wurde, ergibt sich, dass dieser nicht darauf abzielte, wahre Einzelheiten aus dem Privatleben des Revisionswerbers anzusprechen, sondern auf die Person des Revisionswerbers nur wegen ihrer öffentlichen Stellung als bekannter österreichischer Politiker Bezug genommen wurde. Die Nennung seines Namens im Zusammenhang mit offen gelebter Homosexualität (ein Faktum, das der Öffentlichkeit als klar unrichtig bekannt ist) mag unter Berücksichtigung seiner politischen Positionen als bewusst provokant verstanden werden, sie überschreitet aber nicht den zulässigen Rahmen von satirischer Auseinandersetzung mit einer Person des öffentlichen Lebens."

Die Höchstricher verweisen darauf, dass in dem Dialog bereits in der übernächsten Dialogzeile ausdrücklich widerrufen werde, dass Strache gemeint sei. "Nach dem für einen Durchschnittsbetrachter zu gewinnenden Gesamteindruck kann weder der Verdacht noch die Vermutung der (offen gelebten) Homosexualität des Revisionswerbers übrigbleiben."

Der "Vorstadtweiber"-Dialog im Bild

Strache erneut gegen "Vorstadtweiber" abgeblitzt

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Strache erneut gegen "Vorstadtweiber" abgeblitzt

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Strache erneut gegen "Vorstadtweiber" abgeblitzt

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Strache erneut gegen "Vorstadtweiber" abgeblitzt

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Bereits 2015 abgeblitzt

Die KommAustria kam im vergangenen April ebenfalls zu einem recht eindeutigen Ergebnis: "Wortlaut und Abfolge des Dialogs lassen in ihrer Gesamtheit keinerlei Zweifel daran offen, dass sich die Behauptung einer möglichen homosexuellen Lebensweise gerade nicht auf den Beschwerdeführer bezieht, sondern auf einen - nicht näher bezeichneten - Kärntner."

Die Behauptung, dass Strache selbst homosexuell sei, lasse sich dem "Vorstadtweiber"-Dialog nur bei isolierter Betrachtung eines einzelnen und zugleich aus dem unmittelbar folgenden Zusammenhang gerissenen Satzes unterstellen, was aber laut KommAustria "nicht Maßstab der Beurteilung sein kann". Straches Kritik scheitere damit schon auf der Ebene des Sachverhalts. Die Medienbehörde hatte die Beschwerde deshalb als offensichtlich unbegründet ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen. Der FPÖ-Obmann hatte auch mit seiner Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg. Schließlich ging Strache in Revision beim Verwaltungsgerichtshof, der diese nun ebenfalls abschlägig beurteilte.

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