Steuerreform: SPÖ dementiert interne Diskrepanzen

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Bundeskanzler Werner Faymann während des Pressefoyers nach einer Sitzung des Ministerrates in Wien
Am Dienstag wurde das Expertenpapier zum Thema Steuerreform übergeben. SPÖ geriet im Vorfeld in Erklärungsnot.

Die Steuerreform-Expertenkommission hat am Dienstag am Rande des Ministerrats ihren Endbericht an die Regierung übergeben (hier die Vollversion) - er soll als Arbeitsgrundlage für die Koalitions-Verhandlungen dienen. Bei den Beratungen, die am Mittwoch beginnen, wird es defintiv einige Streitpunkte geben - zuvor wird aber noch innerhalb der Sozialdemokratie darüber debattiert: Die SPÖ musste nämlich mehrfach dementieren, dass sie intern uneins über Vermögenssteuern sei.

Dass es Brösel wegen unterschiedlicher Vorstellungen bei SPÖ und ÖGB gebe, war in der ORF-Sendung Im Zentrum am Sonntagabend aufgekommen. Während die SP bekanntlich Vermögen und Erbschaften recht hoch besteuern will, setzt der ÖGB auf eine "sanftere" Variante (mehr dazu hier). Sowohl Bundeskanzler und SP-Chef Werner Faymann als auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder, AK-Direktor Werner Muhm und Staatssekretärin Sonja Steßl wollten aber keinerlei Diskrepanz erkennen.

Harmoniebestreben bei SPÖ

Schieder etwa verwies darauf, dass ÖGB und SPÖ bei der Erbschaftssteuer schon lange "Unterschiede in den Modellen" gehabt hätten: "Das ist seit einem Jahr vollkommen bekannt." Und ÖGB-Präsident Erich Foglar habe das SPÖ-Steuermodell mitbeschlossen, unterstrich der Klubobmann. Die SPÖ wiederum habe sich dazu bekannt, das "Entlastungsmodell" des ÖGB zu übernehmen und ihre eigenen Vermögensbesteuerungs-Ideen weiterzuverfolgen.

Ähnlich die frühere Finanz- und jetzige Kanzleramtsstaatssekretärin Sonja Steßl: Im ÖGB-Modell habe es keine Details zur Gegenfinanzierung gegeben und es sei "längstens bekannt", dass der ÖGB andere Freibeträge u.ä. vertrete. "Ich sehe da keine Uneinigkeit", hielt sie fest, auch die Verhandlungsposition der SPÖ für die am Mittwoch startenden politischen Gespräche sei nicht geschwächt. Faymann selbst meinte, entscheidend sei, auf welches Modell sich letztendlich die Regierung einigen werde, und "dass man die Steuerreform zustandebringt, die Finanzierung zustandebringt und Österreich ein Stück gerechter wird".

Auch ÖGB-Präsident Foglar hat Diskrepanzen zurückgewiesen. Er bestätigte auf APA-Anfrage zwar, dass der ÖGB ein anderes Erbschaftssteuer-Modell als die Partei beschlossen habe. Deshalb Gewerkschaft und SPÖ gegeneinander ausspielen zu wollen sei aber "Unsinn".

Jetzt wird verhandelt

Über die Frage, ob die Experten denn nun eine Streichung der steuerlichen Überstundenbegünstigung empfohlen habe oder nicht, wurde am Dienstag jedenfalls sinniert. Tut sie nicht, ist jedenfalls die Lesart der SPÖ. Muhm etwa wollte solch eine Empfehlung nicht aus dem Papier herauslesen. Man werde über die verschiedenen Positionen diskutieren. Überhaupt gibt es nach seiner Darstellung noch jede Menge Verhandlungsstoff, denn in der Kommission, in der er Mitglied war, habe man sich mit den ÖVP-Vertretern allenfalls auch die Abschaffung von Dienstwagen-Privilegien einigen können.

Aber für die politischen Verhandlungen sei nun auch die Zeit gekommen. Faymann meinte nur: "Wenn man am Beginn einer Verhandlung steht, dann gibt's halt nur eine geringe Schnittmenge, weil sonst wären wir ja schon fertig. Die Auseinandersetzung ist bis März zu führen." Finanzminister Hans Jörg Schelling dankte der Kommission "herzlich" für ihre Arbeit. Man werde nun alle Vorschläge analysieren und in die politische Steuerungsgruppe einbringen. Einzelvorschläge wollte er nicht kommentieren.

Und auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von der ÖVP lobte die Arbeit der Kommission, denn "damit haben wir Entscheidungsmaterial", und das sei wichtig und positiv. Mit einem leichten Job in Sachen Steuern rechnet er für die kommenden Monate wohl nicht, denn: Er orte "eine gewisse Reformdistanz" bei den Österreichern. Kaum liege ein Vorschlag, noch nicht einmal ausformuliert, auf dem Tisch, schon gäbe es Protest. Viele hätten den Eindruck, eine Steuerreform "ist eine Geschenkverteilung", doch so einfach sei die Sache nun einmal nicht.

Wie sich die ÖVP die Finanzierung der Steuerreform konkret vorstellt, bleibt nach Vorlage des Expertenberichts unklar. Zwar hat die Partei in ihrem Steuerreformkonzept eine Milliarde Euro durch Betrugsbekämpfung und 900 Millionen Euro durch Vereinfachungen im Steuerrecht angekündigt. Konkrete Maßnahmen listet der Expertenbericht nicht auf. Sowohl die SPÖ als auch die ÖVP haben angekündigt, eine Milliarde Euro durch die Bekämpfung von Steuerbetrug hereinbringen zu wollen. Die SPÖ hat ihre diesbezüglichen Pläne im Expertenbericht detailliert ausgeführt (gegen Manipulation gesicherte Registrierkassen, Belegpflicht bei allen Transaktionen). Die ÖVP-Experten lehnten die Maßnahmen lediglich ab, eigene Vorschläge legten sie nicht vor.

Die ÖVP will außerdem in ihrem Reformkonzept 900 Millionen Euro durch "Vereinfachung Steuerrecht", die SPÖ 825 Millionen Euro. Während die SPÖ konkrete Streichposten nennt - 400 Millionen Euro sollen durch Streichung der Mehrwertsteuer-Begünstigung v.a. in der Landwirtschaft hereinkommen - fehlen Vorschläge der ÖVP-Seite.

Unklar ist auch, welche konkreten Maßnahmen der ÖVP im Familienbereich und zur Wirtschaftsförderung vorschweben: Das Steuerreformkonzept der Partei sieht dafür 400 bzw. 800 Millionen Euro vor. Im Expertenbericht finden sich dagegen Maßnahmen von 1,1 bzw. 2,0 Milliarden Euro.

ÖVP-Chefverhandler Andreas Zakostelsky begründete das Fehlen konkreter Vorschläge im Ö1-Mittagsjournal damit, dass man sich nicht detailliert öffentlich festlegen wollte, weil damit eine politische Einigung erschwert würde. Auch im Finanzministerium heißt es dazu, dass das Fehlen dieser Maßnahmen im Bericht der Expertengruppe durchaus gewollt war.

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