Steuerreform: Leser fragen, der KURIER antwortet

Steuerreform: Leser fragen, der KURIER antwortet
Wo entlastet, wo belastet mich die Steuerreform? Das Milliarden-Paket im Faktencheck.

Nach einem Aufruf an seine Leser über kurier.at und Dutzenden Anrufen und Zuschriften beantwortet der KURIER die drängendsten Fragen zur Steuerreform. Fachliche Unterstützung erhielten wir vom Bundeskanzleramt und von Steuerberater Reinhard Rindler, Partner in der Großkanzlei BDO Austria.

Gilt die Entlastung auch für Pensionisten? Was ist mit den ganz kleinen Pensionen?

Die Lohnsteuersenkung gilt selbstverständlich auch für Pensionisten. Sie kann sogar in manchen Fällen z. B. bei 3000 Bruttobezug im Monat (1441 pro Jahr Entlastung) netto mehr sein als bei einem Arbeitnehmer (1318 Euro). Das liegt an den unterschiedlichen Sozialversicherungsbeiträgen.

Bei Pensionen bis ca. 1000 Euro brutto im Monat gibt es erstmalig eine Sozialversicherungsgutschrift von 110 Euro im Jahr. Bei Arbeitnehmern, die so wenig verdienen, dass sie keine Steuer zahlen, beträgt die Gutschrift 50 Prozent der SV-Beiträge oder maximal 400 Euro im Jahr.

Die Immobilienertragsteuer wird auf 30 Prozent erhöht. Gilt das generell, gibt es hier Ausnahmen?

Der Steuersatz steigt von 25 auf 30 Prozent. Betroffen sind aber nur Zweit- und Drittwohnsitze. Für Alt-Immobilien (Anschaffung vor 1988) gab es bisher eine Sonderregelung, die beibehalten werden dürfte: Der (durchgerechnete) Steuersatz steigt hier von 3,5 auf (voraussichtlich) 4,2 Prozent.

Die Berechnung der Grunderwerbsteuer wird auf Verkehrswerte umgestellt. Wer bestimmt, welchen Verkehrswert das Einfamilienhaus, die Wohnung hat?

Es soll keine Pflicht geben, einen Gutachter beschäftigen zu müssen. Das würde ca. 2000 Euro zusätzlich kosten. Die Regierung denkt jetzt daran, eine Pauschalermittlung vorzunehmen, etwa anhand eines zentralen Immobilienpreisspiegels, an dem man sich orientieren kann.

Der Tourismus fürchtet um die weitere Existenz von Betrieben, weil es hier beim Vererben von großen Hotels auch um enorme Steuerlasten geht. Wie sieht das in der Praxis aus?

Bei einem Großhotel mit einem Verkehrswert von z.B. 15 Millionen Euro würde die neue Grunderwerbsteuer 515.250 Euro ausmachen. Überlegt wird, ob Touristiker eventuelle Schulden auf dieses Hotel gegenrechnen können. Dann würden aber alle anderen Branchen – und Private – aufschreien und solch eine Nettobetrachtung (Wert der Immobilie minus Schulden) ebenfalls wollen.

Wie rechnet man sich die höhere Grunderwerbsteuer eigentlich aus, etwa bei einem Haus um 500.000 Euro?

Es gilt ein gestaffelter Tarif, man muss die einzelnen Stufen zusammenrechnen:

0,5 Prozent bis 250.0002,0 Prozent bis 400.000

3,5 Prozent darüberDas bedeutet: 1250 Euro für die ersten 250.000 Euro (0,5 %), plus 3000 Euro Steuer für die nächsten 150.000 (2 %) und 3500 Euro für den Betrag über 400.000. Macht in Summe: 7750. Zum Vergleich: Die bisherige Steuerlast lag bei zwei Prozent vom dreifachen Einheitswert, also meist weit darunter.

Wen trifft die Registrierkassenpflicht? Auch Mini-Restaurants oder gemeinnützige Vereine, die eine Kantine auf dem Sportplatz betreiben?

Die Registrierkassenpflicht gilt für Betriebe mit überwiegenden Barumsätzen jenseits der 15.000 Euro netto im Jahr. Gemeint ist der Handel und die Gastronomie, aber auch Privatärzte sind betroffen. Ausnahmen sind:

"Kalte Hand"-Regelz. B. Maronibrater, aber nur bis zu einem Jahresumsatz von 30.000 Euro

Mobile Dienste z. B. Masseure, Hebammen, Tierärzte

Hilfsbetriebe von gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Vereinen ("kleine Vereinsfeste")Sie zeichnen weiterhin mit Kassensturz auf. (Spezialfall: Bordelle/Saunaclubs/Laufhäuser fallen unter die Registrierkassenpflicht, der Straßenstrich wohl unter die "Kalte Hand"-Regelung.)

Welche Versicherungen können nicht mehr als Sonderausgaben geltend gemacht werden? Ab wann?

Private Kranken-, Unfall, Pensions- und Lebensversicherungen können künftig nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden, Alt-Verträge schon, aber nach dem 1. 1. 2016 nur noch fünf Jahre lang, danach nicht mehr. Auch Zusatzkosten für Wohnraumbeschaffung/-sanierung können ab 2016 nicht mehr geltend gemacht werden (z. B. Kreditraten).

Wie ändert sich die Besteuerung von Dienstwägen?

Jetzt gilt ein Sachbezug von 1,5 Prozent vom Anschaffungswert, der auf 2 % steigt, aber nur ab einem CO2-Ausstoß von 120g/km. Elektroautos sind befreit. Gedeckelt ist das Ganze mit 960 Euro, betroffen sind ca. 150.000 Dienstwagenbesitzer.

Bisher gab es zwei reduzierte Mehrwertsteuersätze, 10 und 12 %. Jetzt kommt ein Satz von 13 Prozent, aber die EU erlaubt doch nur zwei begünstigte Steuersätze, oder?

Der 12-Prozent-Satz galt als Spezialfall für den Ab-Hof-Verkauf für Wein, er steigt – wie für Saatgut, Pflanzen, Bäder, Museen, Theater, Kino etc. – auf 13 Prozent. Auch der Wein aus dem Stift Herzogenburg von Finanzminister Schelling wird teurer. Künftig gibt es nur zehn und 13 Prozent, also zwei begünstigte MwSt-Sätze. Das erlaubt die EU.

Wie viel mehr Sozialversicherung muss man durch die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage zahlen?

Die Höchstbeitragsgrundlage steigt 2016 um 190 Euro auf 4840 Euro. Beispiel: Bei 5000 Euro brutto zahlen Dienstnehmer 34,33 pro Monat mehr, Dienstgeber 41,48 Euro mehr – also eine Lohnnebenkosten-Erhöhung.

Wenn die KESt auf Dividenden auf 27,5 Prozent steigt, was heißt das für die GmbH-Ausschüttung?

Die KESt auf Dividenden, wie auf Zuwendungen von Stiftungen und Ausschüttungen von GmbHs steigt von 25 auf 27,5 %. Das heißt: Das Geschäftsführergehalt wird durch die Steuerreform entlastet, die Ausschüttung der Firma jedoch teurer. Beispiel: Das 6000-Euro-Geschäftsführer-Gehalt wird pro Jahr um exakt 1683 Euro entlastet. Der Gewinn der GmbH beträgt 50.000, abzüglich 25 Prozent KÖSt, beträgt die Mehrbelastung auf die Ausschüttung somit 937,5 Euro.

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