SPÖ-Spitze gibt Rot-Blau für Bundesländer frei

Faymann mischt sich im Burgenland nicht ein: „Eine autonome Entscheidung“
Parteitagsbeschluss wird nicht revidiert, Nein zur Koalition mit FPÖ gilt für den Bund. Die Länder können "im Widerspruch" selbst entscheiden.

Die SPÖ spricht sich klar gegen eine Koalition mit der FPÖ auf allen politischen Ebenen aus."

Dieser Satz aus der Resolution 14.01, die beim Bundesparteitag der SPÖ am 28./29. November 2014 beschlossen worden ist, bleibt formal aufrecht. Allerdings: Die Landesorganisationen können "im Widerspruch" sehr wohl eine Koalition mit der FPÖ eingehen. Dies liege dann in ihrer Verantwortung.

So lautet, zusammen gefasst, das Ergebnis der außerordentlichen Sitzung des SPÖ-Präsidiums, die SPÖ-Chef Werner Faymann am Montagabend einberufen hatte. Faymann sagte nach der Sitzung, einen Parteitagsbeschluss könne nur ein Parteitag revidieren.

Dies hatte schon Julia Herr, eine strikte Rot-Blau-Gegnerin und Vorfrau der Sozialistischen Jugend (SJ), im Vorfeld des Präsidiums festgestellt: "Wenn wer den Beschluss des Parteitages aufheben will, muss es einen außerordentlichen Parteitag geben. Ansonsten geht es statutarisch nicht."

Aus Sicht der Parteiführung ist ein Sonderparteitag ohnedies nicht vonnöten. Faymann zum KURIER: "Die SPÖ ist keine Diktatur, in der der Parteivorsitzende die demokratisch herbeigeführten Entscheidungen von Landesorganisationen ignoriert und diesen von oben Befehle erteilt."

SPÖ-intern gibt man sich zumindest ein bisschen selbstkritisch. Da heißt es: "Man hätte schon früher klären müssen, wie man damit umgeht, dass 88 Prozent der SPÖ-Mitglieder im Burgenland dafür sind, auch mit den Freiheitlichen Koalitionsgespräche zu führen."

"Pragmatische Formel"

Damit es derlei Debatten fortan nicht mehr gibt, wurde am Montag festgelegt, dass die Länder autonom ihre Regierungspartner wählen können. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser sprach von einer "pragmatischen Formel" für den künftigen Umgang mit der FPÖ in den Ländern. Burgenlands Landeschef Hans Niessl erläuterte im Parteipräsidium den Genossen, warum der Pakt mit den Blauen aus seiner Sicht alternativlos war. Die ÖVP habe ihn aus dem Landeschef-Sessel kicken wollen – indem sie eine Kooperation mit der FPÖ und der Liste Burgenland bildet.

Für Wiens Bürgermeister Michael Häupl war das zumindest vor der Sitzung kein Argument. Er hält Niessls Entscheidung "für falsch". "Maximal enttäuscht" gaben sich die Spitzengewerkschafter Wolfgang Katzian und Rainer Wimmer. Die Ex-Nationalratsabgeordnete Sonja Ablinger, seit Längerem Kritikerin der SPÖ-Führung, sagt dem KURIER: "Für mich ist eine Grenze erreicht. Es geht nicht mehr. Ich trete aus der Partei aus." Schon dass Niessl angekündigt habe, mit der Landes-FPÖ über eine Koalition zu verhandeln, habe sie erschüttert. "Dann setzt er sich mit den Blauen just an dem Tag an den Tisch, an dem sich Blaue in Wien-Erdberg vor ein Asylwerberquartier stellen und ankommenden Flüchtlingen Schilder entgegenhalten mit der symbolischen Botschaft ,Schleichts euch!‘. Das war ein Schlag für mich. Der nächste, dass der Pakt mit der FPÖ binnen Tagen geschlossen war." Ebenfalls erbost habe sie Faymanns "zurückhaltende Reaktion": "Die stolze Partei der Entrechteten ist zu einer Partei geworden, die sich nicht geniert, mit den Rechten zu koalieren." (siehe Interview-Langversion)

Der VSStÖ will beim Bundesparteivorstand ein Schiedsgericht beantragen. Dieses solle über Niessls SP-Ausschluss entscheiden.

"Auch im Bund reden"

Etliche Ländervertreter goutieren Niessls Blau-Bund. "Er hat mit 42 Prozent nicht den Auftrag, in Opposition zu gehen", sagt Vorarlbergs SP-Chef Michael Ritsch. In der Steiermark sind ÖGB-Chef Horst Schachner und AK-Chef Josef Pesserl dafür, "mit allen Parteien Gespräche zu führen". Schachner: ,"In der Steiermark haben mehr als 170.000 Menschen blau gewählt. Das sind nicht alle Nazis." Zudem würde die FPÖ gestärkt, wenn man sie als Partner ausschließe. Salzburgs AK-Chef Siegfried Pichler kann "gut mit Rot-Blau im Burgenland leben. Man darf sich nicht in Geiselhaft der ÖVP begeben, muss die Gesprächsbasis mit allen offenhalten." Dass Jung-Sozialisten "auszucken, erschüttert niemanden". Auch im Bund werde man nach der nächsten Wahl nicht umhinkommen, mit der FPÖ zu verhandeln: "Weil keine Partei mehr über 30 Prozent haben wird." Sollte im Bund, regulär, damit 2018, gewählt werden, dürfte Hans Niessl nicht mehr in Landeshauptmann-Diensten sein. Laut KURIER-Informationen könnte er schon ein Jahr davor abdanken.

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