SPÖ rudert zurück: "Eine Strategie hat man, redet aber nicht darüber"

Geht’s nach dem Steirer Schickhofer, dann führt die SPÖ unter Kanzler Kern eine „Gastmitgliedschaft“ ein.
SPÖ-Politiker pfeifen Parteimanager zurück. Steirer wollen statt Koaltitionsansagen "Gastmitglieder".

Georg Niedermühlbichler ist ein offener Mensch, man könnte auch sagen: Er ist zu offen. Denn nachdem der Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokraten kürzlich öffentlich über die Strategie der Bundespartei referiert hatte und verriet, dass man im Idealfall eine Koalition mit Grünen und Neos anpeile und dass die Gewerkschaften eher als "Bremser " wahrgenommen würden, kam er in Erklärungsnot.

Warum macht er das, der Niedermühlbichler?, fragten führende Gewerkschafter und Landesparteichefs wie Burgenlands Hans Niessl. Die Interessenvertreter des ÖGB seien natürlich "Partner" – und im Übrigen sei eine Koalition mit einer "neoliberalen Partei" wie den "Neos" wohl kaum ein Ziel für die Sozialdemokratie.

Gegen alte Dogmatik

Genossen wie Michael Ritsch, Klubobmann der SPÖ im Ländle, haben mit der gewerkschaftskritischen Haltung wenig Freude ("Die Gewerkschaft ist weit weg vom Blockieren"). Und auch das Festlegen einer Wunsch-Regierung ist vielerorts verpönt. Ritsch: "Die alte Dogmatik ,Niemals mit der FPÖ‘ ist einfach überholt." Es hänge allerdings von den Akteuren ab – ein Strache in der Regierung sei unvorstellbar.

Klaus Luger, SPÖ-Bürgermeister in Linz, muss mit einem schwarzen und einem blauen Vize zusammenarbeiten. Er sagt: "Das Arbeitsübereinkommen, das wir mit der FPÖ haben, ist mit Abstand das detaillierteste." Auf kommunaler Ebene gebe es bisweilen hohe Übereinstimmung, nur bei gesellschaftspolitischen Themen lägen man eben Welten auseinander.

Die Grundstimmung vielerorts ist aber: Wozu sich festlegen?

Und genau das sagt auch Michael Schickhofer, Chef der steirischen SPÖ.

Der stellvertretende Landeshauptmann ist gerade dabei, die SPÖ bundesweit neu zu organisieren, am Freitag gab es das erste Treffen in Graz. Für den gebürtigen Oststeirer gibt es auf die Frage, ob man als SPÖ auf Distanz zur Gewerkschaft gehen soll, nur eine Antwort.

"Wer sich an die Steuerreform erinnert, weiß: Die Gewerkschaften sind kein Klotz, sie waren und bleiben Partner und eine Bereicherung für uns", sagt Schickhofer zum KURIER.

Schickhofer will nicht allzu sehr auf die freimütigen Festlegungen von Parteimanager Niedermühlbichler eingehen – das gebieten die Höflichkeit und partei-interne Solidarität.

Eines aber will er dann doch noch loswerden: "Eine Strategie, die hat man, aber man spricht nicht öffentlich darüber."

Und überhaupt seien vorzeitige Koalitionsansagen für die Roten momentan so gar nicht sinnvoll: "Wir müssen als Sozialdemokratie jetzt das klare Signal loswerden, dass wir uns als Bewegung öffnen – und nicht, dass wir weiter zumachen und enger werden."

Mitglied auf Zeit

Diese politische Öffnung will der Steirer mit seinen gestern Abend im kleinen Kreis in Graz präsentierten Ideen erreichen. Die angreifbarste davon ist die: Nach steirischem Vorbild soll es auch bundesweit bald eine SPÖ-Mitgliedschaft auf Zeit geben. "Ich bin sehr für das Modell einer Gastmitgliedschaft", sagt Schickhofer zum KURIER.

Befristet auf ein Jahr, könne man so in die Partei "hineinschnuppern". "Ohne Mitgliedsbeitrag und Bindung", sagt Schickhofer, "aber mit der Möglichkeit, bei bestimmten Themen, die einem am Herzen liegen, mitzuarbeiten."

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