SPÖ-Pflegekonzept: "Langfristige Sicherung und kein Wahlkampfgeschwafel"

Alois Stöger
Finanziert werden soll das Konzept unter anderem durch eine Erbschaftssteuer "für die reichsten zwei Prozent".

Die SPÖ hat ihr Pflege-Konzept für die kommenden Jahre vorgelegt. Kernpunkt ist der Kampf gegen eine drohende "Zwei-Klassen-Pflege". Als ersten Schritt will die SPÖ eine Pflegegeld-Erhöhung für schwerst behinderte Kinder sowie die Übernahme von 50 Prozent der Kostenbeiträge für die mobile Pflege umsetzen. Finanziert werden soll dies u.a. über eine Erbschaftssteuer "für die reichsten zwei Prozent".

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) erklärte in einem Statement gegenüber der APA, das Pflegesystem dürfe nicht "zerstört oder kaputtgespart werden", die Brieftasche nicht über die Qualität der Pflegeleistung entscheiden.

Im Ö1-Morgenjournal fügte Minister Stöger hinzu, dass es sich die betreffenden zwei Prozent "ganz leicht leisten können".

In diesem Zusammenhang warnt die SPÖ vor der von der ÖVP geplanten "Ausgabenbremse" zur Gegenfinanzierung von Steuer-Entlastungen: Eine solche Ausgabenbremse würde bedeuten, dass das Pflegebudget jedes Jahr lediglich um die Inflationsrate steigen würde; dies hätte "fatale Auswirkungen". So hätten beispielsweise im Zeitraum 2013 bis 2016 zusätzlich rund 460 Mio. Euro in der Pflegevorsorge eingespart werden müssen. "Das ist der falsche Weg", heißt es im SPÖ-Papier.

Kein Wahlkampfgeschwafel

Stöger dazu im Morgenjournal: Im Vorschlag von Sebastian Kurz kommt "kürzen" vor, das würde die Personalsituation in den Heimen noch schwieriger machen. "Unser Konzept ist eine langfristige Pflegesicherung und kein Wahlkampfgeschwafel", so Stöger.

Ein klares Nein gibt es von der SPÖ auch zu einer Pflege-Versicherung: "(...) die Sicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit ist Aufgabe des Staates und darf die Menschen nicht zusätzlich belasten".

Eine "nachhaltige und faire Finanzierung" soll durch eine "Überführung der derzeitigen, zerstreuten Finanzierung in einen Pflegegarantiefonds" geschehen. Gespeist werden soll dieser Fonds aus Mitteln des Bundes, der Länder (zu nahezu gleichen Anteilen) sowie aus "Mitteln aus einer (seitens der SPÖ schon länger geforderten, Anm.) gerechten Erbschafts- und Schenkungssteuer" (letztere soll 2018 starten).

Der Freibetrag bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer soll dabei eine Mio. Euro pro Erben betragen; nur jener Betrag, der über einer Mio. liegt, soll besteuert werden (und zwar mit 25 Prozent; über fünf Mio. Euro würde der Satz bei 30 Prozent und über zehn Mio. Euro bei 35 Prozent liegen). Betroffen wären nur die reichsten zwei bis drei Prozent aller Haushalte, heißt es im SPÖ-Konzept. Bringen soll das im ersten Jahr rund 500 Mio. Euro, die für die Pflege zweckgewidmet werden sollen.

Durch die Einnahmen aus dieser angepeilten Steuer will die SPÖ folgende Punkte "unverzüglich" erledigt haben: Pflegebedürftige sollen in Zukunft nur mehr die Hälfte für mobile Leistungen bezahlen - die andere Hälfte der Bund übernehmen. Dadurch soll etwa der Wertverlust des Pflegegeldes (rund 25 Prozent seit dessen Einführung) kompensiert und darüber hinaus die Angehörigen "massiv entlastet" werden.

Verbesserung für Familien mit schwerstbehinderten Kindern

Eine sofortige Verbesserung will die SPÖ auch für Familien mit schwerst behinderten Kindern erreichen, die erhöhte Familienbeihilfe beziehen: Derzeit wird diesen Betroffenen monatlich 60 Euro vom Pflegegeld einbehalten, das soll sich ändern; pro Fall und Jahr würde das 720 Euro mehr an Pflegegeld bedeuten.

Zur Attraktivierung der Pflegeberufe ist eine Gesundheitsförderung für Pflegekräfte in Höhe von 1.000 Euro pro Jahr sowie eine sechste Urlaubswoche ab dem 43. Lebensjahr vorgesehen. Darüber hinaus schlägt das SP-Konzept als "Mobilitätsförderung" für die Pflegekräfte einen 1.000 Euro-Zuschuss zum Führerschein vor. Jährlich sollen 20 Mio. Euro in Aus- und Weiterbildung investiert werden; bis 2022 pro Jahr zusätzlich 1.000 Stellen im Pflegebereich geschaffen werden.

Die Gesamtkosten der genannten Maßnahmen belaufen sich laut SPÖ-Berechnungen in den Jahren 2018 bis inkl. 2021 insgesamt auf maximal 2,019 Mrd. Euro. Aus dem Erbschafts- und Schenkungssteuer-Modell sind demnach 2,092 Mrd. Euro zu erwarten. Finanziert werden soll mit den Einnahmen auch die Kosten für die Abschaffung des Pflegeregresses.

Zum aktuellen Fall eines angeblichen Quälens von Patienten in einem Pflegeheim in Niederösterreich (Kirchstetten) erklärte Stöger, die (im "Falter") veröffentlichten Dokumente offenbarten "unfassbare und erschütternde Verbrechen". Man müsse die Qualitätssicherung sicherstellen, der Sozialminister schlägt dafür die Schaffung einer "Bundesagentur für Qualitätssicherung in Gesundheit und Pflege" vor.

"Die Vorwürfe machen mich sprachlos und müssen alle Verantwortlichen zutiefst beschämen", so der Minister, der angesichts der Berichte über sexuellen Missbrauch, Demütigungen sowie körperlicher und psychischer Gewalt meinte, hier seien "sämtliche Grenzen der Geschmacklosigkeit" bei weitem überschritten worden. "Die Verantwortlichen müssen und werden zur Rechenschaft gezogen werden."

Zum Thema der Qualitätssicherung haber er die Bundesländer Ende Juni zu einem Pflegegipfel gebeten. Angesichts der Dimension des aktuellen Falles sei klar, dass es eine bundesweite und unabhängige Kontrolle brauche. Die SPÖ schlägt daher die Einrichtung einer "Bundesagentur für Qualitätssicherung in Gesundheit und Pflege" vor, die künftig etwa die Qualifikation der Pfleger prüfen, aber auch ein Auge etwa auf die Transparenz von Wartezeiten oder Dokumentationen haben soll.

SPÖ-Pflegekonzept: "Langfristige Sicherung und kein Wahlkampfgeschwafel"
Sozialminister Alois Stöger (SPÖ)

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