Koalition: Kritik an Aussparen des Pensionsthemas

Susanne Riess, Generaldirektorin der österreichischen Wüstenrot- Gruppe
Es ist für mich ein bisschen erschreckend, dass gerade dieses Thema ausgespart geblieben ist", sagte die frühere FPÖ-Politikerin und jetzt Wüstenrot-Generaldirektorin Susanne Riess.

Wüstenrot-Generaldirektorin Susanne Riess kritisiert das Ignorieren des Pensionsthemas bei den jüngsten Diskussionen über ein neues Regierungsabkommen von SPÖ und ÖVP. "Es ist für mich ein bisschen erschreckend, dass gerade dieses Thema ausgespart geblieben ist", sagte die frühere FPÖ-Politikerin Montagabend bei der Präsentation des "#innovationsbericht_sozial" der Politischen Akademie der ÖVP.

"Wir müssen uns davon verabschieden, dass wir die Verantwortung für alle diese Dinge dem Staat überführen. Wir müssen die Eigenverantwortung stärken."

"Wir haben Aufwendungen für unser Pensionssystem, die alle Grenzen und Planungen sprengen, und die weiter nach oben gehen werden", so Riess. Österreich habe mit Frankreich die höchsten Ausgaben für das Pensionssystem. Nach wie vor würden große Bevölkerungsgruppen - etwa im öffentlichen Dienst - vor dem gesetzlichen Pensionsalter in Pension gehen. "Das System, wie wir es jetzt haben, wird die demografische Entwicklung nicht bewältigen können", so die frühere FPÖ-Vizekanzlerin unter Schwarz-Blau.

Schwedisches Pensionsmodell

Die Wüstenrot-Chefin empfiehlt der heimischen Politik deshalb das schwedische Pensionsmodell. Pensionsantrittsalter und Pensionshöhe bemessen sich dort an der Leistung, die man einbringt, beziehungsweise an der demografischen Entwicklung. Dazu brauche es eine starke Säule der privaten Vorsorge. "Wir müssen uns davon verabschieden, dass wir die Verantwortung für alle diese Dinge dem Staat überführen. Wir müssen die Eigenverantwortung stärken."

Den Sozialstaat neu denken will auch der Leiter der Politischen Akademie der ÖVP, Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz. Auch Kurz merkte an, dass das "ungelöste und immer wieder verschobene Thema der Pensionen" in den vergangenen Wochen kein großer Diskussionspunkt war. "Wenn man aber darüber spricht, wie man Österreich nachhaltig solide aufstellen will, dann muss man das Thema natürlich ansprechen", meinte der Minister. "Jeder, der rechnen kann, weiß, wenn wir da nicht nachschärfen, dann wird sich das auf Dauer nicht ausgehen."

Reform des Sozialstaates

Eine Expertengruppe um den Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal hat in den vergangenen Monaten im Rahmen der ÖVP-Akademie verschiedene Vorschläge zur Reform des Sozialstaates entwickelt. Ergebnis: "Um das Pensionssystem fit für die Zukunft zu machen, soll es grundsätzlich beitragsorientiert gestaltet sein. Der Zeitpunkt des Pensionsantritts soll in Bandbreiten flexibel möglich sein. Das Pensionsantrittsalter sollte in Zukunft auch auf die Lebenserwartung Rücksicht nehmen. Basis der Verhinderung von Altersarmut soll weiterhin die Ausgleichszulage sein. Die kapitalgedeckte betriebliche und private Zukunftssicherung soll ausgebaut werden. Wenn sie aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, sind noch bestehende, sachlich nicht gerechtfertigte Pensionsprivilegien unter Einhaltung des Verfassungsrechts abzuschaffen."

ÖVP-Zukunftshoffnung Kurz will generell über eine Reform des Sozialstaats diskutieren, denn dieser gerate durch Phänomene wie Digitalisierung oder Migration zunehmend unter Druck. Das "allergrößte Problem" sei aber die Stimmung punkto Sozialstaat. "Wir haben immer mehr Menschen, die die Denke haben, dass der Sozialstaat eigentlich eine gute Alternative zum Arbeitsleben sein kann", erklärte der Außenminister. "Wenn wir einen starken Sozialstaat aufrechterhalten wollen, dann müssen wir bei Fehlentwicklungen gegensteuern, müssen da und dort nachschärfen und vor allem das System modernisieren. Die bedingungslose Vollversorgung, die kann nicht unser Ziel sein."

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