SPÖ macht im Finale für Berufsheer mobil

SPÖ startet Offensive gegen Wehrpflicht. ÖVP will Heer zur "Sicherheitsschule" machen.

Es war die erste Veranstaltung der Kanzlerpartei, die der Dimension des Themas gerecht wird: Die SPÖ will das Bundesheer der größten Reform seit seiner Gründung im Jahr 1955 unterziehen. Bis jetzt hat die SPÖ ihren Verteidigungsminister einen Einzelkampf gegen die Wehrpflicht führen lassen. Am Montag stieg Kanzler Werner Faymann – flankiert von seinem Regierungsteam – in die Kampagne ein. „Wir müssen keine Pläne für eine Panzerschlacht machen“, sagte Faymann. Heute seien die militärischen Einsätze „aktive Friedenseinsätze in der Welt, am Golan, im Kosovo. Diese Einsätze sind von Professionalität geprägt.“ Grundwehrdiener können diese Friedenseinsätze nicht leisten, assistierte Verteidigungsminister Norbert Darabos. Statt 200 Millionen im Jahr für Grundwehrdiener auszugeben, die nach sechs Monaten wieder weg sind vom Heer, könnte man die Mittel für Professionalisierung einsetzen. Die allgemeine Wehrpflicht sei „ein überholtes System aus der Zeit des kalten Krieges“, so Darabos.

Zum Katastrophenschutz sagte Faymann: „Neunzig Prozent des Katastrophenschutzes leisten die Freiwilligen Feuerwehren in enger Zusammenarbeit mit lokalen Unternehmen. Wenn die Feuerwehren Unterstützung des Heeres brauchen, brauchen sie Hubschrauber und anderes Gerät, das von Profis bedient werden muss.“

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"Sonst wird altes System einbetoniert"

Faymann verwahrte sich gegen das Argument, man solle für Sozialdienst nichts bezahlen, weil das die „Ehrenamtlichkeit“ untergrabe. Faymann: „Es ist nur fair, wenn jemand 1400 Euro im Monat bekommt für Sozialarbeit. Wer diese Arbeit macht, gibt noch genug emotionales Engagement zusätzlich her.“

Faymann dankte seinen Ministern Rudolf Hundstorfer und Norbert Darabos für ihren Einsatz: „Die beiden Minister stehen weit vorne und werden von den anderen attackiert. Der Vizekanzler kann schon gar keine Rede mehr halten ohne Norbert Darabos.“

Selbst wenn die Abstimmung am 20. Jänner gegen das Berufsheer ausgehen sollte, „wird es sich ausgezahlt haben“, sagte Faymann, „weil es sich immer auszahlt, für das Land das Beste zu wollen und dafür aufzustehen.“

Darabos ergänzte: „Es wird am 20. Jänner nicht weniger und nicht mehr festgelegt als die Zukunft des Bundesheeres.“ Der SPÖ-Minister warnte eindringlich davor, was passiert, wenn die Abstimmung am 20. Jänner für die Wehrpflicht ausgeht: „Wenn wir diese Gelegenheit zu einer großen Reform ungenützt verstreichen lassen, wird das überholte Wehrpflicht-System auf Jahre hinaus einbetoniert sein.“

Zivildienstsystem stößt an Grenzen

Sozialminister Rudolf Hundstorfer unterstrich die Vorteile eines Sozialjahres gegenüber dem Zivildienst: Die Sozialhelfer würden ausgebildet und bezahlt bekommen. „Wer etwas freiwillig macht, macht es besser“, so Hundstorfer. Anders als beim Zivildienst, den nur junge, wehrpflichtige Männer leisten können, würde der Zugang zum Sozialjahr verbreitert: Zum Sozialjahr (1400 € Monatslohn, 14 Mal jährlich) können sich Männer und Frauen jeden Alters freiwillig bis zum Pensionsantritt melden. Hundstorfer: „Es ist pure Polemik zu sagen, ohne Zivis bricht alles zusammen.“ Hundstorfer betonte, dass das derzeitige Zivildienersystem ohnehin bald an seine Grenzen stoßen werde, da nun geburtenschwächere Jahrgänge nachkommen. Früher oder später werde man, unabhängig davon, wie die Abstimmung am 20. Jänner ausgeht, auf das Modell des Sozialjahres zurück greifen müssen.

Die jungen Männer sollen Sprachkurse, den Lkw- oder EDV-Führerschein machen können; sie sollen in der Kaserne eine Studien- und Weiterbildungsberatung bekommen; und wer will, darf einen Kurs in „Staatsbürgerschaftskunde“ belegen: Am Montag erklärten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Staatssekretär Sebastian Kurz, wie sie sich die Armee der Zukunft vorstellen – mit einer allgemeinen Wehrpflicht, versteht sich.

Ein umfassendes Modell, wie die neue, reformierte Armee genau aussehen soll, blieben die ÖVP-Politiker weiter schuldig. Doch die beiden stellten zumindest einige Ideen vor, was sich im Militär dringend ändern muss.

„Das Bundesheer soll die Sicherheitsschule der Nation werden“, sagte die Innenministerin. Und dazu gehöre nicht nur, dass junge Österreicher bestmöglich nach ihren Talenten und Fähigkeiten eingesetzt werden („Talentecheck“), sondern auch, dass „Schwerpunkte in den Bereichen Sport, Gesundheit, Ernährung und Erste Hilfe“ gelegt werden.

Den Einwand, dass taugliche junge Österreicher nach der Stellung ja ohnehin und seit Jahren gefragt werden, wann, wo und in welcher Funktion sie einrücken wollen, ließen Mikl-Leitner und Kurz nicht gelten. „Als ich beim Heer war, da habe ich mich geschätzte 15 mal für verschiedene Dinge gemeldet und beworben – geworden bin ich dann immer das Gegenteil“, sagt Kurz.

Sollen junge Österreicher künftig also einen Rechtsanspruch auf den Einrückungstermin oder ihre Verwendung bekommen?

„Nein“, antwortet Mikl-Leitner – aber die Einstellung gegenüber den Grundwehrdienern müsse sich ändern.

Zivildienst für Frauen

Das Argument, dass zusätzliche Bildungsangebote Geld kosten und dass damit die Zeit für die militärische Ausbildung verkürzt wird, zieht für Kurz nicht: „Stundenlanges Exerzieren kostet auch Geld. Ich persönlich hätte beim Heer für solche Kurse durchaus Zeit gefunden. Da geht’s um die Prioritäten.“

Ändern wollen die ÖVP-Politiker zudem den Zugang zum Zivildienst: Dieser soll nicht nur für Frauen, sondern auch für jene Österreicher möglich sein, die den Grundwehrdienst bereits hinter sich haben.

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