SPÖ-Justizsprecher: VfGH müsse mehr kommunizieren

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim.
Präsident hätte Wahl-Erkenntnis nachträglich erläutern sollen, sagt Hannes Jarolim. Dissenting Opinion sollte möglich sein.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim missfällt die Vorgangsweise des VfGH nach der Aufhebung der Hofburg-Stichwahl: Angesichts der breiten und kritischen Diskussion hätte der Präsident Stellung nehmen sollen. "Es ist nicht zeitgerecht, dass der VfGH nicht kommuniziert und nicht darlegt, warum er eine Entscheidung getroffen hat", meint er -und bekräftigt die Forderung nach der Dissenting Opinion.

Dass nicht Präsident Gerhard Holzinger, wohl aber der SPÖ-nahe Verfassungsrichter Johannes Schnizer in Interviews Stellung genommen - und dabei den Verdacht geäußert hat, die FPÖ hätte die Anfechtung vorbereitet - wollte Jarolim nicht kommentieren. Er selbst hätte darauf verzichtet, sagte er nur.

Adamovich im Interview: "Das war vielleicht nicht sehr klug"

Jedenfalls wäre es im Fall der aufgehobenen Bundespräsidenten-Stichwahl "schon sinnvoll gewesen, wenn der Präsident sich einmal - rein sachlich - äußert". Denn es sei "inakzeptabel", dass sich "der Gerichtshof, nachdem er derartiges auf den Tisch gelegt hat, hinter die geschlossenen Türen zurückzieht und die Menschen mutmaßen lässt". Mit dem Schweigen sei "Tür und Tor geöffnet worden für unterschiedlichste Interpretationen", was alles zu Wahlwiederholungen führen könnte. In "aufgeheizten Zeiten" sollte gerade der VfGH sich auch dafür verantwortlich fühlen, seinen Standpunkt zu erklären, merkte Jarolim an.

"Mehr Transparenz, mehr Offenheit"

SPÖ-Justizsprecher: VfGH müsse mehr kommunizieren
APA9572922-2 - 25092012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Fototermin mit den Mitgliedern des Verfassungsgerichtshofes am Dienstag, 25. September 2012, in Wien. Im Bild: (v.l.) Christoph Herbst, Georg Lienbacher, Michael Holoubek, Ingrid Siess-Scherz, Christoph Grabenwarter, Sieglinde Gahleitner, Brigitte Bierlein, VfGH-Präsident Gerhart Holzinger, Hans Georg Ruppe, Rudolf Müller, Eleonore Berchtold-Ostermann, Claudia Kahr, Johannes Schnizer und Helmut Hörtenhuber. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
In "aufgeklärten Zeiten" würde auch einem Höchstgericht "mehr Transparenz, mehr Offenheit und mehr Erklärung" gut anstehen. Dazu gehört aus der Sicht des SPÖ-Juristen auch die Dissenting Opinion - also die (freiwillige) Abgabe einer abweichenden Stellungnahme durch einzelne Verfassungsrichter. Es würde dem Ruf des Höchstgerichtes sicherlich nicht schaden, wenn klar wird, dass es auch unter den Verfassungsrichtern unterschiedliche Meinungen gibt und "um die Wahrheit gerungen" wird.

Lopatka habe "erhebliches Bosartigkeitspotenzial"

Wenig beeindruckt Jarolim, dass ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka die Dissenting Opinion strikt abgelehnt hat. Da habe sich ein Politiker geäußert, der "immer nur Erklärungen abgibt, ohne sich mit den Dingen zu befassen" - und noch dazu ein "erhebliches Bosartigkeitspotenzial" habe. Dem Argument, Verfassungsrichter könnten mit der Bekanntgabe des Abstimmungsverhaltens unter Druck gesetzt werden, hielt Jarolim entgegen, dass Dissenting Opinion nicht die Auskunft über die Abstimmung bedeute. Es gehe darum, dass - nur - jene Richter, die das wollen, ihre abweichende Meinung darlegen können. Dies müsste wissenschaftlich gut begründet werden - was die Qualität des Erkenntnisses verbessern könnte.

Kommentare