SPÖ: Faymann vor Etappensieg

Christian Kern und Bundeskanzler Werner Faymann.
Kanzler hat sich Luft verschafft: Häupl und Niessl für Parteitag samt Personaldebatte erst im Spätherbst.

Alles deutet derzeit darauf hin: Die Revolte wird vertagt. Werner Faymann bleibt Kanzler und SPÖ-Chef. Zumindest fürs Erste. Auch der Parteitag dürfte nicht vorverlegt werden, sondern soll wie geplant im November stattfinden. Die beiden starken Männer der SPÖ Michael Häupl und Hans Niessl einigten sich Freitagnachmittag auf vier Eckpunkte für ein Strategiepapier (Arbeitsmarkt, Fremdenrecht bzw. Asyl, FPÖ und Mitgliederbefragung), das von einer Strategiegruppe nun ab Montag ausgearbeitet werden soll. Niessl hat sich damit vorerst auf die Seite Faymanns geschlagen, weil er die von ihm geforderte Mitgliederbefragung endlich bekommt. Das Ergebnis soll dem burgenländischen Landeshauptmann die Rehabilitation für den Tabubruch mit der rot-blauen-Koalition bringen. Aus dieser neuen Situation ergeben sich nun diese möglichen Zukunftsszenarien:

Geordnete Übergabe

Parteiinsider interpretieren die neue Vorgangsweise als roten Teppich für den Rückzug auf Raten: Faymann darf so lange weitermachen bis die inhaltliche Neu-Ausrichtung abgeschlossen ist. Erst dann, also am Parteitag im Spätherbst 2016, wird der neue SPÖ-Chef gekürt. Sprich: Eine geordnete rote Hofübergabe wird vorbereitet. Auch um den Kanzler einen gesichtswahrenden Abgang zu ermöglichen. Denn selbst gewichtige Parteifunktionäre, die derzeit noch offiziell hinter Faymann stehen, meinen "Der Kanzler hat zwar die erste Schlacht gewonnen. Aber mittelfristig muss er weg."

Einer, der diese Vorgangsweise auch öffentlich präferiert, ist der steirische Gewerkschafter Josef Muchitsch. Im profil appelliert er in einem offenen Brief an den Kanzler: "Es ist Zeit, dass Werner Faymann los lässt." dafür hat er viel Zustimmung geerntet, sagt er zum KURIER: "Die Basis jubelt und die Spitze schweigt." Aber: "Faymann hat es sich verdient, dass es eine geordnete Übergabe gibt. Wenn die erst im Herbst ist, weil davor die inhaltliche Neuausrichtung und die Mitgliederbefragung stattfindet, kann ich damit leben." Auch Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser ist überzeugt, dass Kritik an Faymann nicht abreißen wird. "Die Personaldebatte ist längst im Gange. Glauben Sie mir, das spürt auch Werner Faymann", so Kaiser zu profil. Metallergewerkschafter Rainer Wimmer hingegen steht hinter Faymann: "Die Erneuerung funktioniert nur mit Werner Faymann."

Gegner geben nicht auf

Als viel zu riskant beurteilen die Faymann-Gegner die Variante der geordneten Übergabe. Warum? Faymann selbst verschafft sich durch diese Lösung Luft. Wer den Überlebenskünstler Faymann kenne, weiß, dass der Kanzler bis November alle Register ziehen wird, um an der Macht zu bleiben. Unterstützt wird er beim Strippenziehen von seinen engsten Vertrauten Josef Ostermayer und Doris Bures.

ÖVP nutzt Machtvakuum

Die zweite Befürchtung der Faymann-Gegner. Die ÖVP könnte das Machtvakuum in der SPÖ nutzen, um Neuwahlen vom Zaun zu brechen. Diese Gefahr ortet Gewerkschafter Muchitsch allerdings nicht. "Die ÖVP wird es nicht riskieren, dass es dann einen Kanzler Strache gibt."

Kurs auf Kampfabstimmung

Warum Faymann die erste Schlacht trotz massiven Widerstands gewinnen konnte, hat hauptsächlich eine Ursache. Das Problem der Revolutionäre ist, dass sie sich bis dato nicht auf einen Nachfolge-Kandidaten einigen konnten – und dass Christian Kern eine Kampfabstimmung gegen Faymann scheut. Medienmanager Gerhard Zeiler würde sich einer solchen stellen, hat aber weniger offene Fürsprecher als Kern. Der ÖBB-Chef wiederum soll mit Michael Häupl einen mächtigen Gegner haben. Kärnten und die Steiermark würden eher Kern präferieren, Salzburgs SP-Chef Walter Steidl Zeiler, Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden wiederum Kern. Zeiler soll jedenfalls signalisiert haben, dass er auch in eine Kampfabstimmung gegen Faymann gehen würde, wenn der Parteitag erst im November stattfindet. Noch nicht klar ist, wen die Gewerkschaft favorisiert. "Wir haben ausgemacht, dass wir uns bis Montag bedeckt halten. Dort wird es ein Thema sein. Ich selbst bin für Kern", so Muchitsch. Wiens Ex-Polizei-General Franz Schnabl, deklarierter Faymann-Gegner und Präsident des roten Arbeitersamariterbundes, sagt angesichts der Entwicklung: "Revolutionen können niemals von den Machthabern abgesagt werden." Übersetzt heißt das: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

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