SPÖ-Chef Christian Kern: "Es gab nie eine Zuwendung zu den Freiheitlichen"

Der rote Bundesparteiobmann über die FPÖ, die Koalitionsgespräche in Kärnten – und die Sicherheitskrise.

KURIER: Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser verhandelt eine Koalition mit der ÖVP. Er hätte auch die FPÖ einladen können. Ist das die definitive Abkehr der SPÖ von einer Koalition mit der FPÖ?

Christian Kern: Es gab in der SPÖ nie eine Zuwendung zu den Freiheitlichen. Die Ereignisse auf Bundesebene bestätigen, dass etliche der FPÖ-Vertreter in unserem Wertekatalog keinen Platz haben. Die Entscheidung von Peter Kaiser erfolgt auf Basis unseres Wertekataloges. Das Auftreten der Bundes-FPÖ war zuletzt ja keine Empfehlung für eine Partnerschaft.

Im Burgenland gibt es die FPÖ-Koalition. Ein Betriebsunfall?

So würde ich das nicht nennen. Das ist ein Arbeitsbündnis, das dort offenbar funktioniert. Auf Bundesebene halte ich eine Kooperation so lange für undenkbar, so lange deutschnationale Burschenschafter in der FPÖ den Ton angeben. So lange kann die FPÖ für uns kein Partner sein.

Die Doktrin "Nicht mit der FPÖ" gilt nun wieder?

Seit Regierungsantritt gibt es 21 Einzelfälle rechtsradikaler Vorfälle in der FPÖ, zuletzt ein Mitarbeiter von Minister Hofer, der mit Identitären konspiriert. Früher hat man zu Identitären Neonazis gesagt. Die FPÖ versprach, alles aufzuklären, sich von dieser Person zu trennen. Ist nicht passiert, ich habe die Botschaft verstanden.

Beantragt die SPÖ einen U-Ausschuss zur Affäre über das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung?

Ich bin nicht optimistisch, dass die Regierung die Parlamentsdebatten nützt, um aufzuklären. Täglich werden Regierungsaussagen der Unwahrheit überführt. Am Dienstag entscheiden wir über den Antrag.

Worum geht es Ihnen dabei?

Es geht in Wahrheit um einen Ausschuss über das Innenministerium. Die ÖVP hat das Ressort 18 Jahre wie einen Feudalstaat geführt.

Ist das stärker eine ÖVP-Affäre als eine FPÖ-Affäre?

Beide Parteien stecken in diesem Schlamassel. Auslöser waren Ermittlungen über Zustände im Innenministerium. Die Freiheitlichen haben gleich missliebige Personen loswerden und Parteigänger einsetzen wollen. Dabei wurde der Sicherheitsapparat leichtfertig diskreditiert. Österreich wird international von Geheimdienstinformationen abgeschnitten. Und damit wird unsere Sicherheit aufs Spiel gesetzt.

Ist die SPÖ weiterhin für den Eurofighter-Ausschuss?

Alle Fraktionen haben sich dazu bekannt. Ich halte es für richtig, dass offene Fragen über Schwarzgeld-Zahlungen beantwortet werden, bevor es neue Beschaffungen im Bundesheer gibt.

Peter Pilz warnt vor einem Eurofighter-Ausschuss, weil dieser von einem BVT-Ausschuss ablenken würde. Ist das richtig?

Der Eurofighter-Ausschuss wird kommen. Wann, wird sich zeigen.

Am Mittwoch hält der Finanzminister seine Budget-Rede. Was ist für Sie die zentrale Frage?

Die Wirtschaft boomt, wir zahlen Milliarden weniger für Pensions- und Arbeitslosenversicherung und haben deutlich höhere Steuereinnahmen. Ich erwarte mir, dass der Minister 2018 ein Nulldefizit vorlegt. Alles andere wäre extrem enttäuschend.

Warum hat die SPÖ zuletzt kein Nulldefizit geschafft?

Wir haben uns gemeinsam mit dem ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling aus einer schweren Wirtschaftskrise zurückgekämpft. Trotzdem haben wir schon 2017 beinahe die Null erreicht. Die Steuerreform und Investitionsprogramme haben wichtige Beiträge dazu geleistet.

Aber es gibt auch günstige globale Rahmenbedingungen?

Ja, sehr gute. Dazu kommen unsere Maßnahmen, dass Österreich jetzt mit 3,2 Prozent Wirtschaftswachstum besser ist als der Rest der EU-Länder. Die Regierung legt sich jetzt in ein gemachtes Bett. Die geplanten Einsparungen sind Vorbereitungen für Steuersenkungen für Großkonzerne. Die Regierung spart nicht im System, sie kürzt bei älteren Arbeitslosen, Lehrlingen, Studenten und in der Bildungspolitik. Die Verwaltung wird mit Generalsekretären aufgebläht. Und Strache gönnt sich 15 Millionen als "Spielgeld". Das ist zukunftsvergessen.

Mit welchen Themen will die SPÖ die Regierung angreifen?

Die gerechte Verteilung des Wohlstandes. Jetzt trennt sich die Regierung davon.

100 Tage türkis-blaue Regierung: Was ist Ihre Bewertung?

Das Raucher-Thema, die Burschenschafter, das Chaos im Sicherheitsbereich und keine Zukunftsprojekte. Die Regierung hat die Arbeit schlecht vorbereitet und taumelt von einem Problem zum nächsten.

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