Sparen ohne Tabu: Budgetdebatte im Nationalrat

Die Regierungsspitze will bei den Ausgaben drastisch sparen, als neue Einnahmen sind Vermögenssteuern geplant.

Mittwoch Vormittag startete im Nationalrat die Budgetdebatte. Bis Freitag wird der Bundesvoranschlag 2012 im Detail diskutiert und dann beschlossen. Das erste Budget von Finanzministerin Maria Fekter sieht bei Ausgaben von 73,6 Mrd. Euro und Einnahmen von 64,4 Mrd. ein Defizit von 9,2 Mrd. Euro vor.

Die Einschätzung von Politologen, wonach die Schuldenbremse schon Anfang 2012 zu einer "innenpolitischen Belastungsprobe" für die Koalition werde, versuchten die Parteisekretäre von SPÖ und ÖVP zu zerstreuen. Günther Kräuter glaubt, dass "überhaupt keine Gefahr droht", was den Bestand der Koalition betrifft. Hannes Rauch stimmte zu: "Es ist vollkommen klar: Die Wahl findet im Herbst 2013 statt."

Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger ließen am Dienstag bei ihrem gemeinsamen Auftritt nach dem Ministerrat ebenfalls keine Zweifel aufkommen: Mit der Umsetzung der Schuldenbremse ist es der Regierung ernst. Zwei Milliarden Euro sind bis 2020 pro Jahr strukturell, also nachhaltig, einzusparen, sagte der Kanzler. Im Jänner soll das große Sparpaket präsentiert werden, gleichzeitig mit dem neuen Finanzrahmen für die nächsten fünf Jahre. "Wir werden die Vorschläge zur Budgetkonsolidierung ohne Tabu diskutieren", sagt Faymann. "Jawohl, es wird Veränderungen geben", unterstreicht Spindelegger.

Die Regierung hielt sich zunächst sehr bedeckt, doch der KURIER erfuhr erste Pläne.

Die großen Brocken

Pensionen
Beim Kostentreiber Pensionen zeichnen sich Einschnitte ab. Fix sind Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Frühpensionsalters, offen ist, welche. In einem ersten Schritt will Sozialminister Rudolf Hundstorfer die Eindämmung der Invaliditätspensionen umsetzen. Zur Diskussion stehen die frühere Anhebung des Frauenpensionsalters (vor 2024) sowie Veränderungen bei den Beamten. Die Angleichung des Beamtenpensionsrechts an das ASVG könnte rascher erfolgen, als bisher im Gesetz steht. Die schwarz-blaue Bundesregierung hat seinerzeit sehr lange Übergangsfristen beschlossen.
Die Hacklerregelung sollte nicht mehr für große Diskussionen sorgen, weil sie mit dem Nachkaufsverbot von Versicherungszeiten ab 2014 drastisch zurück gehen wird.

Förderungen
Bei den 18 Milliarden Förderungen, die der Staat jährlich ausschüttet, wird es "einen Schnitt" geben, sagt Spindelegger. Darin enthalten sind Förderungen für ÖBB, Krankenanstalten, allgemeine Wirtschaftsförderungen, Landwirtschaftssubventionen und Förderungen von der Trachtenkapelle bis zur Hochkultur. Auch nach Abzug von ÖBB und Krankenanstalten schüttet der Staat zehn bis elf Fördermilliarden im Jahr aus. Viele Förderungen laufen über die Bundesländer.

Verwaltungsreform
Faymann kündigte am Dienstag "harte Arbeit" mit den Bundesländern an, um in der Verwaltungsreform die nächsten Schritte zu setzen. Faymann: "Es gibt hier leider nicht die eine große Maßnahme, sondern viel Kleinarbeit." Spindelegger: "Wir werden Doppelgleisigkeiten abbauen."

Einnahmen
Faymann kündigte am Dienstag - ohne Widerspruch des neben ihm stehenden ÖVP-Chefs - die Einführung von Vermögenssteuern an: "Vermögensbezogene Steuern werden zur Konsolidierung beitragen."

Nach KURIER-Recherchen ist sogar die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer (mit großzügigen Freigrenzen) im Gespräch. Dem Vernehmen nach hat sich die ÖVP damit abgefunden, der SPÖ eine Form von Reichensteuern zuzugestehen. Details sind offen. Die SPÖ hat verschiedene Varianten fertig in der Schublade. Vermögenssteuern würden - im Gegensatz zu Strukturmaßnahmen - sofort greifen.

Im Gegenzug soll die SPÖ bereit sein, die Einführung von Studiengebühren - allerdings erst nach der Wahl 2013 - zu akzeptieren.
Die SPÖ will über eine Wertschöpfungsabgabe von Unternehmen zur Sanierung des Familienfonds FLAF verhandeln. Die neue Abgabe soll geringere Lohnnebenkosten (Dienstgeberbeitrag zum FLAF) ermöglichen. Der FLAF hat vier Milliarden Schulden.

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