SOS Mitmensch will mehr Anreize für Flüchtlinge statt Sanktionen

Experten plädieren für mehr Sprachkurse und mehrsprachige Lehrer
Integrationsgesetz. Experten fordern mehr Arbeits- u. Bildungsmaßnahmen.

Noch ist das Integrationsgesetz bis 8. März in Begutachtung – doch der Grundtenor steht für 36 Experten rund um SOS-Mitmensch bereits fest: Es handele sich vielfach um ein- statt wechselseitige Maßnahmen, um mehr Sanktionen statt Anreizen für Flüchtlinge.

Das Integrationsgesetz sieht ein Integrationsjahr für Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte und Asylwerber, die wahrscheinlich als Asylberechtigte anerkannt werden, vor. Wer die verpflichtenden Sprach- und Wertekurse nicht absolviert, dessen Sozialleistungen sollen gekürzt werden.

Nach wie vor, so die Experten unisono in ihrem 10-Punkte-Programm, seien die Sprachkurs-Angebote aber nicht flächendeckend vorhanden und teils mangelhaft.

In den "Wertekursen", so Sprachwissenschafter Hans Jürgen Krumm, gehe es häufig um Lehrinhalte wie Mülltrennung und nicht um Menschenrechtsbildung, da der Sprachschatz der Teilnehmer nicht ausreiche. Er plädiert deshalb für Wertekurse in der Landessprache der Geflüchteten. Sprachliche Defizite können zudem, so Ex-Schuldirektorin Heidi Schrodt, nur behoben werden, wenn ausreichend in Bildung investiert werde. "Bildung und Migration sind keine österreichische Erfolgsgeschichte. Der Anteil an Migranten in Sonderschulen ist überproportional hoch."

In dem Gesetz fehle die Schulbildung, so Schrodt, "das Schulsystem ist in der Grundstruktur in den 1960er Jahren steckengeblieben." Es fehle an Kindergärtnern wie Lehrern, die mehrsprachig unterrichten können. Um der Bildungsungerechtigkeit Herr zu werden, spricht sich Schrodt für das in Schweden praktizierte Modell der Ausbildungspflicht bis 25 Jahre auch für Asylberechtigte aus.

Von immanenter Bedeutung für eine gelungene Integration ist die vielfach unterschätzte therapeutische wie psychologische Unterstützung von traumatisierten Menschen aus Kriegsgebieten. "Flüchtlinge mit posttraumatischen Belastungsstörungen warten oft eineinhalb Jahre auf psychologische Hilfe", sagt Psychologin Brigitte Lueger-Schuster.

Disziplinierungsmaßnahmen, wie die im Gesetz vorgesehenen Sanktionen, würden die psychische Instabilität bzw. Erkrankung oft noch verstärken. Auch in diesem Bereich seien mehrsprachige Therapeuten respektive geschulte Dolmetscher dringend von Nöten. Als positiv erachten die Experten, dass die Integrationsmaßnahmen erstmals evaluiert werden sollen. Sprachwissenschafter Krumm: "Der Steuerzahler sollen sehen, was er für sein Geld kriegt."

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