Siegfried Nagl: "Basis-Arbeit statt Fehlgeburt Mindestsicherung"

Graz-Wahl: Siegfried Nagl (ÖVP) kandidiert zum 4. Mal für ÖVP
ÖVP-Stadtchef will straffällige Flüchtlinge nach Hause schicken – und klare Spielregeln.

Am 5. Februar wird in Graz gewählt. Bürgermeister Siegfried Nagl tritt zum vierten Mal für die ÖVP an.

KURIER: Bei den Bundespräsidenten-Stichwahlen war Graz die grünste Stadt Österreichs. Was heißt das im Hinblick auf die Gemeinderatswahlen im Februar?

Siegfried Nagl: Ich warne jeden davor, zu glauben, dass Graz irgendeine Farbe hätte. Graz ist bunt. Die Grazer wählen ganz speziell – und eher Persönlichkeiten. Bei den Gemeinderatswahlen haben sie schwarz gewählt, bei den Landtagswahlen war es rot, jetzt eben grün. Diese Farbenlehre von Graz kennen ja nur sehr wenige. Aber die Grazer schauen ganz genau, wem sie ihr Vertrauen schenken. Parteien haben da nicht mehr so den Stellenwert, den sie sich wünschen.

Waren Sie überrascht von dem Ergebnis?

Nein. Graz ist eine weltoffene Stadt mit 160 Nationen. Ich verstehe aber auch die Ängste vieler, die Norbert Hofer gewählt haben. Aber man muss auch sagen: Die FPÖ gibt keine Sicherheit, weil sie Integrationsmaßnahmen zurück nimmt. Dann wären wir in Frankreich: Dort brennen Mistkübel und Autos.

Was heißt das in puncto Zuwanderung?

Integration funktioniert nur, wenn man auf Bildung setzt. Dann gibt es Sicherheit. Es gibt fünf Gründe, weshalb Menschen zu uns kommen: Friede, Freiheit, Demokratie, Arbeit, Wohlergehen. Aber wenn Menschen zu uns kommen, die in den Punkten nicht mittun, müsste Österreich viel härter reagieren.

Was meinen Sie damit?

Wer als Zuwanderer zu uns kommt und sich eines Verbrechens schuldig macht, der sollte nach Hause geschickt werden. Das trifft Asylwerber wie Asylberechtigte. Das ist es, das die Menschen hören wollen von der Politik. Und weil es keiner sagt, wählen sie die FPÖ.

Verbrechen wie ist das zu sehen? Vom Diebstahl bis zur Vergewaltigung?

Natürlich auch schon der Diebstahl. Oder würden Sie jemanden bei sich zu Hause aufnehmen, der Sie bestiehlt? Das muss auch eine Gemeinschaft so sehen. Es muss klare Spielregeln geben, in denen man sagt, tut leid, aber du kannst nicht einfach den Gastgeber bestehlen, der dich aufgenommen hat.

Das wirkt so, als würden Sie nach rechts schielen, auf Stimmen der FPÖ.

Ich hab’ nie etwas anderes gesagt. Aber der Unterschied zur FPÖ ist der: Ich sage, Menschen können zu uns kommen, wenn sie in Not sind – und wir werden sie versorgen. Aber wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen.

Würde das auch für Zugewanderte gelten, die bereits die Staatsbürgerschaft haben?

Sie wieder abzunehmen wird nicht so leicht funktionieren. Aber den Herrschaften in der Bundesregierung würde ich einmal empfehlen, die Regeln zu überprüfen, nach denen man die Staatsbürgerschaft überhaupt bekommt.

Was halten Sie von den Rückweisungen gemäß des Dublin-III-Abkommens? Das trifft auch bereits integrierte Flüchtlinge.

Es ist ein Problem, wenn Verfahren so lange dauern. Die gehören schneller gemacht. Aber für solche Fälle sollte ein Kontingent geschaffen werden: Jeder Landeshauptmann soll mit einem Gremium, in dem von der Polizei bis zum AMS alle sitzen, entscheiden können, der bleibt, der nicht. Dann brauchen wir die Debatten nicht, dass sich Schulkollegen von Kindern einsetzen müssen. Dann hört’s auf mit dem Bild, dass Österreich als unmenschlich dargestellt wird.

Immer wieder debattiert wird die Deckelung der Mindestsicherung. Wie stehen Sie dazu?

Die Mindestsicherung ist sowieso eine Fehlgeburt. Dabei bleibe ich, die ist ein falscher Ansatz, weil sie vergisst, dass Arbeit einen Sinn im Leben gibt. Das müsste anders aufgestellt werden: Es gibt ein Recht auf Basis-Arbeit – und dafür gibt es Entgelt. Das gilt für alle, die in der Lage sind, zu arbeiten. Die werden gebraucht: Für die Pflege der Stadt, in der Integration, zur Kinderbetreuung. Ich denke da an 20 Stunden pro Woche. Die Arbeit find‘ ich als Bürgermeister schon.

Innerhalb der ÖVP gibt es auch Diskussionen: Wer wird Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl: Parteichef Mitterlehner oder Minister Kurz?

Das werden die Gremien entscheiden. Ich habe einen Wunschkandidaten, aber den nenne ich nicht öffentlich. Aber man kann es so sagen: Mitterlehner wird eine richtige Weichenstellung schaffen; und wir haben in der ÖVP auch ein Ausnahmetalent namens Kurz. Das hat nicht jede Partei.

Die ÖVP hat sich zuletzt auch stark mit sich selbst beschäftigt, etwa mit der Wahlempfehlung für Van der Bellen oder Hofer.

Die Volkspartei muss aufhören, durch interne Debatten und die Diskussion, wie wir sie jetzt hatten, die Marke ÖVP zu beschädigen, Stichwort Lopatka. Das sind alles Aktionen, die man sich einfach ersparen kann.

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