"Wer rein islamisch aufwächst, tut sich schwerer"

Kurz, Studenten für das Lehramt für islamische Religion.
Der Integrationsminister fordert im KURIER-Interview ein neues Kindergartengesetz für die Hauptstadt.

Sebastian Kurz verteidigt im Gespräch mit dem KURIER die Studie über die Islamischen Kindergärten in Wien, die aktuell für viel Aufregung sorgt. Am Donnerstag bespricht er die Causa mit den Wiener Stadträtinnen Sonja Wehsely und Sandra Frauenberger.

KURIER: Es gibt viel Kritik an der Studie, u. a. weil nur sehr wenige Kindergärten untersucht worden sind. Was kann man dennoch daraus ablesen?

Sebastian Kurz: Man kann natürlich über die Studie diskutieren. Ich halte es für wesentlich notwendiger, über das Problem zu diskutieren. Aber wenn schon die Untersuchung weniger Kindergärten ergeben hat, dass es hier Probleme gibt, dann kann man davon ausgehen, dass wir hier erst die Spitze des Eisbergs gesehen haben.

Was ist aus Ihrer Sicht "das Problem" in den Kindergärten?

Es gibt massive Fehlentwicklungen in Wien. Wir haben die Gewissheit, dass Tausende Kinder in islamischen Kindergärten sind. Das schafft Parallelgesellschaften, die sehr problematisch sind. Die Stadt hat dieses Problem bis zuletzt geleugnet. Wir wollten die Studie gemeinsam mit der Stadt in Auftrag geben. Das ist auf oberster Ebene leider Gottes abgelehnt worden. Auch wenn Kindergärten in die Kompetenz der Stadt fallen, möchte ich hier als Integrationsminister nicht zusehen.

Was soll sich bei den islamischen Kindergärten ändern?

Es ist nicht nur ein Problem, wenn es in einzelnen Kindergärten radikale Personen im Hintergrund gibt. Das System an sich ist ein Riesenproblem. Denn viele Eltern geben ihre Kinder in diese Kindergärten, um sie vor der Mehrheitsbevölkerung abzuschotten. Das schafft Parallelgesellschaften. Wer als Kind in einer rein islamischen Umgebung aufwächst, der wird sich viel schwerer tun als notwendig mit der Integration in unserer Gesellschaft.

Welche Reaktion erwarten Sie von der Stadt Wien?

Ich fordere von den zuständigen Stadträtinnen ein neues Kindergartengesetz. Es gibt diese Kindergärten auch, weil die Stadt zu wenige Angebote geschaffen hat und dankbar private Anbieter fördert, ohne auf die Qualität zu achten.

Die Wiener SPÖ hat in der Debatte um islamische Kindergärten einen Religionsleitfaden für alle konfessionellen Betreuungseinrichtungen angekündigt. Diese neuen Regeln sollen laut einem Bericht des Standard (Donnerstag-Ausgabe) Kindergartenbetreiber, Experten sowie das Netzwerk gegen Radikalisierung bei der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft erarbeiten.

Bei Vergehen soll es keine Förderung der Stadt Wien geben. Im Umgang mit Religion gebe es "manches, das mit dem Wiener Bildungsplan bisher noch nicht ausreichend erarbeitet wurde", sagte Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) zum Standard. Als Beispiel führte sie an, ob den Kindern das Bild eines strafenden oder barmherzigen Gottes vermittelt werde. Derartige Fragen würden sich in allen Religionen stellen.

"Wird im Kindergarten pädagogisch wertvoll mit religiösen Inhalten gearbeitet, spricht nichts dagegen. Anders ist es, wenn der Glauben eingesetzt wird, um Kindern Angsterregendes oder Gewaltbejahendes beizubringen", so die Stadträtin. Sollten Kindergartenbetreiber die Vorgaben nicht befolgen, so werde es auch keine Grundlage für eine Förderung der Stadt Wien geben.

Die Kritik von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) an zu schwacher Kontrolle der Kindergärten wies Frauenberger einen Tag vor dem Treffen mit dem Minister (wo die "Vor-Studie" zu islamischen Kindergärten besprochen werden soll) zurück. Sie verwies darauf, dass islamische Kindergärten oder -gruppen im Unterschied zu katholischen oder evangelischen Einrichtungen nicht von der Glaubensgemeinschaft, sondern meist von Vereinen initiiert würden. Hier jedoch gebe es "selbstverständlich eine Kontrolle der zuständigen MA 11", die auch mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeite.

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