Kurz: Verschobenes Muttertagsessen und wenig Schlaf

Zeit für Selfies: Kurz gab sich vor rund 1000 Zuschauern locker.
Kurz’ erster öffentlicher Auftritt als ÖVP-Frontmann führte in eine steirische Gemeinde und dort fast zur Überfüllung der Veranstaltungshalle.

"Alle haben sich schon umgestellt – keiner tragt mehr a Krawatte!" Der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer hat die Lacher damit auf seiner Seite: Neben ihm steht Sebastian Kurz, sein designierter neuer Bundesparteichef und grinst ebenfalls.

Kurz steht auf einer Bühne im einem Veranstaltungszentrum in Leitersdorf, seit den Gemeindefusionen 2015 offiziell ein Teil von Feldbach. Die Halle ist mehr als voll, rund 1000 Zuschauer haben sich Donnerstagabend eingefunden, die Raabauer Holz- und Blechmusik bläst Kurz den Marsch. Feststimmung also. Schon vor Monaten hat der steirische ÖAAB zum "Kurz Talk" eingeladen, als eine kleine, regionale Veranstaltung. Ein Glücksgriff nun für die Steirer-VP, denn sie darf sich jetzt rühmen, Kurz’ ersten öffentlichen Auftritt als Frontmann der Partei organisiert zu haben.

Und der lockt Besucher an. Kurz gibt sich locker und spricht launig über die vergangene Woche. "Man schläft da nicht viel." Oder wie er als "guter Sohn" zwar Blumen am Muttertag brachte, aber das Muttertagsessen mit seiner Mama verschieben musste. "Aber sie hat gesagt, das ist eh gut. Sie ist eh so fertig, dass sie nix runterbringt."

Eine halbe Stunde

Dann erzählt er, wie er vom Rücktritt Reinhold Mitterlehners erfahren habe. "Als Außenminister sitzt du viel im Flugzeug. Und dann drehst du das Handy beim Aussteigen wieder auf und neben vielen verpassten Anrufen und SMS hast die Nachricht, dass Reinhold Mitterlehner seinen Rücktritt verkünden wird." Er habe erst "eine halbe Stunde" davor davon erfahren. "Menschlich kann ich ihn verstehen. Jeder rät dir da das etwas anderes."

Es soll keine Wahlkampfveranstaltung sein, beteuern die ÖVP-Granden, aber natürlich werden Wahlkampfthemen heruntergebetet. Flüchtlinge? "Jeder, der glaubt, dass dieses Thema gelöst ist, der irrt", tönt Kurz und meint die Mittelmeerroute. "Wir investieren immer mehr in Rettung, aber immer mehr Menschen ertrinken." Verbot der Vollverschleierung? "Das ist gut, dass das beschlossen wurde." Religionsfreiheit? "Die ist gut. Aber man muss sich schon fragen, was ist Religionsfreiheit und was sind Traditionen, die keinen Platz in unserem Land haben." Türkei? "Ich bin für ordentliche Nachbarschaftsverhältnisse. Aber die Mitgliedschaft in der EU lehne ich ab."

Das Publikum ist an der Reihe, Fragen zu stellen. Neue Zeiten auch hier: Es wurde eine eigene Handynummer eingerichtet, über die via SMS Fragen gestellt werden können, die die Moderatorin dann verliest.

Es kommen Fragen zu Asyl, Grenzkontrollen, Beziehungen zu Russland. Ein Zwölfjähriger will wissen, was Kurz vom türkischen Präsidenten Erdogan hält. "Ein Zwölfjähriger interessiert sich für die Türkei? Das halte ich für frühreif", witzelt Kurz, der selbst mit 16 Jahren in die Politik eingestiegen ist. Was er einem 14-Jährigen raten würde, der in die Politik will? "Bei der richtigen Organisation anrufen und nicht im falschen Bezirk."

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