Sebastian Kurz schweigt zu Pröll-Forderung

Erwin Pröll
Alt-LH Erwin Pröll sieht auch ÖVP bei blauer Vergangenheitsbewältigung in der Pflicht – Karas begrüßt das.

Ist der Fall Landbauer rund um das aufgetauchte Nazi-Liederbuch der Burschenschaft "Germania" ein reines FPÖ-Problem? Liegt es nur an der FPÖ, die braunen Flecken in den Burschenschaften ausfindig zu machen?

Nein, sagte Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll jüngst im KURIER. Die schwarze Größe richtete der Parteispitze rund um Kanzler Sebastian Kurz aus, dass die NS-Aufarbeitung eine "gemeinsame Angelegenheit der Bundesregierung" sei und sich auch die ÖVP in diesem Prozess nicht aus der Verantwortung ziehen dürfe – denn aufgrund der Koalition mit den Freiheitlichen betreffe dies schließlich auch die Volkspartei.

Die Adressierten, der Zirkel rund um Kurz, wollten sich dazu auf Anfrage zunächst nicht äußern, auch in der ÖVP-Zentrale herrschte beharrliches Schweigen. Später sagte ein ÖVP-Sprecher zumindest: „Prölls Haltung deckt sich mit dem Regierungsprogramm, in dem der Kampf gegen Antisemitismus große Bedeutung hat.“

Einzig Othmar Karas, der Leiter der ÖVP-Delegation in Brüssel, war offen zu einer Stellungnahme bereit: "Ich habe bereits klargestellt, dass so ein Gedankengut weder in der Politik, noch im demokratischen Österreich noch sonst irgendwo einen Platz hat. Niemand darf sich davon ausschließen, dafür Sorge zu tragen." Also auch die Bundes-ÖVP nicht, sagt Karas.

VP wollte Strache-Video

Das tut sie allerdings vor allem hinter den Kulissen. Ein Beispiel dafür war die viel beachtete Rede von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache am Akademikerball vergangene Woche: Dort wies der Chef der Freiheitlichen jenen, die sich nicht klar von braunem Gedankengut abgrenzen wollen, die Tür. Die Idee der ÖVP – letztlich unterstützt vom blauen Koalitionspartner – sah vor, die Rede auch zu filmen oder zumindest Fotos von Strache zu machen. Das wiederum passte den Ballveranstaltern nicht, weshalb die Strache-Rede schlussendlich nur schriftlich von anwesenden Journalisten dokumentiert wurde. In der Regierung gibt die ÖVP dem blauen Koalitionspartner laut Insidern nun zu verstehen, dass man selbst vor Jahrzehnten die eigene Geschichte aufgearbeitet habe – jetzt sei eben die FPÖ dran.

Dass Landbauer offenbar tatsächlich auf seinen Platz in der niederösterreichischen Landesregierung verzichten muss, sieht man in der ÖVP indes als Teilerfolg – erzwungen durch die Ansage Johanna Mikl-Leitners, dass sie mit Landbauer in einer Regierung nicht zusammenarbeiten würde. Dass zumindest die niederösterreichische Landeshauptfrau klare Worte in Richtung FPÖ und Landbauer gefunden hat, begrüßt Karas: "Ich unterstütze den Standpunkt, dass es keine Zusammenarbeit mit Herrn Landbauer in der Landesregierung geben kann."

Pikant: Auch die Freiheitlichen-Spitze wollte sich nicht dazu äußern, ob die Aufräumarbeiten nach dem Landbauer-Skandal aufgrund der türkis-blauen Zusammenarbeit auf Bundesebene auch in die Zuständigkeit der ÖVP fallen.

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