Schwenk zu Blau? Faymann setzt "Strategiegruppe" ein

1. Mai 2015: ÖGB-Boss Erich Foglar, dahinter Michael Häupl und Werner Faymann
Die rote Dämonisierung der Blauen dürfte bald Geschichte sein. Nur Wien hält dagegen.

Es sollte Friede herrschen – zumindest bis die Feiern zum heutigen "Tag der Arbeit" vorbei sind. Doch die SPÖ wird die blauen Geister, die manche Genossen nach dem Wahldebakel am vergangenen Sonntag rufen, nicht mehr los.

Der mächtige ÖGB-Präsident Erich Foglar bricht den ohnehin brüchigen 1.-Mai-Frieden und fordert in einem profil-Interview die Öffnung der Partei hin zur FPÖ.

Foglar weiß, dass das die SPÖ vor eine Zerreißprobe stellt. Aber, so der ÖGB-Boss: "Man kann die 35-Prozent-Hofer-Wähler nicht ins rechte Eck rücken. Viele dieser Menschen sind ehemalige SPÖ-Wähler und verstehen schon lange nicht mehr, warum ihre demokratische Entscheidung nicht akzeptiert wird."

Daher müsse die SPÖ ihren Parteitagsbeschluss überdenken: "Wir können nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen", sagt der Gewerkschaftsboss.

Wiens Bürgermeister Michael Häupl reagierte prompt und verwies auf den einstimmigen Anti-FPÖ-Beschluss auf dem Landesparteitag vom 16. April. Dieser schließe eine Koalition mit den Blauen "kategorisch" aus. "Die SPÖ Wien lässt sich nicht spalten oder auseinanderdividieren", so Häupl. Wie die Bundes-SPÖ zieht aber auch er seine Gremiensitzungen vor: Auf Montag 2. Mai statt wie geplant erst in drei Wochen.

Weniger klar reagiert Kanzler Werner Faymann. Er bleibe zwar bei seiner Haltung, die da lautet: Keine Koalition mit der Strache-FPÖ.

Blau ist die Realität

Er wisse aber, dass "der Parteitagsbeschluss und die Realität auseinanderklaffen". In etlichen Gemeinden und im Burgenland werde ja mit den Freiheitlichen zusammen gearbeitet. "Das muss ausdiskutiert werden", sagt Faymann und kündigt eine "Strategiegruppe" an, die das Verhältnis zu den Freiheitlichen ein für alle Mal klären soll.

Diese Klärung sei überfällig, sagen Parteigranden hinter vorgehaltener Hand, geben aber zu bedenken: Für FPÖ-Hofburg-Anwärter Norbert Hofer kämen diese Aussagen einer Wahlempfehlung gleich. Soll heißen: Einen schlechteren Zeitpunkt hätten sich Foglar & Co für die Debatte nicht aussuchen können.

In den Bundesländern hört man Unterschiedliches: Kärntens SPÖ-Geschäftsführer Daniel Fellner sagt: "Wir müssen unsere Themen so akzentuieren, dass sich die Frage nach einer Zusammenarbeit nicht die SPÖ stellen muss, sondern die FPÖ."

Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl interpretiert die Botschaft aus der Wiener ÖGB-Zentrale anders: "Mit dieser Überlegung rückt Foglar klar von Faymann ab."

Der ÖGB-Chef habe aber recht, das "Verhältnis zur FPÖ muss jetzt geklärt werden". In drei Punkten: Die Flüchtlingspolitik, das Verhältnis zur EU und der Umgang mit dem rechten FPÖ-Rand.

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