Kopf wünscht sich neuerliches Plebiszit

Kopf wünscht sich neuerliches Plebiszit
ÖVP-Nationalratspräsident über Lehren aus dem Schweizer Votum für Österreich.

Ein Polit-Volksfest war das jüngste Schweizer Votum für die FPÖ. Auch die Österreicher müssten über Zuwanderung entscheiden können, befindet Blauen-Chef Heinz-Christian Strache. Im Nachbarland hat vergangen Sonntag eine knappe Mehrheit dafür votiert, auch für EU-Bürger eine Ausländer-Quote einzuführen. Zur Freude der Rechtspopulisten da wie dort, zum Ärger der Regierenden in Europa.

"Es macht keinen Sinn, über einen einzelnen Punkt eines komplexen Vertragswerkes abzustimmen, der für sich allein nicht änderbar ist", urteilt der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf via KURIER. "Wenn die Schweiz wegen des Abstimmungsresultats aus allen bilateralen EU-Verträgen kippt, bringt ihr das erhebliche Nachteile bei der wirtschaftlichen Entwicklung." Das Nicht-EU-Land brauche die EU mehr als diese die Schweiz, mit der es etwa Verträge zum freien Personenverkehr gibt (rund 140.000 Ausländer sind in den vergangen Jahren eingewandert, mehr als zwei Drittel aus der EU). Sollte die EU die Verträge kündigen, sobald Gesetz wird, was 50,3 % der eidgenössischen Bürger wollen? "Es bleibt ihr nichts anderes übrig, wenn sie nicht unglaubwürdig werden will", sagt ÖVP-Mann Kopf. Lieber wäre ihm, "wenn den Befürwortern einer starken europäischen Integration der Schweiz rechtzeitig eine erfolgreiche Gegeninitiative gelingen würde, mit einer neuerlichen Abstimmung über das Thema."

Versagen

Warum dieses Ergebnis in der Schweiz? Haben die Polit-Konkurrenten der konservativen Volkspartei (SVP), die mit "Masseneinwanderung stoppen" kampagnisiert hat, versagt? "Es zeigt, welche Herausforderung ein vermeintlich einfaches, tatsächlich aber komplexes Thema für die Politik ist – was die Kommunikation betrifft. Es ist nicht gelungen, rüberzubringen, welche gravierenden Folgen eine Ausländer-Quote für das Land hat", sagt Kopf, als Vorarlberger ausgewiesener Kenner der Schweiz.

Bleibt die Europa-Partei ÖVP trotz des EU-feindlichen Referendums bei ihrem Verlangen nach mehr direkter Demokratie? Sie hat gefordert, dass ein Volksbegehren, das mehr als 650.000 Bürger (10 % der Wahlberechtigten) unterstützen, zu einer Volksbefragung führt, wenn das Parlament die Volksinitiative nicht umsetzt. "Es gibt keinen Grund, davon abzugehen. Es zeigt aber, wie sensibel man mit mehr Bürgermitsprache umgehen muss. Noch dazu in einem Land, das – anders als die Schweiz – keine Erfahrung damit hat."

Ein paar Themen seien von Volksentscheiden aber auszunehmen, Menschenrechts- und Völkerrechtsbelange ebenso wie "zu schützende Minderheitsrechte. Da waren wir uns mit der SPÖ und den Grünen bereits einig." Ist für Kopf denkbar, die Bürger über ein generelles Rauch-Verbot in Lokalen abstimmen zu lassen, weil sich Rot und Schwarz dazu nicht durchringen? "Es geht nicht um die Delegation von Entscheidungen an das Volk, sondern um die Schaffung eines Gesetzesinitiativrechts für die Bevölkerung. Selbstverständlich kann das Volk eine Initiative in Sachen Rauchen starten." Eines sei aber klar: "Wir haben nicht vor, die repräsentative Demokratie abzuschaffen. Die vom Volk gewählten Abgeordneten bleiben die einzigen Gesetzgeber."

Boulevard-Land

Ist ein Boulevard-Land wie Österreich reif für mehr direkte Demokratie? "Man soll die Macht des Boulevards nicht überschätzen. In der Schweiz war das keine vom Boulevard getriebene Entscheidung", meint Kopf. Und setzt nach: "Wer die Wehrpflicht-Abstimmung gegen die Krone gewonnen hat, braucht sich vor dem Boulevard nicht zu fürchten." Anfang 2013 hat die Mehrheit der Österreicher gegen ein Berufsheer, das die SPÖ wollte, votiert. Ein "Wahlsieg" für die ÖVP, die propagiert hat, bei der Wehrpflicht zu bleiben.

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