Hammerschmid: Kein Sparpaket durch Hintertür

Sonja Hammerschmid
Die Bildungsministerin verteidigt Sonntagvormittag ihr Autonomie-Paket. Beim Problem der Bildungsvererbung setzt die Ministerin auf ganztägige Schulen.

Das Schulautonomie-Paket von SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid ist in aller Munde. Die Schulen sollen künftig unter anderem autonom über ihre Klassen- und Gruppengrößen sowie die Dauer der Unterrichtseinheiten bestimmen. Bis zu acht benachbarte Schulen sollen sich außerdem zu "Schulclustern" unter einer gemeinsamen Leitung zusammenschließen können, um ihr pädagogisches Angebot zu koordinieren. Das Paket wurde am Dienstag präsentiert. Hammerschmid war am Sonntag zu Gast in der ORF-Pressestunde und stellte sich den Fragen der Journalisten.

"Pädagogen sollen Gestaltungsmöglichkeiten bekommen," beschreibt Hammerschmid den Sinn des Pakets, das das Herzstück der kommenden Schulreform darstellen soll. Allein für die Umsetzung des Autonomie-Pakets veranschlagt die Ministerin zehn Jahre. Begonnen wird demnach mit sogenannten "Leuchtturmschulen", Schulen die bereits alle bisherigen Möglichkeiten der Autonomie ausgeschöpft haben, diese sollen andere Schulen animieren mitzutun und unterstützen. Die Schulaufsicht soll dabei als Berater und Mentor fungieren.

Hammerschmid: Kein Sparpaket "durch die Hintertür"

"Das Autonomiepaket ist sicher kein Sparpaket, da würde ich mir mein eigenes Konzept zerschießen", trat Hammerschmid Befürchtungen der Lehrervertreter entgegen, es solle "durch die Hintertüre" bei den Schulen gespart werden.

Direktoren werden zu Managern mit Ablaufdatum

Den Direktoren wird mit dem Paket viel Macht zugewiesen. Stellt sich die Frage: Wer wählt diese aus? Bisher hat die Politik bei der Bestellung zumindest im Hintergrund ordentlich mitgemischt. Wie will Hammerschmid diesem Problem begegnen? Geht es nach der Ministerin soll die Bestellung in den Behördenorganisationen der Bundesländer erfolgen. Dafür solle es klare Richtlinien geben und eine Berufungskommission mit externen Experten, stellt die Bildungsministerin klar.

Die Direktoren bekommen Verträge auf fünf Jahre. Sie müssen außerdem einen besonderen Lehrgang für ihre Stellung absolvieren, der in den Hochschulen implementiert werden soll. Nach fünf Jahren gibt es dann einen unbefristeten Vertrag. Sollte es danach Probleme geben, könne aber immer noch gehandelt werden, sagt Hammerschmid.

Wer geht an unbeliebte Schulen?

Schulstandorte sollen sich die Lehrer aussuchen können. Nur was tun, wenn eine Schule zu unbeliebt ist? Sollte sich kein Lehrer melden, weil die Schule beispielsweise in einem abgelegen Tal liegt, müssen die Schulbehörden nachsteuern, sagt Hammerschmid.

Wohin kommen unbeliebte Lehrer?

Natürlich gibt es viele engagierte Lehrer. Aber wohin gehen jene Lehrer, deren Engagement nicht ganz so groß ist? Dazu will sich die Ministerin in der Pressestunde nicht äußern. Zu diesem Thema gebe es Gespräche, mehr Informationen gibt es nicht.

Abschied von der Gesamtschule?

Die Forderung nach der Gesamtschule ist in letzter Zeit zunehmend in den Hintergrund gerückt. Dabei handelt es sich um ein wichtiges sozialdemokratisches Thema. Hat sich die Ministerin von der Idee verabschiedet, weil sich der Koalitionspartner sträubt? In der Pressestunde wiederholt sie mehrmals, dass sie derzeit vor allem auf Projekte setze, deren Wirkung schnell an den Schulen spürbar sei. Das Thema werde aber jedenfalls mit dem Koalitionspartner besprochen, sagt Hammerschmid.

Auf die Frage, was aus der Idee des zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres geworden ist, verweist Hammerschmid auf die ÖVP-Familienministern Sophie Karmasin. Das sei Karmasins Thema. Hammerschmid macht aber deutlich, dass das Thema auch ihr wichtig ist. Sinnvoll sei die Definition von Bildungszielen schon im Kindergarten, um auf die Volksschule vorzubereiten. Auch das sei alles Inhalt von laufenden Gesprächen.

"Das Thema Lernen soll sich wieder in die Schule verlagern."

Die Bildungsministerin will, dem Problem der Undurchlässigkeit im Bildungssystem bzw. der Bildungsvererbung mit ganztägigen Schulen begegnen. Nachhilfe, Hausaufgaben, Lernen generell soll in der Schule stattfinden. "Das Thema Lernen soll sich wieder in die Schule verlagern", sagt Hammerschmid.

Mit Geldern aus dem Integrationstopf II will die Bildungsministerin außerdem Schulen mit einem größeren Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund helfen. Das Geld solle für Sprachkurse, mehr Integrationslehrer, Schulungen für die Pädagogen etc. zum Einsatz kommen.

Für mögliche Probleme im Umgang mit Eltern mit Migrationshintergund setzt die Ministerin auf den Einsatz von sogrannten „mobilen Teams“. Sozialarbeiter und Psychologen können auf diese Weise vorort helfen, sofern sie der Direktor hinzuzieht. Die Ministerin spricht von derzeit 80 solchen Teams.

Ausbau der Ganztagsschulen: Vorlage noch vor Weihnachten

Über die Verteilung der bereits fixierten 750 Millionen Euro für den Ausbau der Ganztagsschulen ist Hammerschmid "in Abstimmung mit dem Koalitionspartner, das wird schnell gehen", kündigte sie eine Regierungsvorlage noch vor Weihnachten an. Jedenfalls werde der Unterricht am Nachmittag kostenfrei sein, damit alle Kinder teilnehmen können.

Auch über die Regelung der Gesamtschul-Modellregionen "diskutieren wir gerade mit dem Koalitionspartner", hier rechnet die SPÖ-Ministerin ebenfalls mit einem Paket im Laufe des Herbstes oder Winter.

Hammerschmid ist "guter Dinge"

Trotz der anhaltenden Gerüchte um mögliche Neuwahlen sagt Hammerschmid: "Ich bin guter Dinge." Mit ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer werde sie alle weiteren Themen abarbeiten.

Sollte die Koalition doch nicht so lange halten, will sie aber zumindest das Schulautonomie-Paket und den Ausbau der ganztägigen Schulformen auf den Weg gebracht haben.

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