Schuldenbremse: Sag mir, wo die Milliarden sind
Noch ist sie nicht durchs Parlament, doch schon scheint die
Schuldenbremse zu ziehen. In einer ersten Reaktion ließ die Ratingagentur Fitch Mittwoch Abend wissen: Nach erster Prüfung sei davon auszugehen, dass Österreich den Weg zum Schuldenabbau eingeschlagen habe. Das Bekenntnis zum Triple AAA werde damit bekräftigt.
Die Finanzministerin hat zumindest zwei zusätzliche Milliarden Euro pro Jahr hereinzuholen. Der KURIER sprach mit Experten, was die Regierung unternehmen könnte, um das Geld bereits 2012 aufzustellen.
Höhere Einnahmen
"Es wird vermutlich zumindest wieder darüber diskutiert werden, die Mineralölsteuer anzuheben", sagt
Otto Farny, Steuer-Experte der Arbeiterkammer Wien. Würde jeder Liter Treibstoff um zehn Cent teurer, hätte die
Regierung auf einen Schlag eine Milliarde mehr in der Kassa.
Massiv wären die finanziellen Auswirkungen einer Anhebung der Umsatzsteuer. "Ein Prozent mehr schlägt sich mit einer Milliarde Euro plus zu Buche", erklärt Farny. Ähnlich würde sich eine Anhebung der Körperschaftssteuer auswirken: Steigt diese von 25 auf 30 Prozent, bringt das der Finanzministerin ebenfalls eine Milliarde.
Farny ist skeptisch, ob eine große Steuer-Reform die gewünschten Effekte hat: "Die Regierung benötigt bereits 2012 neue Einnahmen, deshalb scheint es wahrscheinlich, dass man etwas beim Spitzensteuersatz tut." Würde dieser von 50 auf 55 Prozent angehoben, brächte das rund 400 Millionen.
Budget-Expertin Margit Schratzenstaller vom WIFO warnt davor, sofort über Mehr-Einnahmen zu diskutieren. "Es würde theoretisch eine Milliarde Euro bringen, alle Förderungen um zehn Prozent zu kürzen. Sinnvoll ist das aber nicht, denn derartige Rasenmäher-Methoden schaden der Wirtschaft mittel- und langfristig - man denke nur an die Forschungsförderung." Laut Schratzenstaller sollte man zunächst über Sparmaßnahmen nachdenken. Dazu gehört für die Expertin eine Verwaltungs- und Föderalismusreform. "Die bringt bis zu 2,5 Milliarden Euro." Aber auch die Beschlüsse des 24. September 2008 wären zu hinterfragen: "Allein die Senkung der Umsatzsteuer bei Medikamenten auf zehn Prozent kostet jährlich 330 Millionen Euro." Die günstigere Besteuerung der sechsten bis zehnten Überstunde hat den Staat ebenfalls 100 Millionen Euro pro Jahr gekostet. Und die Wiedereinführung von Studiengebühren brächte - bei 500 Euro pro Semester und Student - 250 Millionen Euro.
Niedrigere Ausgaben
Einiges sparen könnte man bei den Pensionen. Ein Jahr länger arbeiten (= Anhebung des realen Pensionsantrittsalters) bringt eine Milliarde pro Jahr. Pensionsexperte
Bernd Marin plädiert auch dafür, das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen schon 2020 an jenes der Männer anzupassen. Einsparungspotenzial: 710 Millionen pro Jahr; "ein Teil davon sollte in Frauenförderungsmaßnahmen investiert werden", sagt Marin.
Die Abschaffung der Altersteilzeit, die ohnehin nur von 0,7 Prozent der Menschen genutzt wird, brächte 100 bis 130 Millionen pro Jahr. "Das schafft keinen einzigen Job", sagt Marin. Ähnlich viel würde eine Sondersteuer auf Super-Pensionen wie bei der Nationalbank oder der mittlerweile abgeschafften "alten" Politiker-Pension bringen: Eine Abgabe von 15 bis 20 Prozent würde Einnahmen von 100 Millionen Euro bedeuten. Eine Null-Lohnrunde für Beamte würde - im Vergleich zum Inflationsabgleich - rund 300 Millionen Euro bringen.
Was bringt wieviel?
Umsatzsteuer von 20 auf 21%: 1 Milliarde Euro
Mineralölsteuer 10 Cent plus pro Liter: 1 Milliarde Euro
Spitzensteuersatz von 50 auf 55 Prozent: 400 Millionen Euro
Angleichung Frauenpensionsalter an die Männer: 710 Millionen Euro
Umsatzsteuer bei Medikamenten von 10 auf 20%: 330 Millionen Euro
Studiengebühren (500 Euro pro Semester): 250 Millionen Euro
Nulllohnrunde bei Beamten: 330 Millionen Euro
Sondersteuer für Superpensionen (Alt-Politiker, Nationalbank, etc.): 100 Millionen Euro
Ein Jahr länger arbeiten: 1 Milliarde Euro
Altersteilzeit abschaffen: 130 Millionen Euro
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