Voves: "Ich krieg’ auf gut Steirisch einen Kropf"

Franz Voves (rechts) und Hermann Schützenhöfer
Die Steirer Franz Voves (SP) und Hermann Schützenhöfer (VP) kritisieren den Stillstand im Bund.

Franz Voves und Hermann Schützenhöfer im KURIER-Interview:

KURIER: Herr Voves, Herr Schützenhöfer, im Herbst 2015 wählt die Steiermark. 2010 haben SPÖ und ÖVP zusammen noch 75 Prozent geschafft. Mit wie hohen Verlusten rechnen Sie?

Franz Voves: Wir haben ja noch Zeit, aber wir wollen an unser Ergebnis vom letzten Mal nahe herankommen. Diesmal werden in der Steiermark erstmal die Neos und das Team Stronach antreten, wobei Letzteres in der Heimat des Gründers durchaus Chancen einer Wiederbelebung hat. Bei allem, was unter dieser neuen Voraussetzung mehr als ein Minus von acht Prozent für uns beide zusammen ausmacht, würde ich anfangen, mir die Frage zu stellen, ob der Mut zu einer Reformpartnerschaft richtig war.

Um mit Rudolf Hundstorfers klassischem Sager vor dem SPÖ-Parteitag zu sprechen: Ein Sechser muss und wird vor dem Wahlergebnis schon vorne stehen?

Voves: Das würde ich in jedem Fall sagen.

Hermann Schützenhöfer: Die 75 Prozent waren sicher etwas Einmaliges. Jetzt wird ganz Österreich auf uns schauen, weil es bei diesen Landtagswahlen darum geht: Wird man für Reformen abgestraft oder wird das anerkannt. Das hat weitreichende Auswirkungen auf alle anderen im Lande, die auch längst Reformen durchführen müssen. Ich stelle fest, dass die Stimmung für uns in den letzten Wochen wieder leicht im Steigen ist.

Sie glauben auch an mehr als 60 Prozent für SPÖ und ÖVP bei der Landtagswahl im September?

Schützenhöfer: Ich rechne mit einer sehr deutlichen Mehrheit in dieser Gegend.

Bei der Nationalratswahl 2013 hat das dramatisch anders ausgeschaut: Die FPÖ war in der Steiermark Nummer eins. Rot und Schwarz fielen gemeinsam mit knapp 45 Prozent klar unter die absolute Mehrheit. Was macht Sie so sicher, dass das heuer wieder ganz anders ist?

Schützenhofer: Viele im Bund und in anderen Bundesländern haben sich offenbar diebisch gefreut, wenn die Steirer auf die Nase fallen und das Ergebnis als Absage an die Reformpartnerschaft interpretiert. Ich bin der Letzte, der sich selber anlügen wollte, aber bei der Nationalratswahl gab es massiven Gegenwind aus dem Bund und mit einem in seiner steirischen Heimat starken Stronach einen neuen Mitbewerber. Dazu kam, dass die FPÖ bei Bundeswahlen in der Steiermark traditionell sehr stark ist, bei Landtagswahlen aber nicht.

Voves: Jetzt schauen wir uns einmal an, was die Regierung mit der Steuerreform zusammenbringt und ob das für uns Gegenwind, Rückenwind oder Windstille bringt.

In Wien heißt es in beiden Koalitionsparteien, die Steirer tun sich leicht mit einschneidenden Reformen, weil sie noch immer eine bequeme Mehrheit haben. SPÖ und ÖVP könnten sich im Bund mit ihren gemeinsamen 51 Prozent keine Verluste mehr leisten.

Voves: Das darf aber nicht zu einer Politik führen, die genau in diese Richtung geht, nämlich durch Nichtstun unter 51 Prozent zu fallen. Ich gehe aber davon aus, dass die Bundesregierung ihre letzte Chance für Reformen positiv nutzen wird. Die einzige Chance, über die 51 Prozent hinauszuwachsen, ist – von der Steuer bis zur Schule – etwas zusammenzubringen. Stillstand und das reine parteipolitische Agieren führen mit Sicherheit zum endgültigen Verlust der Mehrheit.

Wie soll es bei der Steuerreform je einen Kompromiss geben? Das Ja der SPÖ zu Vermögenssteuer und das strikte Nein der ÖVP scheinen unverrückbar: Da rollen zwei Züge Richtung Crash aufeinander zu.

Voves: Das öffentliche Ausrichten von divergierenden Standpunkten ist sicher nicht der richtige Weg. Wir in der Steiermark haben das und werden das auch weiterhin anders machen. Wir reden nicht öffentlich darüber, was geht oder nicht geht, sondern handeln eine Lösung aus, die wir dann gemeinsam präsentieren und vertreten.

Schützenhöfer: Es wird eine Steuerreform geben, weil niemand eine Neuwahl wollen oder wagen kann. Ich fürchte aber, dass bei der Steuerreform wenig herauskommen kann, weil kein Geld dafür da ist und dass die Leute danach nicht zufrieden sein werden.

Voves: Wenn das so kommt, wie Du glaubst, dann haben die im Bund ihre letzte Chance verspielt.

Schützenhöfer: Das Problem ist, dass das Geld verteilt werden soll, das es eigentlich nicht gibt. Mit einem faulen Kompromiss sollte man aber nicht in die Öffentlichkeit gehen.

Herr Voves, Sie waren vor Jahren der Erste in der SPÖ , der eine Vermögenssteuer gefordert hat und als Kernölsozialist abgestempelt wurde. Was kann und muss davon bei der Steuerreform tatsächlich kommen?

Voves: Wenn wir in der Frage nicht ein symbolisches Zeichen setzen, dann treiben wir die Wähler immer mehr rechten Parteien zu. Ich habe aufmerksam registriert, dass ÖVP-Chef Mitterlehner sich "nicht-klassische Vermögenssteuern" vorstellen kann. Ich weiß zwar nicht, was das sein kann, aber ich registriere Bewegung.

Schützenhöfer: Ich will bewusst nicht hier von außen der Verhandlungsgruppe hineinreden.

Voves: Ich muss jetzt auch noch etwas Grundsätzliches sagen: Wir hätten diese Frage ganz anders angegangen. Wir haben zuerst bei uns zu sparen begonnen, den Landtag und die Regierung verkleinert, die Parteienförderung um fünfzehn Prozent gekürzt, eine Nulllohnrunde gemacht, mehr als zehn Prozent der Beamten eingespart und die Verwaltungsstrukturen verschlankt. Die Frage der Gegenfinanzierung in der Steuerreform würde sich ganz anders stellen, hätte sich die Bundesregierung in den letzten Jahren ihren wirklichen Hausaufgaben bereits gestellt.

Das ist ein schwerer Vorwurf nach Wien. Warum so zornig?

Voves: Ich krieg’ auf gut Steirisch einen Kropf, wenn ich denke, dass die Regierung schon zehn Milliarden Euro an Einsparungen in der Kassa haben könnte, wenn sie diese Reformen schon vor fünf Jahren angegangen hätte. Wenn ich bei einer Steuerreform-Verhandlung ein Sparvolumen von zehn Milliarden auf dem Tisch hätte, könnte ich auch mit der ÖVP über Fragen der Verteilungsgerechtigkeit ganz andere Gespräche führen. Österreich bräuchte daher dringend eine Vision 2030, die sich der Tatsache bewusst stellt, dass der Kuchen in Europa nicht größer und die Einnahmen geringer werden. Dafür gilt es jetzt, die Strukturen des Staates effizienter zu gestalten. Aber natürlich auch generell sozial ausgewogen zu agieren.

Schützenhöfer: Es darf in der Steuerdebatte einfach keine Tabus geben. Aber wir müssen aufpassen, dass wir nicht in einen Klassenkampf hineinkommen. Wir haben daher unsere Reformen zuerst bei uns selber angesetzt. Das gibt den Leuten das Gefühl, sie meinen es wirklich ernst. Die wirklichen Hämmer wie Pensions-, Gesundheits- und Pflegereform wurden aber im Bund noch nicht angegangen. Das Nichtstun bei diesen großen Brocken hemmt nun unseren Spielraum bei der Steuerreform.

Das heißt, die Bundesregierung hat das Pferd falsch aufgezäumt: Mit einer Debatte über die Gegenfinanzierung durch neue Steuern statt durch eine über Einsparmaßnahmen?

Voves: Es ist unglaublich schwierig, in eine Steuerdiskussion einzusteigen, wenn das Wesentliche in den letzten fünf Jahren verschlafen wurde. Was wir betreiben, ist reine Reparaturpolitik, nur um die nächsten Wahlen zu bewältigen. Was fehlt, ist eine Vision, wie wir unsere staatlichen Strukturen an die neuen finanziellen Verhältnisse anpassen.

Die Steirerin Irmgard Griss ist nach ihrem Hypobericht auch als Bundespräsidentin im Gespräch. Ist es eine gute Idee, Griss als gemeinsame Kandidatin von Rot und Schwarz ins Spiel zu bringen?

Voves: Das ist Sache der Bundespolitik. Ich sage nur so viel: Wir brauchen dringend mehr Leute mit Format in der Politik. Die Politik leidet darunter, dass immer weniger gute Leute nachrücken wollen. Und wenn ich mir jetzt anschaue, dass nach diesem Bericht der Frau Griss, der über die Hypo alles gesagt hat, jetzt noch ein Untersuchungsausschuss kommen soll, wo sich die Parteien wieder gegenseitig heruntermachen werden, dann ärgert mich das jetzt schon. Die Bevölkerung interessiert das auch gar nicht mehr, das ist für sie schon geklärt. Die wichtigste Frage, die sich für Österreichs Demokratie künftig stellt, lautet: Wie kommen wieder gute Leute in die Politik, sodass eine Causa Hypo Alpe Adria in ihrer Gesamtheit erst gar nicht passieren kann?

Schützenhöfer: Wir haben in der steirischen ÖVP frühzeitig Vorwahlen eingeführt. So kam es dazu, dass Leute wie Bernd Schilcher ihren Weg in die Politik gefunden haben.

In der Steiermark spricht man bereits gerne vom Regierungs-Duo "Franz/Hermann". Sie, Herr Voves, haben bereits angekündigt, dass Sie bei der Wahl 2015 noch einmal antreten wollen. Sie, Herr Schützenhöfer, lassen es sich noch offen. Wird es im Herbst 2015 noch einmal das Duo "Franz/Hermann" geben?

Voves: Mir macht es auch nichts aus, wenn das Duo "Hermann/Franz" heißt.

Schützenhöfer: Ich werde das erst Ende Februar, Anfang März mit meinen Leuten entscheiden. Wer immer bei der Wahl antritt, ich bin felsenfester denn je überzeugt, dass sich mutige Reformpolitik auszahlt. Die letzten vier Jahre waren zwar die schwierigsten politischen Jahre meines ganzen Lebens. Aber ich merke immer öfter: Es wird anerkannt, wenn man einen Weg geht, der zwar den Einzelnen etwas kostet, aber dem Land etwas bringt. Ich rechne damit, dass wir eine Bestätigung dafür kriegen, dass es auch in der Politik belohnt wird, das Notwendige und das Richtige für das Land tun.

Hier geht es zum Leitartikel von Josef Votzi: "Votum für Voves stellt Weichen für Faymann"

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