Schönborn kritisiert Laun, gibt fast eine Wahlempfehlung

Kardinal Schönborn wagt sich nicht ganz vor den Vorhang
Die katholische Kirche werde keine Wahlempfehlung für die Bundespräsidentenwahl abgeben. In Kardinal Schönborns Reaktion auf Launs Hofer-Plädoyer lassen sich aber Tendenzen für Van der Bellen herauslesen.

Kardinal Christoph Schönborn hat am Donnerstag betont, dass die römisch-katholische Kirche keine Wahlempfehlung für die Bundespräsidentenwahl am Sonntag abgibt. Die Aussendung des Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz war ganz klar eine Reaktion auf Weihbischof Andreas Laun, der für den freiheitlichen Kandidaten Norbert Hofer warb. "Jeder hat das Recht, eine Wahlempfehlung abzugeben, auch ein Bischof", sagte Schönborn. Dennoch verzichte die katholische Kirche darauf, "auch oder gerade besonders" bei der Stichwahl 2016, an der zum ersten Mal in der Zweiten Republik kein katholischer Kandidat teilnehme, sagte der Kardinal weiter.

Migration und Europa

Dennoch lässt sich herauslesen, dass Schönborn empfiehlt, Argumente zu beachten, die eher für Van der Bellen sprechen. "Eine gute Wahlentscheidung kann sich nicht nur auf Aussagen der Kandidaten zu Kernanliegen der Kirche wie dem Lebensschutz beziehen", erklärt Schönborn und nimmt damit auf Launs Aussagen pro Hofer Bezug. Eine gute Wahlentscheidung müsse auch "viele andere Komponenten einbeziehen wie die Haltung der Kandidaten zu den Schwachen der Gesellschaft, zu denen auch die Migranten gehören, zur Zusammenarbeit in Europa, zur Verantwortung Österreichs in der internationalen Staatengemeinschaft". Viele Unterstützer Van der Bellens argumentieren ihre Entscheidung mit dessen proeuropäischer Haltung, einem ausgeglicheneren Kurs in der Flüchtlingspolitik und einer vermeintlich höheren Zustimmung bei ausländischen Staatschefs.

Schönborn schreibt weiter: "Dazu kommt der Blick auf das politische Umfeld der Kandidaten, ihren Stil der Auseinandersetzung und ihre Ankündigungen, wie sie das Amt des Präsidenten auszuüben gedenken. Ein Katholik, der all diese Faktoren wahrnimmt und gewichtet, kann durchaus zu anderen Schlüssen kommen als ein anderer und muss sich nicht vorwerfen lassen, zu wenig nachgedacht zu haben". Der letzte Satz legt nahe, dass der Erzbischof von Wien die Aussagen Launs nicht als prägnanteste Stimme der katholischen Kirche stehen lassen will.

"Für die Zukunft des Kontinents"

Noch einmal kommt Schönborn auf die europäische Dimension der Wahlentscheidung zurück: "Ich möchte alle Katholiken dazu ermuntern, sich ein eigenes, gewissenhaft begründetes Bild davon zu machen, welcher Kandidat für die Zukunft dieses Landes, seiner Menschen, aber auch für die Zukunft des Kontinents die bessere Wahl darstellt." Im letzten Satz nimmt der Kardinal noch einmal Bezug auf die scharfen Worte von Bischof Laun: Wenn Katholiken "denken, dass es klug ist, mit ihren Erkenntnissen in die Öffentlichkeit zu gehen, sollen sie dies respektvoll tun und in der Erkenntnis, dass niemand im Besitz der ganzen Wahrheit ist, auch nicht man selbst."

Es sei "völlig legitim", wenn auch bei dieser Wahl Katholiken zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, was die Wählbarkeit der einzelnen Kandidaten betrifft. Schönborn rief daher dazu auf, sich ein eigenes Bild zu machen, wer die Zukunft des Landes besser darstellt.

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