Falsche Vollmacht, richtiges Datum?

APA11638420-2 - 26022013 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Der frühere Leiter der Finanzabteilung des Landes, Hofrat Eduard Paulus, am Dienstag, 26. Februar 2013, anl. des Untersuchungsausschusses des Salzburger Landtags zur Klärung des Salzburger Finanzskandals in Salzburg. APA-FOTO: FRANZ NEUMAYR
Ihr Ex-Chef Paulus bringt Rathgeber im Salzburger Fälschung-Krimi ins Spiel.

Am Dienstag platzte die nächste politische Bombe in der Salzburger Spekulationsaffäre. Es geht um die Fälschung einer Vollmacht von Landesrat Walter Blachfellner. Laut dem Dokument hätte der Landesrat den Mitarbeitern der Finanzabteilung des Landes erlaubt, ohne Limit mit den Wohnbaugeldern des Landes spekulieren zu können.

Blachfellner vermutete eine Intrige und ließ das Dokument prüfen. Das Gutachten, das dem KURIER vorliegt, belegt, dass es sich „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ um eine Fälschung handle. Der Fälscher habe „bestimmte grafische Feinstrukturen der nachzuahmenden Unterschrift (von Blachfellner, Anm.) nicht richtig erkannt und daher nicht wiedergeben können“, heißt es in dem Gutachten.

Gestern wurde im U-Ausschuss auch der Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, zu der gefälschten Vollmacht befragt. Er bringt Monika Rathgeber, die entlassene Finanzbeamtin, die längst im Visier der Staatsanwaltschaft steht, ins Spiel: Auf die Frage, ob er Kenntnis von der Vollmacht habe, sagte Paulus: „Das händisch eingefügte Datum auf der Vollmacht ist laut der Sekretärin von Monika Rathgeber auch Rathgeber zuzuordnen.“

Rathgebers Anwalt dementiert das auch gar nicht: „Der Wohnbaufonds ist 2006 gegründet worden vom Land. Die Vollmacht dazu wurde an die Wohnbauabteilung geschickt, dort wurde sie unterschrieben und zurückgeschickt. Rathgeber hat das dann journalisiert und das Datum eingesetzt – und an die (zuständige Bank, Anm.) Hypo geschickt.“ Es sei „unbestritten“, dass Rathgeber das Datum geschrieben habe. Wie erklärt er sich dann, dass die Unterschrift Blachfellners laut Gutachten gefälscht wurde? „Das werden wir dann sehen.“

Widersprüchlich

Merkwürdig an der Darstellung von Rathgebers Anwalt ist nur, dass die Frau im U-Ausschuss explizit befragt wurde, ob es eine eigene Vollmacht zur Spekulation mit dem Wohnbaufonds gegeben habe. Antwort Rathgebers laut Protokoll: Das war in Diskussion, es wurde dann aber ein anderer Weg gewählt. Nachfrage Brigitta Pallauf (ÖVP): „Also keine spezielle Vollmacht?“

Rathgeber: „Genau.“

Das Gutachten wurde mittlerweile von Landesamtsdirektor Marckhgott an die Korruptionsstaatsanwaltschaft weitergeleitet. Deren Sprecher Erich Mayer erklärte gegenüber dem KURIER, die Aussagen Paulus’ seien für seine Behörde „sehr interessant“ und werden in den Ermittlungen berücksichtigt.

Paulus selbst wies im U-Ausschuss jegliches Fehlverhalten von sich. Er erklärte bei seiner Befragung außerdem, dass er „unmöglich alle Einzelgeschäfte prüfen“ habe können. Dass die Spekulationsaffäre eine lang vorbereitete Intrige der ÖVP gegen den SPÖ-Kronprinzen, Ex-Finanzlandesrat David Brenner, sei, wollte Paulus vor dem U-Ausschuss unter Eid aber nicht wiederholen; er entschlug sich der Aussage. „Was ich sagen wollte, habe ich schon früher gesagt.“

Dafür bestätigte Paulus, dass bereits im Sommer 2012 ein größerer Kreis über die Probleme mit seiner Referatsleiterin Monika Rathgeber Bescheid wusste, darunter auch Haslauer und VP-Landesrat Sepp Eisl. „Wir haben ihr disziplinloses Verhalten ausführlich besprochen.“

Warum Brenner und er den Landtag am 28. November nicht über die drohenden Verluste informierten? Brenner habe dies angeordnet, „weil wir noch keine gesicherten Informationen hatten“. Monika Rathgeber wirft er „Realitätsverlust“ und „Beleidigtsein vor“. Sie habe Verluste geschönt, Protokolle verändert und gegen Weisungen verstoßen. „Für mich ist ihr Verhalten eine große Enttäuschung.“ Sie habe sich „verrannt. Wahrscheinlich hat sie ihre Tätigkeit zu gerne gemacht.“

Übrigens: Ex-Landesrat David Brenner hält mittlerweile Vorträge an der Uni Salzburg. Ausgerechnet zum Thema: „Verfassungsrecht und Verfassungswirklichkeit – Wie funktioniert der Staat?“

Der Salzburger Spekulationsskandal weitet sich zu einer pikanten Steueraffäre aus. Vergangenen Donnerstag hatten die Grünen im U-Ausschuss erstmals den Verdacht der Steuerhinterziehung beim Versorgungs- und Unterstützungsfonds (VuF) angesprochen, am Montag zog der neue Finanzlandesrat Georg Maltschnig (SPÖ) notgedrungen die Reißleine.

Maltschnig hat im Namen seiner Vorgänger Wolfgang Eisl (ÖVP), Othmar Raus und David Brenner (beide SPÖ) sowie für Finanzchef Eduard Paulus - beim Finanzamt Selbstanzeige erstattet. Verdacht: Abgabenhinterziehung von 2006 bis 2012.

Der Hintergrund: Das Land hat für den Sozialfonds VuF die Befreiung von der Kapitalertragssteuer (KESt) in Anspruch genommen, wie es Vorsorgeeinrichtungen der öffentlichen Hand zusteht. So konnte das Land zusätzlich bis zu 31,61 Millionen Euro aus Spekulationsgeschäften lukrieren, die jeder normalsterbliche Zocker als KESt an die Finanz abführen hätte müssen. Doch an der „wohltätigen Ausrichtung“ des Fonds, der Pensionisten und Sozialeinrichtungen unterstützen sollte, hat mittlerweile selbst das Land Zweifel.

„Es gibt Hinweise darauf, dass die tatsächliche Gestion teilweise von den Bedingungen abweichend erfolgt, die für die Kest-Befreiung erforderlich sind“, heißt es in der Anzeige. Insgesamt rund 126,44 Millionen Euro soll der VuF aus Finanzgeschäften eingenommen haben.

Umgehungskonstrukt

Cyriak Schwaighofer, grünes U-Ausschussmitglied, hat den Stein ins Rollen gebracht.

Er hielt der entlassenen Finanzjongleurin Monika Rathgeber vor, dass der Fonds eine Umgehungskonstruktion ist. Rathgeber hatte bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, dass der VuF „ein aus steuerlichen Gründen eingerichtetes Veranlagungsvehikel“ sei. Anfang 2003 soll der damalige Finanzlandesrat Wolfgang Eisl die Idee dazu gehabt und „einen Weg gesucht haben, die Zinserträge nicht versteuern zu müssen“. „Einzige Aufgabe des Fonds war es, entsprechende Zinserträge zu lukrieren und diese dem Land für Auszahlungen zur Verfügung zu stellen“, gab Rathgeber zu Protokoll. „In keinem Fall wurden irgendwelche Zahlungen etwa an Pensionisten geleistet (...) das war auch nicht die Aufgabe der Fonds“.

Die Geschäfte des VuF führte die Finanzabteilung, Rathgeber und Christian M. veranlagten die Gelder.

„Nachdem der VuF kein Eigenkapital hatte, muss er voll fremdfinanziert werden“, erklärte Rathgeber den Ermittlern. Der Fonds wird mit Krediten gespeist und davon werden Wertpapiere gekauft. Dazu hat der „Sozialfonds“ ein Konto bei der Hypo Salzburg ohne Überziehungsrahmen. Ein etwaiges Minus durch Wertpapierkäufe, müsste das Land durch „Vorschüsse“ ausgleichen.

Indes stellte das Land bei der Finanz zwei Anträge: Die KESt-Befreiung erneut festzustellen oder die KESt vorzuschreiben.

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