Rote CETA-Front bröckelt, Kern reist nach Straßburg

Trotz schwindenden Widerstands will Thumpser das CETA-Volksbegehren im Jänner durchziehen.
Ein Teil der SPÖ-Funktionäre ist noch im Protest-Modus. Doch sie scheinen auf verlorenem Posten.

Bundeskanzler Christian Kern reist heute in Sachen CETA nach Straßburg. Dort gibt es Gespräche mit den EU-Spitzenrepräsentanten Jean- Claude Juncker und Martin Schulz. Kern hofft auf rechtsverbindliche Zusatzerklärungen zum Vertrag. Dann könne er das Abkommen unterschreiben, kündigte er am Montag überraschend an.

Die SPÖ-Mitgliederbefragung, die vor zwei Wochen ein klares Nein zu CETA ergeben hatte, scheint gekübelt worden zu sein. Aus der ÖVP heißt es intern hämisch, es werde sich zwar nicht mehr viel ändern, aber immerhin genug, damit der Kanzler nicht das Gesicht verliert.

Am Mitwoch muss Kern jedenfalls Position beziehen: Da wird im Ministerrat beschlossen, wie Mitterlehner am 18. Oktober beim EU-Handelsministerrat abstimmen soll (siehe Fahrplan oben).

Landeschefs auf Linie

Die Zeichen stehen auf koalitionären Konsens. "Wir sind auf einem guten Weg", verlautbarte am Dienstag auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bei der Landeshauptleutekonferenz in Graz. "Es geht auch um die handelspolitische Reputation Österreichs. Wir brauchen eine richtige und gute Linie", wird Mitterlehner nicht müde, zu betonen. Die Landeshauptleute, die sich im Mai noch einstimmig gegen CETA ausgesprochen haben, dürften bekehrt worden sein: "Wenn einige kritische Punkte geklärt sind, spricht nichts dagegen", sagt etwa Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ).

Jene sechs SPÖ-Bürgermeister aus Niederösterreich, die 40.056 Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren gesammelt haben, dürften bald ein gallisches Dorf bilden. Davon, dass der Anti-CETA-Front immer mehr die Mitstreiter abhanden kommen, lässt sich Volksbegehren-Initiator und Bürgermeister von Traisen, NÖ, Herbert Thumpser, aber nicht entmutigen: "Wir ziehen das durch." Und sei es nur, um einen Standpunkt klarzumachen. "Die rege Beteiligung an unserer Aktion zeigt ja, dass das Thema den Menschen unter den Nägeln brennt. Das können wir nicht ignorieren."

Zwischen 23. und 30. Jänner 2017 werden die Österreicher zur Abstimmung über TTIP, CETA und TISA gebeten. Als Ziel wurde ursprünglich eine Volksabstimmung angepeilt. Kanzler Kern lehnt das aber ab: Das richtige Forum sei das österreichische Parlament, meint er.

Für die Grünen ist die SPÖ-Kehrtwende "Betrug an der Öffentlichkeit", sagt Klubobfrau Eva Glawischnig. Die vermeintlichen Zugeständnisse seien wertlos, die Regierung sei eingeknickt.

In der Sozialistischen Jugend sieht man die Umfaller aus den eigenen Reihen kritisch. Man verstehe zwar den Druck, der auf Kern ausgeübt werde, "trotzdem gibt es noch inhaltliche Gründe, die gegen CETA sprechen", sagt SJ-Vorsitzende Julia Herr. Die in Aussicht gestellten Verbesserungen im Vertrag seien Erfolge, "aber CETA-Fans werden wir nicht mehr".

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