Rote Bastionen stehen vor Schicksalswahlen

Wiens Bürgermeister Michael Häupl
Neues Personal muss die Bastionen Arbeiterkammer und Wien verteidigen.

In der SPÖ steht nicht nur die Wiener Landespartei vor einem Umbau. Auch an der Spitze der beiden Arbeitnehmerorganisationen – der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes – stehen Personalwechsel an.

AK-Präsident Rudolf Kaske hat seine Funktionsübergabe für April 2018 angekündigt.

Im Juni dieses Jahres steht der ÖGB-Bundeskongress an, der nur alle fünf Jahre stattfindet. ÖGB-Präsident Erich Foglar (62) lässt bislang offen, ob er nochmals kandidieren wird.

Hinter den Kulissen ist zu erfahren, dass Foglar versucht, seine Nachfolge zu regeln. Die oberste Maxime dabei laute: Der Posten des ÖGB-Präsidenten solle weiterhin bei der Metallergewerkschaft bleiben.

Foglars Vorgänger Rudolf Hundstorfer kam zwar von den Gemeindebediensteten, aber Hundstorfer schwemmte es damals in der Ausnahmesituation der Bawag-Krise nach dem unfreiwilligen Rücktritt von Fritz Verzetnitsch an die ÖGB-Spitze. In der Regel stellten stets "Metaller" den Präsidenten des Gewerkschaftsbundes.

Und an dieser Stelle kommt die Kaske-Nachfolge ins Spiel. Die anderen Fachgewerkschaften würden zwei Metaller – einen an der ÖGB- und einen an der AK-Spitze – nicht schlucken. Um also die Chancen der Metaller im ÖGB intakt zu halten, versucht Foglar, einen Nicht-Metaller in den Chefsessel der Arbeiterkammer zu hieven, und zwar den Leitenden Sekretär des ÖGB, Bernhard Achitz. Doch gegen Achitz gibt es Widerstand. "Der AK-Präsident muss eine Wahl gewinnen können", gibt ein SPÖ-Politiker zu bedenken. Das wird Achitz, einem strammen Ideologen, offenbar nicht in erforderlichem Ausmaß zugetraut.

Tatsächlich muss die SPÖ bei ihrer Personalwahl diesmal besonders sorgfältig sein, geht es bei der kommenden Arbeiterkammerwahl im Frühjahr 2019 um die nackte Existenz: Im Streit mit der türkis-blauen Bundesregierung um Pflichtmitgliedschaft, Arbeiterkammerbeiträge und den Fortbestand der Selbstverwaltung wird das AK-Wahlergebnis als Gradmesser dienen, ob die Arbeitnehmer eher auf der Seite der SPÖ oder eher auf der Seite der Regierung stehen. Da gilt es aus Sicht der SPÖ, sowohl eine hohe Wahlbeteiligung als auch ein gutes Ergebnis für die SPÖ-Gewerkschafter zu erreichen – als Zeichen der Zustimmung zur Arbeiterkammer an sich.

Als Personal-Alternative zu Achitz ist Niederösterreichs AK-Direktor Markus Wieser für die Kaske-Nachfolge im Gespräch. Wieser (52) kommt aus der Metallergewerkschaft, er hat bei den VEW-Ybbswerken Betriebselektriker gelernt. Einige in der SPÖ sind auch der Ansicht, die AK solle "von einer Frau" geführt werden, es gibt aber keine Favoritin.

Für die Foglar-Nachfolge im ÖGB ist ebenfalls Markus Wieser im Gespräch. Genannt werden auch der Bauholz-Gewerkschafter Josef Muchitsch (50) oder der Eisenbahner Roman Hebenstreit (46). Der Chef der Privatangestellten, Wolfgang Katzian, und der Chef der Metaller, Rainer Wimmer, sind beide bereits in Foglars Alter über 60 und kommen daher als Aufbruchsignale wohl kaum infrage.

Falls Foglar keine Wunschlösung für seine Nachfolge zustande bringe, werde er selbst noch einmal für den ÖGB-Vorsitz kandidieren. Das sei der Hintergrund, warum der ÖGB-Präsident seine Wiederkandidatur derzeit offenlasse, heißt es in der SPÖ.

In der SPÖ-internen Auseinandersetzung zwischen Andreas Schieder und Michael Ludwig um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl meldet sich nun einer ihrer beliebtesten Alt-Minister zu Wort: Ferdinand Lacina.

Rote Bastionen stehen vor Schicksalswahlen
Ferdinand LACINA und Johannes DITZ, Doppelinterview im Cafe Wortner

Der langjährige Finanzminister schlägt sich auf die Seite von Andreas Schieder. Lacina führt die aktuelle politische Konstellation zugunsten von Schieder ins Treffen: "Wien wird von dieser Regierung angegriffen, jetzt schon, und in Zukunft werden die Angriffe noch mehr werden. Wenn die Regierung versucht, die Arbeitslosen aus der Notstandshilfe in die Mindestsicherung zu schieben, betrifft das Wien am stärksten von allen Bundesländern. Es gibt Dinge im Finanzausgleich, die zuungunsten von Wien ausgehebelt werden können.Josef Moserwill Grundsatzgesetze, die das Verhältnis zwischen Bund und Ländern regeln, aushebeln. In einer solchen Situation ist es sehr wichtig für Wien, jemanden zu haben, der sich in dem Gefüge zwischen Bund und Ländern auskennt, der die Mechanismen in Regierung und Parlament und den einen oder anderen Spitzenbeamten kennt." Schieder habe als Finanzstaatssekretär und Klubobmann im Nationalrat "wertvolle Erfahrungen gesammelt, die jemand, der sich bisher nur mit Wohnbau beschäftigt hat, nicht haben kann", sagt Lacina.

SPÖ-Chef Christian Kern versucht, die Auseinandersetzung bis zur Kampfabstimmung am 27. Jänner so zivilisiert wie möglich zu halten, damit die Grabenkämpfe nach dem 28. Jänner nicht weitergehen.

Zurzeit zeichnet sich ein knappes Abstimmungsergebnis ab, das heißt, der Sieger wird sich um die Zustimmung des gegnerischen Lagers bemühen müssen.

In verschiedensten Ecken der ÖVP wird Ludwig der Vorzug gegeben, die Begründungen dafür sind nicht ganz ersichtlich. Was immer sich die ÖVP ausrechnen mag – egal, ob Ludwig oder Schieder gewinnt, "ab dem 28. Jänner gibt es nur noch eine Aufgabe: sich mit Hochdruck für 2020 vorzubereiten", heißt es in der Bundes-SPÖ.

Nach dem Kampf um die Arbeiterkammer 2019 steht der SPÖ im Jahr 2020 die nächste Schicksalswahl ins Haus. Fällt Wien an Türkis-Blau, ist von der SPÖ nicht mehr viel übrig.

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