Rot-grüne Reform-Allianz

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SPÖ-Vizeklubchef Otto Pendl und Grün-Mandatar Peter Pilz sind bei den neuen Regeln eines Sinnes.

Im Korruptionsuntersuchungsausschuss haben sie einander nichts geschenkt: der Rote Otto Pendl und der Grüne Peter Pilz. Im KURIER sagte Pilz 2012 über Pendl: "Abgeordnete wie er sind Sargnägel des Parlamentarismus. Sie pfeifen auf ihn und die Verfassung." Im Auftrag der SPÖ-Spitze habe er mit der ÖVP den Ausschuss abgedreht. – Nun kämpfen Pilz und Pendl Seite an Seite für eine U-Ausschuss-Reform.

KURIER: Herr Pendl, Hauptargument von Rot-Schwarz gegen einen Hypo-Ausschuss ist, er würde mit Leuten wie Peter Pilz zum Tribunal. Herr Pilz sagt, nicht in diesen Ausschuss zu gehen. Ist der Weg damit nicht frei?

Otto Pendl: Wenn die Bank verwertet ist, bin ich der Erste, der für den Ausschuss ist.

Peter Pilz:Seriöse Vorbereitung des Hypo-Ausschusses würde, Stichwort Akten, zumindest bis Sommer dauern. Beginn wäre im September. Haben wir bis dahin die U-Ausschuss-Reform, wäre das eine große Erleichterung für alle.

Herr Pendl, wird es die Reform bis dahin geben?

Pendl: Ich habe am Mittwoch vorgeschlagen, jede Woche eine Sitzung dazu zu machen. Es ist machbar, bis zum Sommer fertig zu sein.

Der Grüne Brosz sagt, dass Otto Pendl, der den letzten U-Ausschuss mitabgedreht habe, im Verhandlungskomitee sitze, sei ein fragwürdiges Signal.

Pendl: Wenn ich selbst dort sitze, ist das ein Signal in die andere Richtung. Wer für was steht, weißt du, lieber Peter.

Pilz:Den Otto Pendl kenne ich als gewichtigen, ernst zu nehmenden Gegner in U-Ausschüssen, aber auch als ernst zu nehmenden Partner bei Reformen des Parlaments.

Ihre Reformvorstellungen?

Pilz: Ein Minderheitenrecht: ein Viertel der Abgeordneten soll den Ausschuss einsetzen, Akten anfordern, Auskunftspersonen laden können. Was den Vorsitz betrifft: In einem U-Ausschuss des Parlaments können nicht Parlamentsfremde die Aufgabe von Abgeordneten wahrnehmen.

Also kein Richter als Vorsitzender, wie die ÖVP anregt?

Pendl:Es muss ein Parlamentarier sein.

Pilz: Man könnte der Minderheit, die den U-Ausschuss einberufen hat, das Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden geben. Es wird aber mit Mehrheit über den Vorsitz entschieden. Damit würde weder die Minderheit noch die Mehrheit überfahren.

Denkbar für Sie, Herr Pendl?

Pendl: Ich will Verhandlungsergebnissen nicht vorgreifen. Meine Grundposition ist: im Schoße des Parlaments, alles andere sind zweitrangige Fragen. Die ureigenste Aufgabe des Parlaments, die Kontrolle, darf nicht von Personen, die ihm nicht angehören, durchgeführt wird. Das wäre ein Armutszeugnis für den österreichischen Parlamentarismus.

Herr Pendl, hätten Sie ein Problem damit, wenn Herr Pilz einem Neo-U-Ausschuss vorsäße?

Pendl: Mit Peter Pilz habe ich nie ein Problem gehabt. Wir haben einen guten Umgang miteinander. Wenn er sieht: Ich grinse nimmer, weiß er eh, dass er an der Grenze ist.

Pilz: Ich verhandle auch lieber mit Abgeordneten wie dem Otto Pendl als mit eher geschmeidigeren Mandataren.

Wer sollte in Streitfällen in einem U-Ausschuss richten?

Pendl: Ich bin überzeugt davon, dass wir die zum Großteil selbst lösen können. Beim kleinen Rest habe ich kein Problem damit, dass der Verfassungsgerichtshof prüft. Aber nicht vom Prinzip her.

Pilz: Auch ich bin dafür, dass so viel wie möglich im eigenen Haus entschieden wird. Wenn wir beim U-Ausschuss eine übergeordnete Instanz im Parlament finden, bin ich sicher: Wenn diese Instanz eine Entscheidung fällt und eine Empfehlung ausspricht, werden mindestens 90 Prozent der Minister der Empfehlung folgen. Das geht auch schnell – binnen einer Woche. Wenn wir zum Verfassungs- oder Verwaltungsgericht gehen, dauert das ein, zwei Monate.

Sollten U-Ausschüsse zeitlich befristet werden, maximal ein Jahr dauern, wie SPÖ-Klubchef Andreas Schieder meint?

Pilz: Nein. Schon jetzt war es so: Wenn Zeugen gewusst haben, der U-Ausschuss ist vor dem Aus, ist keiner mehr gekommen. Die gesetzliche Begrenzung auf ein Jahr ist die Aufforderung zur Zeugenflucht. Besser ist, über die Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes Grenzen zu ziehen.

Pendl: Wir sind am Beginn von Verhandlungen. Ich bin da aber sehr beweglich. Eines steht fest: Bei allem Schutz für Auskunftspersonen – pflanzen lasse ich mich von denen nicht mehr. Wir haben oft gehört, dass sie nicht kommen könnten, weil sie Hendln füttern oder Enten jagen. Wo samma denn? Wenn wir das dem Gericht übergeben, damit sie diese Leute vorführen lassen, entscheidet das Gericht, wenn der U-Ausschuss schon aus ist. Das muss gelöst werden. Nicht nur von der Zeitökonomie her.

Pilz: Die neuen U-Ausschüsse werden sich durch die Arbeitsweise selbst beschränken – weil sie übersichtlich sind. Wenn sie ein Minderheitenrecht sind, werden wir nicht mehr, wie im Korruptionsausschuss, sieben Beweisthemen haben. Es wird dann ein Beweisthema geben. Niemand mehr, auch nicht ein Oppositioneller, wird rechtfertigen können, dass ein Beweisthema mehr als ein Jahr dauert. Aber wir sollten nicht den Grassers der Zukunft signalisieren: Passt auf, wenn ihr über einen Stichtag kommt, seid ihr in Sicherheit.

Sollten U-Ausschüsse fortan live übertragen werden?

Pilz: Das klingt populär, ich habe aber ein Problem damit. Es gibt einen Unterschied zwischen einem ehemaligen Finanzminister, der befragt wird, und einer Sekretärin, die nichts angestellt hat, sondern möglicherweise nur etwas bezeugen kann. Bestimmten Personen ist nicht zumutbar, dass ihre Aussagen live im Fernsehen übertragen werden. Das überfordert sie. Bei solchen, wo öffentliches Interesse besteht, etwa Ex-Regierungsmitgliedern oder führenden Beamten, habe ich kein Problem damit. Darüber sollte der Ausschuss selbst entscheiden.

Pendl: Es ist auch von der Materie nicht alles für die Öffentlichkeit geeignet. Es gibt ja auch Vertrauliches. Ich weiß auch nicht, ob starre Linien sinnvoll sind. Es ist auch schwierig, diese Unterscheidung – Stichwort: Sekretärin, Ex-Minister – generell in ein Recht zu formulieren.

Pilz: Wir haben derzeit ein zweistufiges Verfahren: Ausschluss der Öffentlichkeit oder medienöffentlich. Wir könnten eine dritte Stufe haben: Die Live-Übertragung. Dann muss das der Ausschuss entscheiden. Prinzipien müssen aber formuliert werden. Öffentliches Interesse und öffentliche Person qualifiziert für eine öffentliche Übertragung. Was wir jetzt schon vertraulich behandelt haben, etwa die Befragung von Staatsanwälten, da wird sich nichts ändern, wo es heikle Verfahrensteile betrifft.

Glauben Sie, dass auch die ÖVP gewillt ist, rasch das Procedere zu reformieren?

Pendl: Ja.

Pilz: Ich glaube, es wird uns gemeinsam gelingen, die ÖVP in dieser Frage zu entfesseln.

Die SPÖ zeigt sich bereit, der Opposition ein Minderheitenrecht bei der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen zu gewähren. Dafür benötigt es laut Klubchef Andreas Schieder aber eine Reform des Gremiums, für die am Freitag ein Modell vorgelegt wurde. Demnach sollen die Ausschüsse künftig von den Nationalratspräsidenten geleitet werden, und soll ein Weisenrat in Streitfällen entscheiden.

Schieder stellte klar, dass sein Klub einer Aufwertung des Gremiums nicht im Weg stehen wird: "Die SPÖ bekennt sich zum U-Ausschuss als Minderheitenrecht." Der Klubchef geht auch davon aus, dass der Koalitionspartner mitziehen wird, denn in der Stoßrichtung "stimmen wir komplett überein".

NR-Präsidentin als Vorsitzende?

Unterschiede zwischen SPÖ und ÖVP gibt es laut Schieder nur noch in Details, an denen eine Reform nicht scheitern werde. So plädieren die Sozialdemokraten etwa dafür, dass die Ausschüsse künftig von der Nationalratspräsidentin, assistiert von den beiden anderen Präsidenten geleitet werden sollen, während die ÖVP lieber einen Richter als Vorsitzenden hätte.

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FINANZEN: Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) und...
Obwohl man also in der Koalition bis auf solch weniger spektakuläre Punkte "weitgehend einig" ist, wird es bis zur Reform noch einige Zeit dauern, wenn man Schieder folgt, der auf die noch nötige Detailarbeit verwies. Das Geschäftsordnungskomitee soll jedenfalls alle fünf Wochen tagen, spätestens im Sommer soll das Konzept stehen. Auf den Einwand von VfGH-Präsident Gerhart Holzinger, wonach die Reform der U-Ausschüsse angesichts vorliegender Modelle sofort umsetzbar wäre, replizierte Schieder: "So schnell wie der Verfassungsgerichtshof sind wir noch immer."

"Kein Problem mit Hypo-Ausschuss"

Was den Untersuchungsgegenstand angeht, dürfte dieser laut SPÖ-Konzept "ausschließlich ein abgeschlossenes Thema in der Vollziehung des Bundes" sein. Ob dies bei der Hypo Alpe Adria der Fall sei, bejahte Schieder mit Ausnahme der Umsetzung der Bad Bank. So hätte er nach eigenen Angaben auch "kein Problem" mit einem Hypo-Ausschuss, würde dieser doch ohnehin ergeben, dass die politische Verantwortung für die Probleme in Kärnten "eindeutig bei der FPÖ liegt".

25-Prozent-Regelung

An sich könnte einen Ausschuss gemäß SPÖ-Modell eine Minderheit von 25 Prozent der Abgeordneten beantragen. Freilich müsste man sich beim genauen Untersuchungsgegenstand, bei Zeugenladungen oder Aktenforderungen trotzdem mit den Mehrheitsfraktionen einigen. Streitfälle sollte dann ein dreiköpfiger Weisenrat mit Juristen und/oder ehemaligen "führenden Parlamentariern" klären. Bei "zentralen Fragen" könnte dann noch der Verfassungsgerichtshof angerufen werden.

Einschränken will die SPÖ die Immunität der Ausschuss-Mitglieder, und zwar bei jenen Delikten, die ein "Heruntermachen oder Beleidigungen" betreffen. So sollen sich Abgeordnete nicht auf die Immunität berufen können, wenn es etwa um üble Nachrede, Verleumdung oder Kreditschädigung gibt. Eine weitere Verbesserung für Auskunftspersonen würde eine Umsetzung des Vorschlags darstellen, Befragungen längstens drei Stunden durchführen zu dürfen. Schließlich würde im SPÖ-Konzept auch noch der Verfahrensanwalt aufgewertet, dem zugestanden würde, eine Befragung zu unterbrechen und den Weisenrat anzurufen.

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