Firmenchef: Lieber entlastet als entfesselt

Firmenchef: Lieber entlastet als entfesselt
Unter Strom: Andreas Schieder kontert Michael Spindelegger mit einem eigenen Elektriker.

Wenn eine Branche nach diesem Wahlkampf eine Hochblüte erlebt, muss es das Elektriker-Gewerbe sein. Selten zuvor haben Spitzenpolitiker einer Zunft mehr Aufmerksamkeit gewidmet als dieser in den vergangenen Wochen.

Otto Rezac, Elektrikermeister aus Mödling, wurde durch die Fernseh-Auftritte von ÖVP-Chef Michael Spindelegger berühmt. Rezac gilt für Spindelegger als Musterbeispiel eines Unternehmers, der – zum Zweck der Wirtschaftsankurbelung – dringend zu „entfesseln“ sei.

Firmenchef: Lieber entlastet als entfesselt
Wolfgang Gratzer, Chef eines Elektrobetriebs im benachbarten Vösendorf, korrigiert den Kollegen aus Mödling. Gratzer wird „lieber entlastet als entfesselt“.

Das hört Andreas Schieder gern, entspricht es doch dem Vorschlag der SPÖ, die Lohn- und Einkommensteuer ab 1. Jänner 2015 zu senken.

Finanzstaatssekretär Schieder war am Dienstag in Gratzers Firma auf Betriebsbesuch, der KURIER war dabei.

Gratzer deponierte mehrere Wünsche an die neue Bundesregierung:

Den Eingangssteuersatz – wie im SPÖ-Konzept – von 36 auf 25 % zu senken. Das würde die Kaufkraft seiner Kunden stärken und seine Mitarbeiter motivieren. „Wenn einer vom Lehrling zum Monteur wird, glaubt er, er verdient dann viel mehr, und ist oft enttäuscht, wie wenig ihm wegen des hohen Steuersatzes übrig bleibt“, erzählt Gratzer. Dem Firmenchef selbst würde es auch nichts ausmachen, wenn ihm mehr in der Brieftasche bliebe.

Die Lohnverrechnung solle dringend vereinfacht werden, am besten Sozialversicherung und Steuer zusammengefasst „in einer Kapsel“. Die Buchhaltung mit den diversen Dienstgeberbeiträgen sei so „komplex“, dass er sich als Techniker schwer tue, den Buchhalter zu kontrollieren.

Drittens wünscht sich Wolfgang Gratzer ein flächendeckendes Angebot von Lehre mit Matura, und auch, dass man dies bewirbt, um den Lehrberuf gesellschaftlich aufzuwerten. Gratzer: „Da quälen sich oft Kinder durch die HTL bis zur Matura, nur weil die Eltern das so wollen. Die Kinder wären wahrscheinlich handwerklich super, und könnten die Matura nebenher machen.“

Gratzer bildet in seiner kleinen Firma mit neun Mitarbeitern zwei Lehrlinge aus. Er fordert, dass Konkurrenzunternehmen, die keine Lehrlinge ausbilden, etwas zahlen sollen für jene Betriebe, die sich dieser Aufgabe unterziehen.

Eine Entbürokratisierung wünscht sich Gratzer bei der Arbeitsplatz-Evaluierung. „Man wird von dicken Schwarten von Bedienungsvorschriften bei Werkstoffen erschlagen. Dabei sind wir Profis und wissen damit umzugehen. Nebenan spaziert jedermann in den Handwerkermarkt und kann sich ganz ohne Vorschriften sogar gefährlichere Dinge kaufen und damit hantieren.“

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