Pflegeregress-Aus: SPÖ drängt, ÖVP hofft, Grüne zweifeln

Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)
ÖVP-Chef Kurz und Finanzminister Schelling stehen wegen Vorbehalten bei der Finanzierung auf der Bremse. Bezüglich vorgeschlagener Neuerungen bei der E-Card zeigt sich die Gesundheitsministerin gesprächsbereit.

Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner hat im Ö1-Morgenjournal eine "rasche Lösung mit der ersatzlosen Streichung" des Pflegeregresses gefordert. Auf Vorbehalte der ÖVP angesprochen, dass die Finanzierung noch offen sei, verwies Rendi-Wagner auf einen Finanzierungsplan, den die SPÖ bereits auf den Tisch gelegt habe. Prinzipiell sind alle Nationalratsfraktionen für die Abschaffung des Pflegeregress. "Wir werden die Abschaffung einbringen - mit oder ohne ÖVP", betonte Kanzler Christian Kern (SPÖ) am Mittwoch nach dem Ministerrat vor Journalisten. ÖVP-Chef Sebastian Kurz verwies auf laufende Gespräche und hofft "auf eine schnelle Einigung".

Die Grünen befürworten eine Abschaffung des Pflegeregresses, sind aber skeptisch, ob es wirklich zu einem Beschluss kommt. Sozialsprecherin Judith Schwentner erklärte am Mittwoch gegenüber der APA, die Grünen würden sich den von der SPÖ angekündigten Antrag "genau anschauen" und dann entscheiden ob sie mitgehen. Sie hält die Initiative aber eher für "Wahlkampfgetöse". Zu dem von Bundeskanzler Kern angekündigten Antrag meinte Schwentner, sie glaube es erst, wenn er kommt.

Der rote Klubobmann Andreas Schieder verwies dazu am Mittwoch vor dem Ministerrat auf laufende Gespräche mit dem scheidenden Koalitionspartner: "Lobe den Tag nicht vor dem Abend." Schieder schloss nicht aus, den Antrag diese Woche auch ohne ÖVP einzubringen. Die SPÖ würde gerne am Donnerstag im Plenum einen entsprechenden Antrag einbringen, und zwar keine Absichtserklärung in Form eines Entschließungsantrags, sondern einen konkreten Gesetzestext. Man führe bis zum Nachmittag Gespräche mit der ÖVP, aber auch den anderen Parteien, sei doch eine möglichst breite Mehrheit zur Abschaffung des Regresses wünschenswert, erklärte Schieder.

Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) verwies darauf, dass die SPÖ mit einer "moderaten Erbschaftssteuer" ab einer Million Euro auch ein schlüssiges Finanzierungskonzept vorgeschlagen habe. ÖVP und FPÖ lehnen das ab. Drozda sei dafür, dass man das Aus des Regresses unmittelbar beschließe und die Gegenfinanzierung im Zuge der Budgets der nächsten Jahre löse. Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) zeigte sich auch offen für Alternativen zur Gegenfinanzierung, er werde sich andere Vorschläge gerne ansehen. Es gelte die aktuelle Energie für einen raschen Parlamentsbeschluss zu nützen.

ÖVP gegen Erbschaftssteuer

Die ÖVP steht aber nach wie vor auf der Bremse: Alle hätten dasselbe Ziel, räumte Parteichef Kurz ein, aber es sei wichtig, die Finanzierung sicherzustellen, sonst handle es sich um ein Wahlversprechen, das nicht eingehalten werden könne. Von der Erbschaftssteuer hält man nach wie vor absolut nichts: "Wir sind gegen neue Steuern. Man kann nicht immer neue Steuern einführen." Stattdessen solle man in der Verwaltung sparen und E-Card-Missbrauch bekämpfen.

Ohne entsprechende Finanzierung werde es nicht gehen, meinte auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Und es gelte nach wie vor: "Mit mir keine neuen Steuern." Es gebe aber viele Budgetpositionen, wo man ansetzen könne - welche konkret, blieb der Minister schuldig. Schelling erinnerte auch daran, dass es sich bei der Pflege um eine Zuständigkeit der Länder handle, weshalb es sinnvoll wäre, mit ihnen in die Diskussion zu treten.

E-Card: Rendi-Wagner gesprächsbereit

Zum Vorschlag von ÖVP-Chef Sebastian Kurz, E-Cards künftig mit Fotos auszustatten, zeigt sich Gesundheitsministerin Rendi-Wagner "offen für Diskussionen". Allerdings würden noch keine konkreten Pläne auf dem Tisch liegen. Rendi-Wagner kündigte eine Prüfung an, die die Umsetzungsmöglichkeiten untersuchen solle. "Wichtig ist, die Sicherheit der E-Card-Verwendung zu erhöhen", sagte sie.

Skepsis beim Hauptverband

Wie hoch der Schaden durch Missbrauch der E-Card überhaupt ist, konnte Hauptverbands-Chef Alexander Biach nicht sagen. Seinen Angaben zufolge gehen pro Jahr rund 200.000 E-Cards verloren, davon werden etwa 43.000 gestohlen. Biach betonte aber, dass in einem solchen Fall nach einem Anruf die E-Card sofort gesperrt werde und damit Missbrauch unmöglich sei. Er ist skeptisch, aber gesprächsbereit über die Forderung nach einem verpflichtenden Foto auf der E-Card. Vor Journalisten verwies Biach wieder einmal auf Kosten von 18 Millionen Euro für diese Maßnahme.

Auch ihm gehe es darum, das System missbrauchssicherer zu machen, betonte der Vorsitzende des Hauptverbandes. Er habe deshalb ein freiwilliges Foto vorgeschlagen, was günstiger sein könnte. Er werde aber weitere Maßnahmen entwickeln und mit der Politik darüber sprechen, kündigte Biach an.

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