Religionsgipfel: Kern warnt vor Spaltung

Interreligiöser Dialog im Bundeskanzleramt
Christian Kern bekennt sich beim interreligiösen Dialog im Kanzleramt zum Verbot von Vollverschleierung, will aber keine Verbannung von Symbolen. Keine Toleranz bei Wahlkampfauftritten für Erdogan.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat Vorstößen für eine Verbannung religiöser Symbole aus den Gerichtssälen eine Absage erteilt. Schon jetzt gebe es Bekleidungsvorschriften, "die Debatte sollte hier Halt machen", sagte er nach dem Religionsgipfel mit den Vertretern der Glaubensgemeinschaften am Dienstag im Kanzleramt. Von den Muslimen in Österreich forderte Kern ihren Beitrag zur Integration.

Zuletzt hatten die Richtervereinigung sowie die NEOS eine vollständige Verbannung religiöser oder weltanschaulicher Symbole aus dem Gerichtssaal verlangt. Kern findet jedoch nicht, dass dies Gegenstand einer Gesetzesinitiative werden sollte. Ein Bekenntnis gab es allerdings zum geplanten Verbot der Vollverschleierung. Es sei eine Missinterpretation von Toleranz, wenn Frauen in weiten Teilen nicht an der Gesellschaft teilnehmen könnten, meinte der Kanzler.

Gegen Islam-Feindlichkeit

Der schon traditionelle interreligiöse Dialog im Kanzleramt beschäftigte sich auch mit der zunehmenden Islam-Feindlichkeit im Land, die am selben Tag durch das Integrationsbarometer attestiert worden war. Kern sowie Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) bezeichneten Muslime als wichtigen Teil der Gesellschaft, der besorgniserregenden Tendenz müsse man daher entgegenwirken. "Wir dürfen nicht vermitteln, dass sie Menschen zweiter Klasse sind", warnte der Kanzler daher. Er erwarte aber von der islamischen Glaubensgemeinschaft, gegen Radikale vorzugehen. Staatssekretärin Muna Duzdar – die einzige Frau in der ungewöhnlichen Runde – hob das Ziel aller hervor, gegen Hass und Ausgrenzung vorzugehen

Schönborn: "Wir brauchen Vielfalt"

Kardinal Christoph Schönborn betonte die Wichtigkeit der Religionsfreiheit. "Es ist gut, dass es in diesem Land verschiedene Religionsgemeinschaften gibt", sagte er und weiter: "Wir brauchen Vielfalt." Der Wiener Erzbischof betonte, dass es sich bei Religionen letztlich immer um Menschen handle, die sich begegneten. "Ich warne davor, dass wir der Neigung, dem abschüssigen Hang nachgeben, einander schlecht zu machen", sagte der Kardinal.

Religionsgipfel: Kern warnt vor Spaltung
ABD0152_20170321 - WIEN - ÖSTERREICH: Bundeskanzler Christian Kern (L/SPÖ), Sts. Muna Duzdar (M/SPÖ) und Kardinal Christoph Schönborn am Dienstag, 21. März 2017, anl. eines "Interreligiösen Dialogs aller in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften zu Migration, Integration und Hass im Netz" im Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Keine Toleranz will Kern allerdings bei möglichen Wahlkampfauftritten des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan walten lassen. In der Diskussion um mögliche Versammlungsverbote gehe es nicht um anti-türkische Politik. Vielmehr müsse man differenzieren, denn: "Wenn demokratische Rechte genützt werden, um in anderen Ländern die Demokratie abzuschaffen, dann ist für mich der Punkt gekommen, dass ich das nicht mehr akzeptieren kann."

Schlussstatement ohne Islamvertreter

Einen Beitrag zur Bekämpfung extremistischer Tendenzen erwartet sich der Kanzler von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ). Etwa gegen Salafisten: "Ich halte das für eine faschistische Ideologie." IGGiÖ-Präsident Ibrahim Olgun war zwar auch beim Religionsgipfel im Kanzleramt, das Schlussstatement war jedoch Kern, Duzdar und Schönborn vorbehalten. Die Staatssekretärin war es dann auch, die betonte, wie wichtig die Trennung von Kirche und Staat in Österreich sei.

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