Schelling gewährt Wirten Gnadenfrist

Die Registrierkassa kommt, Finanzminister Schelling gewährt aber Gnadenfrist. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (rechts) kündigte dies am Sonntag an.
Nach Aufstand gegen Registrierkassen-Pflicht sagt Finanzminister sechs Monate Straffreiheit zu.

Die schwarze Wirtschaft gegen den schwarzen Finanzminister: Das ist zwar nicht so "brutal" wie Simmering gegen Kapfenberg, aber auch eine Paarung mit Brisanz. Auf der einen Seite steht Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, auf der anderen der Wirtschaftsbündler und Finanzminister Hans Jörg Schelling. Konfliktpunkt ist die mit Anfang 2016 geplante Registrierkassenpflicht. Leitl drängte auf eine Verschiebung um ein Jahr. Der Widerstand wurde in den vergangenen Tagen zunehmend schärfer. Schelling gibt dem Ansinnen nicht nach, macht nun aber ein Versöhnungsangebot.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner kündigte am Sonntag in der ORF-Pressestunde an, dass die Unternehmer zumindest mit einer vorübergehenden Amnestie rechnen können. Ein Erlass von Finanzminister Schelling sehe eine Straffreiheit von sechs Monaten vor, erläuterte der Vizekanzler. Damit erfüllt man die Forderung der Wirtschaft zwar nicht zur Gänze, kommt ihr aber entgegen. Die Straffreiheit ist de facto eine Verschiebung der Registrierkassenpflicht um ein halbes Jahr.

Schelling gewährt Wirten Gnadenfrist
APA20477686_26092014 - SCHLADMING - ÖSTERREICH: Bundeskanzler Werner Faymann und Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl (R.) vor Beginn der Regierungsklausur am Freitag, 26. September 2014, in Schladming. Die Bundesregierung trifft sich Freitag und Samstag in Schladming zur ersten Klausur in neuer Besetzung. FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Das registrierte auch Kammer-Boss Leitl zufrieden. Er wertet Mitterlehners Ankündigung als "positives Signal". Die Zeichen stehen also auf Entspannung.

Zuvor hatte sich das ja anders angehört. Josef Herk, Wirtschaftskammer-Präsident in der Steiermark, hatte damit gedroht, eine Verfassungsbeschwerde einzubringen: "Wir wollen Rechtssicherheit, einen Investitionsschutz und zumindest Straffreiheit bis Klarheit herrscht. Bis heute kann uns ja niemand sagen, welche Kassa sich die Betriebe eigentlich anschaffen sollen."

Auch der Bauernbund hat sich dem Aufstand angeschlossen. Dessen steirischer Präsident Franz Titschenbacher ist gegen die Registrierkassenpflicht für pauschalierte Landwirte. "Wir tun alles, um dieses Vorhaben abzuwenden", sagte er der Kleinen Zeitung. Für Buschenschanken, Direktvermarkter und Urlaub-am-Bauernhof-Betriebe fordert er eine Verschiebung der Kassenpflicht um ein Jahr.

Das kommt für Schelling aber nicht infrage. Schließlich ist die Steuerbetrugsbekämpfung der klare Schwerpunkt zur Finanzierung der Steuerreform. Davon macht die Registrierkassenpflicht mit erhofften Einnahmen von 900 Millionen Euro im Jahr den weitaus größten Posten aus. Würde die Registrierkassenpflicht gekippt, wäre die Steuerreform nicht finanzierbar – und das soeben vorgestellte Budget wäre Makulatur. Entsprechend unwirsch hatte der Finanzminister auch auf Leitls wiederholte Forderung reagiert, wegen der vielen unklaren Umsetzungsdetails doch erst ein Jahr später mit den Kassen zu starten: "Manche Menschen sind lieber Teil des Problems als Teil der Lösung. Ich bin lieber Teil der Lösung – und deshalb wird nicht verschoben."

Die Genese

Interessant ist, wie es zu dem Streit kam: Weil Leitl erfolgreich gegen die von der SPÖ geforderte Erbschafts- und Vermögenssteuer gekämpft hatte, pochte die SPÖ auf die Betrugsbekämpfung inklusive Registrierkassenpflicht. Die Wirtschaft konnte nicht beides ablehnen, sonst wäre ein guter Teil der Steuerreform nicht finanzierbar gewesen.

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